Anna-Sophie Wagner

Stationen einer Liebe


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Gleichzeitig sah er wie eine Kugel Phil am Arm traf. Er zog ihn hinein und schoss dann weiter. Er schaute sich nach seinen eigenen Leuten um. Auch die anderen Kameraden schienen alle noch rechtzeitig die Fahrzeuge erreicht zu haben und zielten nun ebenfalls auf die gegnerischen Fahrzeuge. Es waren ihnen jetzt noch vier von fünf Rebellenfahrzeugen auf den Fersen. Eines dieser Fahrzeuge drehte sich und kam zum Stehen – einer der anderen Soldaten hatte diesmal den Reifen getroffen. Das Nachfolgende fuhr direkt auf und überschlug sich, so dass ihnen jetzt nur noch zwei folgten. Andreas sah, wie Major Wolf aus dem hinter ihnen fahrenden Fahrzeug, nun eine Handgranate warf. Diese schaltete das vorletzte Fahrzeug der Rebellen aus. Eines folgte ihnen nun noch. Ihr Fahrzeug war dem am Nächsten. Andreas beugte sich noch einmal aus dem Fenster und zielte auf den Reifen, just in diesem Moment fuhren sie über eine Bodenwelle und er traf den Fahrer des Fahrzeuges. Sofort kam nun auch das letzte Fahrzeug ins Schleudern.

      Endlich hatten sie sie abgehängt. Aber die Fahrt zurück ins Lager dauerte noch über eine Stunde. Andreas hatte zuerst Phils Arm verbunden. Er und Tobias kümmerten sich nun um die Verletzten.

      Zurück im Lager mobilisierte Andreas alle medizinischen Kräfte. Sie hatten zwei Schwer- und vier Leichtverletzte. Alle mit Schussverletzungen, die operiert werden mussten. Sven hatte es am Schlimmsten erwischt, er war von mindestens drei Kugeln getroffen worden. Andreas stabilisierte vorher noch Walter der am zweitschlimmsten verletzt war und hoffte, dass dieser so lange aushalten würde. Matthias und Philipp fielen beide verletzt aus, so dass ihm nun nur noch Christoph, Tobias und Stabsärztin Maurer assistierten. Sie brauchten drei Stunden für die Operation. Am Ende waren es vier Kugeln. Jetzt hatten sie Sven intensivmedizinisch versorgt. Andreas hoffte, dass er es schaffen würde. Er wusste, dass Sven nächsten Monat heiraten wollte.

      Anschließend bereitete er Walter für die Operation vor. Dieser hatte ganz gut durchgehalten und war einigermaßen stabil. Eine Kugel hatte ihn auf der Rückseite seines Oberschenkels getroffen und er hatte noch einen Streifschuss am Becken abbekommen. Die Wunde am Oberschenkel blutete stark, als Andreas den Druckverband löste. Zwei Stunden später konnte auch Walter auf Intensiv. In Walters Jacke hatte Andreas das Bild einer Frau mit zwei Kindern gefunden. Er hoffte inständig, dass alles gut gehen würde für ihn.

      Alle anderen waren durch die medizinischen Behelf-Teams schon gut versorgt worden. Die Kugel aus Matthias Wunde hatte der Zahnarzt unter der Anweisung von Matthias höchstpersönlich entfernt. Bei Philipp war es glücklicherweise nur ein Streifschuss, so dass er schon friedlich auf seinem Feldbett lag und schlief, als Andreas mit Matthias, Tobias und Christoph dort ankam. Es war jetzt ein Uhr dreißig. Abflug war um drei. Es lohnte nicht wirklich, noch zu schlafen. Aber Andreas war dermaßen erledigt, dass er sich trotzdem noch ein wenig hinlegte. Matthias, durch die Operation geschwächt, tat es ihm nach. Ebenso wie die anderen beiden.

      Das Dumme war nur, Andreas konnte nicht schlafen. Das Geschehene beschäftigte ihn. Er hatte einen Menschen getötet. Er – der doch geschworen hatte Menschenleben zu retten. Sicher er wusste, dass entweder er oder dieser Rebelle gestorben wäre. Aber trotzdem war er jetzt -. Er wagte nicht das Wort zu denken, geschweige denn auszusprechen.

      Eine Stunde später klingelte dann sein Wecker. Langsam stand er auf und weckte die anderen. Zusammen gingen sie zu den Fahrzeugen, welche sie zum Abflugpunkt bringen sollten. Und dann war es soweit.

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      Drei Stunden später landeten sie am Stützpunkt in Frankfurt. Es war jetzt sechs Uhr morgens. Sie wurden von zwei Kameraden in Empfang genommen, welche sie gleich in ein großes Büro führten. Dann kam Generalstabsarzt Bischoff.

      „Guten Tag meine Herren. Wie ich gehört habe, haben sie wahre Wunder vollbracht, dort unten. Vor allem von ihnen hört man nur Gutes Falk! Weiter so! Aber jetzt, machen sie erst mal ihren verdienten Urlaub. Oberfeldwebel Fischer wird ihnen den Ablauf vor Verlassen des Stützpunktes erklären“ mit diesen Worten verschwand Bischoff.

      Oberfeldwebel Fischer betrat den Raum und erklärte Ihnen: „Bitte räumen sie Ihre Rucksäcke aus. Die persönlichen Dinge dürfen sie behalten. Der Rest muss leider hier bleiben. Hier habe ich ihnen Ausgehuniformen hingelegt. Ich darf sie bitten sich umzuziehen und ihre Einsatzuniform hier zu lassen. Sie wird dann bis zu ihrer Rückkehr gereinigt. Ansonsten bleibt mir nur noch, ihnen einen schönen Urlaub zu wünschen. Bitte melden sie sich bei der Anmeldung ab“, mit diesen Worten verschwand er wieder und die fünf zogen sich um und verließen das Gebäude. Sie liefen geradewegs zur Anmeldung um sich abzumelden.

      Draußen stand schon Martin um Andreas in Empfang zu nehmen. „Hey! Schön dich zu sehen!“, mit diesen Worten kam Martin gleich auf ihn zugelaufen und umarmte ihn. „Du siehst müde aus“, stellte er fest. „Das bin ich auch. Ich hab nicht geschlafen seit gestern Morgen“, erwiderte Andreas müde. „Spring rein!“, deutete ihm Martin und Andreas setzte sich auf den Beifahrersitz. „Übrigens Martin, auch schön dich zu sehen.“

      Die beiden hatten nun eine fast dreistündige Fahrt vor sich. „Sag, wie geht´s dir mein Freund?“, fragte Martin ernst. „Es, geht mir gut“, antwortete Andreas nur knapp und nahm eine bequemere Sitzposition ein. Bis sie aus Frankfurt heraus gefahren waren, war Andreas bereits eingeschlafen. Es war einfach zu viel gewesen. Martin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Schläft wie ein Baby, dachte er. Dann sah er sich seinen besten Freund genauer an. Braun war er geworden und irgendwie muskulöser. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Und es hatten sich kleine Fältchen in seinem Gesicht gebildet – ja irgendwie war er gealtert.

      Andreas wachte erst auf, als sie das Tor des Anwesens passierten. Sie fuhren eine lange Auffahrt, links und rechts gesäumt von Eichen, entlang. Dann sah er es. Das Herrenhaus. In zartem gelb gehalten die Ecken weiß abgesetzt. Es wirkte riesig mit seinen zwei Seitenflügeln und der fünfstufigen Mitteltreppe zum Haupteingang. Martin kam links von der Treppe zum Stehen. „So wir sind zu Hause!“, sagte er so laut als wollte er Andreas aufwecken. „Ja, ich sehe es!“, antwortete dieser und Martin zuckte zusammen, weil er so eine prompte Antwort nicht erwartet hatte. „Wie lang bist du schon wach?“, fragte er deswegen. „Seit gerade eben, hab wohl gespürt, dass ich zu Hause bin“, entgegnete Andreas noch ein bisschen müde. Er stieg aus und streckte sich erst einmal. „Frische Luft, das tut gut!“, sagte er.

      Martin machte sich indes daran den Kofferraum zu öffnen. Er wollte Andreas Militärrucksack heraus nehmen. „Ist da dein ganzes Hab und Gut drin?“, fragte er scherzhaft. „Schön wäre es. Es fehlen noch 40 kg Restausrüstung, die ich am Stützpunkt zurückgelassen habe“, sagte Andreas lachend. „Willst du den wirklich tragen?“, fragte er Martin wohl wissend, dass der Rucksack nun immer noch rund 50 kg schwer war. Ganz von sich überzeugt, erwiderte Martin „Ja klar, für dich mach ich das!“, und wollte den Rucksack aus dem Auto hieven. „Lass mich mal“, sagte Andreas grinsend und nahm das seinem Freund ab, als dieser den Rucksack kaum hochheben konnte. „Das ist ja Wahnsinn, was der wiegt!“ „Ich weiß“, erwiderte Andreas müde. So stiegen sie beide die Stufen zum Haupteingang hinauf. Martin schloss auf.

      Es ist alles ruhig – wie ausgestorben, dachte Andreas bei sich. Da konnte er plötzlich ganz deutlich schnelle Schritte hören. „Andi!“, Sophie lief ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen. Andreas stellte seinen Rucksack auf den Boden und nahm seine kleine Schwester in den Arm. „Bin ich froh dich wohlbehalten wieder hier zu haben Bruderherz!“, mit diesen Worten drückte Sophie ihn ganz fest. „Lass dich anschauen“, sie löste sich aus der Umarmung und trat einen Schritt zurück. „Du siehst müde aus“, stellte sie fest. „Seid ihr verheiratet?“ sagte Andreas deshalb scherzhaft. „Aber du hast Recht ich bin auch müde – ich habe noch nicht besonders viel geschlafen seit gestern.“ „Bis auf die drei Stunden, die wir bis hierher gebraucht haben“, warf Martin scherzend ein. „Weißt du, geliebtes Weib, dein Bruder hielt es für besser mir die ganze Fahrt etwas vorzuschnarchen, als zu kommunizieren!“, witzelte Martin lachend. „Ha, ha“, kommentierte Andreas nun.

      „Leider muss ich zur Arbeit Andreas“, informierte ihn nun Sophie. „Ist schon gut, wir sehen uns bestimmt noch – ich bin ja sechs Wochen hier. Außerdem werde ich mich jetzt sowieso erst mal aufs Ohr hauen.“ „Wir haben den rechten