Anna-Sophie Wagner

Stationen einer Liebe


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der zwei zivilen Kinder, heute Morgen der Aufklärungseinsatz und seitdem ununterbrochen ein Patient nach dem anderen!“, antwortete Andreas müde. „Leg dich hin, wir wecken dich wenn es was gibt!“, sagte Matthias (kurz: Mat, lang: Leutnant Matthias Kofler) der das Feldbett gegenüber von ihm nutzte. „Hast du gegessen?“, wollte Phil wissen. „Nein, ich hab aber jetzt auch keinen Hunger – bin viel zu müde“, sagte Andreas kurz. „Na dann, schlaf gut Doc!“ Andreas glitt in einen unruhigen Schlaf – aber immerhin schlief er.

      Am nächsten Morgen weckte ihn Phil: „Hey Doc, deine Patienten warten!“ Andreas setzte sich auf und zog sich langsam an. Dann ging er zu den Sanitär-Baracken um zu duschen. Danach machte er sich auf zum Frühstück in den Hauptcontainer. Er setzte sich zu Phil und Mat an den Tisch. Dort saßen auch noch seine Sanitätsoffiziere Tobias Moll (kurz: Tobi) und Christoph Schneider (kurz: Chris). Jetzt hatte er wirklich Hunger. Sein Frühstück bestand aus Haferflocken mit Milch. Dann ging es wieder los im Lazarettzelt. Ähnlich wie am vorherigen Tag, kam Andreas nicht zur Ruhe. Um acht war er zurück im Schlafcontainer. Phil, Mat, Tobi und Chris waren schon da. Andreas setzte sich auf sein Feldbett und zog sich die Schuhe aus. Dann endlich begann er einen Brief zu schreiben.

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       Hallo Susanne,

       ich bin hier gut angekommen. Ich hoffe Du hast Deine Prüfung bestanden und bist jetzt Anwältin? Ich wäre unheimlich stolz auf Dich!

       Das Leben hier ist ganz anders als zu Hause. Allein an das Klima muss man sich gewöhnen, es ist heiß, heiß und noch mal heiß. Ich bin hier untergebracht in einem Schlafcontainer ausgelegt für dreißig Soldaten. Im Augenblick sind wir aber nur fünfundzwanzig. Die anderen sind in Ordnung. Die ersten Tage hatte ich viel mit der Organisation, des Lazaretts, zu tun. Jetzt sind mein Team und ich schon ein bisschen eingespielt. Wir haben hier immer was zu tun.

       Zum Essen brauchen wir nur Löffel. Messer und Gabel erübrigen sich bei den Tütenmahlzeiten, die mit ein bisschen heißem Wasser genießbar gemacht werden. Diese Rationen haben es aber richtig in sich – absolute Elektrolyt – Packungen. Sind gerade ideal, um auch mit wenig Essen, einen hohen Energielevel zu halten. So haben die Soldaten, auch bei mehrtägigen Touren, genug Verpflegung, um bei Kräften bleiben zu können.

       Heute Morgen habe ich versucht zu duschen. Mal abgesehen davon, dass der Zutritt ohne Badeschuhe absolut unmöglich ist, muss man Glück haben wenn nicht schon zehn andere die Idee vor einem hatten, so dass die Wasserration für diesen Tag aufgebraucht ist. Heute hatte ich Glück und war der Zweite. Die Duschen sind zwar nicht vergleichbar mit zu Hause aber es war göttlich endlich duschen zu können und sich sauber zu fühlen! zu Hause weiß man so etwas gar nicht richtig zu schätzen. Hier ist es wie Weihnachten.

       Ich hoffe Euch geht es gut? Was macht Mia? Bei Euch ist jetzt Sommer, da wird sie bestimmt jeden Tag ein Eis essen, oder? Das würde mir jetzt übrigens auch schmecken. Ich wäre aber auch schon mit einer Scheibe frischen Brotes zufrieden.

       Du fehlst mir!

       Vorgestern habe ich mich auf den Weg zur Streitkräftebasis gemacht. Dort sind sie zuständig für die Nachrichtenübertragung. Von dort aus kann man telefonieren und ins Internet. Sie sagten mir, dass pro Monat nur ein Telefonat möglich ist und das auch nur mit Familienangehörigen, um die Organisation und Sicherheit besser gewährleisten zu können. Es ist wohl nicht ganz einfach hier eine sichere Verbindung zu kriegen. Und weil wir ja am Stützpunkt ein paar mehr sind, muss man einen Termin vereinbaren zu dem man dann telefonieren darf. Total kompliziert.

       Deswegen habe ich mir gedacht, vielleicht sind Briefe ja schneller? Leider werden die auch immer mal wieder stichprobenweise geöffnet und von irgendeinem Kontrollteam gelesen. Man sollte also aufpassen, was man schreibt .

       Ich bin leider ziemlich müde, hab nicht viel Schlaf gekriegt seit ich hier bin. Und mir fallen gerade, immer die Augen zu. Ich werde mir jetzt Dein Bild nehmen und dann versuchen zu schlafen. Gute Nacht!

       Bis irgendwann. Ich liebe Dich! Andreas

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      Einen Monat später…

      Susanne hatte heute ihren langen Donnerstag im Büro. An diesen Tagen war Mia dann gewöhnlich immer bei Eva, aber momentan nicht, wegen dem Baby. Und weil jetzt Ferien waren, besuchte Mia für die nächsten drei Wochen ihre Großeltern.

      Eva´s Baby, ein Mädchen, Julia genannt, war vor vier Wochen, am zwölften Juli geboren. Deshalb hatten Eva und Susanne seit dem Grillen auch keine Gelegenheit mehr für ein Gespräch gehabt. Aber heute Abend waren sie verabredet. Alexander musste auf die Kinder aufpassen. Eva meinte, sie hätte es nötig mal für ein paar Stunden rauszukommen. Zur Unterstützung hatte sich Alexander aber seine Mutter ins Boot geholt.

      Sie waren im Paolo´s verabredet. Susanne fuhr vom Büro direkt dorthin. Eva war schon da. Als Eva Susanne sah sprang sie gleich auf und nahm sie in den Arm. „Schön dich zu sehen!”, sagte Susanne. „Das finde ich auch.”

      „Na wie läuft es so? Ist alles okay mit dem Baby?“ „Ja, bei uns läuft alles“ „Was macht deine Arbeit in der Kanzlei? Gefällt es dir noch?“ „Ja, es gefällt mir wirklich gut. Ich war sogar schon zweimal vor Gericht! Und ich überlege, ob ich wirklich Notarin werden will.“ „Susanne die Anwältin! Die Vorstellung gefällt mir irgendwie“, grinste Eva. Als der Kellner die Bestellung der beiden aufgenommen hatte, erzählte Eva Susanne von Julia, Kathrin und Christian. Eine richtig tolle Familie, dachte Susanne und wurde fast ein wenig wehmütig. Ungewollt wurde sie neidisch. Was war mit ihrer Familie? Na ja, sie hatte Mia. Und da war er wieder, der Gedanke an Andreas. Er war jetzt schon über zwei Monate weg und mit jedem Tag fehlte er ihr noch mehr. Ganz besonders wenn sie alleine war, so wie jetzt wo Mia weg war. Sonst lenkte sie zwar Mia ab, aber trotzdem fehlte er ihr sehr. Eva, die Susannes nachdenklichen Blick gesehen hatte, nahm sich jetzt vor, endlich mehr in Erfahrung zu bringen und näher nachzuhaken. „Susanne, was ist eigentlich mit diesem Andreas? Ich meine, ich habe ihn noch nie gesehen, außer in der Tram, und ich höre dich auch nie von ihm sprechen.“ Susanne schrak aus ihren Gedanken hoch. Warum nur musste Eva immer ins Schwarze treffen? Damit hatte sie Susanne eiskalt erwischt. Sie konnte fühlen, wie ihre Augen feucht wurden, was wohl auch Eva gesehen hatte. „Oh Susanne, das wollt ich nicht. Er hat dir doch wehgetan, oder? Er hat Schluss gemacht, nicht wahr? Deswegen sprichst du nicht von ihm!“ „Nein, hat er nicht. Andreas ist, in Syrien!“, – Susanne hatte es auf dem Stempel des Briefes gesehen – , „Er wurde von der Bundeswehr verpflichtet, für vier Jahre. Als Arzt. Dass wir uns lieben, haben wir erst am Abend, vor seiner Abreise gemerkt. Das war die Nacht, in der du mich angerufen hast. Eigentlich hätten wir lange vorher bemerken müssen, dass wir uns lieben. Aber beide haben wir gedacht, wir hätten noch Zeit. Und jetzt? Jetzt sitzt er mitten im Krisengebiet. Ich habe ihn seitdem, weder gesehen noch gesprochen, und ich hab eine Riesenangst um ihn!“, erzählte Susanne Eva jetzt alles.

      Diese saß nun ebenfalls ziemlich erschüttert da. „Oh Mäuschen! Was musst du durchmachen! Kann ich irgendetwas tun?“ „Nein, das kannst du nicht. Ich selbst kann ja nichts tun!“ „Und war er einfach so einverstanden mit dieser Verpflichtung oder hat er sich gar freiwillig gemeldet?“ „Nein ganz und gar nicht. Aber sie haben ihm keine Wahl gelassen. Entweder Einsatz oder Gefängnis.“ „Oh Mann! Und was meinst du mit, dass ihr das hättet vorher feststellen müssen, dass ihr euch liebt?“ „Na ja, wir kennen uns schon länger. Und immer war da so ein Gefühl. Anscheinend ging uns das beiden so. Aber irgendwie haben wir beide unseren Beruf in den Vordergrund gestellt, weil wir wie gesagt dachten, es wäre noch Zeit!“ „Verstehe! Und was hast du jetzt vor? Willst du wirklich vier Jahre lang warten auf ihn? Versteh mich nicht falsch, aber das ist eine lange – lange Zeit“ „Eva ich liebe ihn! Ich liebe ihn so sehr, dass es weh tut! Für mich ist er die Liebe meines Lebens! Das