Fritz Gustavo Allewelt

Abgefahren


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      „Was ist mit dir, Norbert, warum kommst du nicht zu mir nach Griechenland?

      Ich mache Banane, Ringe und Wasserski, du kümmerst dich um das Wasserfliegen.“

      Das hätte ich mir überhaupt nicht träumen lassen! Eine greifbare Möglichkeit in die Wasserfliegerei einzusteigen. Ich konnte es nicht fassen.

      „Der Flieger hier ist verkauft“, fuhr Jannis weiter fort, „ohne das Zubehör für die Fliegerei auf dem Wasser, das könnte ich dir günstig mit der dazugehörigen Adaption überlassen.“

      Schnell wurden wir handelseinig. Für abends verabredeten wir uns mit Rüdiger zum Essen, natürlich beim Griechen.

      Im Laufe des gemütlichen Abends wurden Nägel mit Köpfen gemacht.

      Ich verabredete mich mit Jannis zum Treffen in Paliouri auf Kassandra, direkt am Strand, wo Jannis seinen Strandbetrieb hatte.

      Im Laufe des Julis sollte ich dort eintreffen, dann wären genügend Touristen da.

      Wir haben jetzt Mitte März, dachte ich kurz nach, da habe ich noch Zeit einen Abstecher nach Süditalien zu machen, um meinen guten Freund, den Optiker Gino Brunellisi zu besuchen.

      Zum ersten Mal hatte ich für die Dauer des Besuchs im Herstellerwerk kein Zimmer reserviert. Ich hatte ja mein neues Zuhause dabei.

      Ein unbeschreibliches, neues Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit durchströmte mich.

      Auf meiner Rückreise dachte ich immer wieder über das Gespräch mit Jannis nach und träumte von Griechenland.

      Als zusätzliches Gepäck zu dem neuen Flieger, den ich in Niedersachsen übergeben sollte, hatte ich die Schwimmeradaption und die Schwimmer von Jannis Flieger mit im Gepäck.

      Gestern war noch alles Gerüchteküche, heute fast Realität. Der Gedanke an Griechenland und dem Wasserfliegen durchzog mich mit einem Wohlgefühl.

      Zu Hause angekommen wurde sofort an der Realisierung des Vorhabens gearbeitet.

      Willi konstruierte und baute einen neuen Trailer, der den Anforderungen, problemloses Be- und Entladen des Wasserfliegers, gerecht wurde.

      Eine C22 aus dem Flugschulbestand war entbehrlich und wurde als Wasserflugzeug umgerüstet. Es musste noch eine Ausrüstungs- bzw. Zubehörliste erarbeitet werden, dann konnte das Packen und Verladen beginnen. Was benötige ich alles, fragte ich mich?

      Das Moped, Marke Simson, muss auf alle Fälle mit, dann braucht das Wohnmobil nicht für jede Kleinigkeit bewegt zu werden.

      Für den Wasserflieger einen Anker und Kettenvorlauf, damit der Anker hält. Ankerseil, Bojen, Treibstoffkanister, Werkzeug, Abdeckplanen.

      Leere Getreidesäcke, die vorort mit Sand gefüllt werden sollten, um den Flieger am Strand gegen Sturm zu sichern. Gummirollen, damit er über den Strand geschoben werden konnte. Werkzeug, Fett zur Schmierung der Bolzen undundund….

      Was man eben so braucht!

      Es wurde montiert, gepackt und geladen. Ca. drei Tage vor dem Abreisetermin kam der Tag der Wahrheit, die öffentliche Waage!

      Es ist jetzt erst mal an der Zeit mein Wohnmobil vorzustellen.

      Hersteller Adria. Ein Alkovenmodell auf Peugeot Basisfahrzeug. Länge 5,90 Meter, 75 PS Saugdiesel (zieht keinen Hering vom Teller) großer Sanitärraum, separate Dusche, Dachbox für Gepäck, Aufbauklimaanlage, Solarpaneelen zur Stromerzeugung.

      Vor der Fahrt zur Waage wurde das Mobil vollständig aufgerüstet: Diesel, Wasser, Zusatztanks mit Wasser, Bekleidung, Campingmöbeln, Lebensmitteln usw.

      Nur noch den Trailer mit dem Flieger dranhängen, damit ich ein Gefühl bekomme, wie es sich mit dem neuen Trailer und seiner Beladung fahren würde und ab zur öffentlichen Waage.

      „Hallo und moin, moin, bitte einmal das Wohnmobil wiegen, dazu stelle ich mich mit auf die Waage“, sagte ich und schob einen 10-Mark-Schein, die Gebühr für das Wiegen, über den Tresen.

      „Jo, mok man, geid ook glig los“, antwortete der Mann in dem grauen Kittel, während er höchst interessiert den Anhänger musterte.

      „Dreedusendveerhundertneegentig Kilo“, rief er mir zu.

      „Klasse“, freute ich mich, „dann ist alles im grünen Bereich.“

      „Sall de Anhänger ook noch woogen warrn?“, fragte er jetzt, mit einem lauernden Unterton in der Stimme, als wüsste er das Ergebnis?

      „Ich weiß nicht“, antwortete ich, „ist ja eigentlich nicht viel drauf. Der Flieger wiegt mit den Schwimmern 335 Kilo, ja und dann noch das Moped und ein bisschen Zubehör.“

      Ich hatte Angst vor der Wahrheit.

      „Nu bis du jo hier dormit, denn loot em man ook wegen.“

      „Gut, machen wir“, willigte ich ein.

      „Dammi noch mol, dor mut ober wat rünner, 1,8 tunnen!“

      Der Anhänger wurde auf die Schnelle noch mal umgebaut und die Ausrüstungsliste zusammengestrichen.

      Immer wieder wurden ungläubige, ja zynische Fragen gestellt.

      „Wo wolltest du damit noch mal hin, Norbert?“

      „Nach Griechenland.“

      „Und in welchem Jahr wolltest du dort eintreffen?“

      Anspielungen auf den 75-PS Saugdiesel.

      Man glaubte nicht, dass ich mit dem Gespann jemals in Griechenland ankommen, oder die Kassler Berge schaffen würde, vom Brenner ganz zu schweigen.

      Ein 75-PS-Saugdiesel zieht nichts vom Teller!

      Der Tag der Abreise war gekommen. Mit Jannis, der nach dem Kennenlernen im Herstellerwerk nach Griechenland zurückgekehrt war, hatte ich telefonisch noch verschiedene Einzelheiten besprochen. Eine Fähre von Italien nach Griechenland z.B. sollte ich noch nicht buchen, das sei vor Ort effizienter. Der beste Weg wäre in meinem Fall die Fähre von Brindisi/Italien nach Igoumenitsa/Griechenland und dann über den Katara Pass durch Thessaloniki auf die Halbinsel Kassandra nach Paliouri. So würde er, Jannis, immer fahren. Naja, dachte ich, Jannis muss es ja wissen.

      Dina, meine kleine, weiße Mischlingshündin wich mir nicht mehr von der Seite. Die ständigen Aktivitäten der letzten Tage hatten ihr signalisiert, dass Außergewöhnliches bevorstand.

      Dina war für mich nicht nur meine Hündin, sondern auch meine treue Freundin und Sozialpartnerin.

      Ihr Körbchen war vor dem Beifahrersitz platziert. Während der Fahrt hatte sie ihren Platz auf dem Beifahrersitz, angeschnallt natürlich.

      Der Verabschiedungsbahnhof war groß, einige wären bestimmt gerne mitgekommen.

      Es war ein Hingucker, dieses Gespann.

      Das Dach des Wohnmobils war bestückt mit zwei Aluboxen und einer Topbox.

      Für die Bordstromversorgung sorgten zusätzlich zwei Solarpaneelen, die auf dem Dach des Wohnmobils installiert waren. Willy hatte fürs Heck eine Halterung konstruiert und angebaut, auf der ein 220-V Stromaggregat diebstahlsicher seinen Platz hatte. Aluminiumkanister für zusätzliches Trinkwasser hatten ihren Platz an der Heckleiter.

      Über der Heckbox befanden sich zwei verzinkte 10-Liter-Eimer, die konnten mal nützlich sein, dachte ich mir.

      Darunter war ein 30 Meter langer Gartenschlauch platziert. Die gewichtsmäßige Unbedenklichkeitsbescheinigung lag in Form eines Wägeberichtes, Gesamtgewicht, Gewicht Vorderachse und Hinterachse, in den Reisepapieren.

      Der ungebremste Trailer war noch etwas überladen. Wie viel, werde ich hier nicht verraten. Auf alle Fälle war die Simson dabei, was sich später als äußerst vorteilhaft herausstellte. Der Rumpf des Fliegers war mit seinem Fahrgestell auf die Schwimmer montiert.

      Das Ganze wiederum wurde