Claus-Peter Bügler

Chong


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Handwerk zu legen<<, korrigierte sich Donald Harellson, der Präsident, rasch. >>Da draußen vor dem Oval Office lauern drei Dutzend Reporter, die nur darauf warten sich wie blutgierige Wölfe auf uns zu stürzen ... noch dazu stehen in einem halben Jahr die nächsten Präsidentschaftswahlen an ... ich kann mir gut vorstellen, dass die Presse zusammen mit der Opposition mächtig Druck auf uns ausüben wird wegen des aktuellen Terroranschlags. Deswegen wird es wichtig für uns alle werden Ergebnisse zu liefern. Schuldige zu finden. Ehe es jemand anderes tut, der vielleicht die Dinge nach seinem eigenen Gutdünken auslegt ... <<

      >>Wir sollten unseren Besuch in Frankreich offiziell machen ... ich halte es für ratsam, den französischen Staatschef über den aktuellen Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen, da wir mit ziemlicher Sicherheit auch auf die Hilfe der französischen Behörden angewiesen sein werden. Es wäre außerdem ratsam ein Zweierteam über den großen Teich zu schicken. Das hat nicht nur den Vorteil, dass zwei paar Augen und Ohren mehr wahrnehmen. Falls einem unserer Leute etwas zustoßen sollte könnte der andere die Arbeit fortführen<<, fügte Price hinzu.

      >>Gute Idee, nur wen von unseren Leuten sollten wir Jamal als Partner bei dem ihm vorliegenden Auftrag zur Hand gehen lassen?<< Harellson blickte fragend in die Runde.

      >>Dinks?<<

      Price funkelte Burke böse an. >>Kommt nicht infrage, der Junge ist noch viel zu grün und unerfahren. Außerdem ist er hitzig und temperamentvoll. Wir können in Paris keinen Ramboverschnitt brauchen.<<

      >>Partons?<<, fragte Burke zögernd.

      Die Sicherheitsberaterin schüttelte energisch den Kopf. >>Ich denke nicht, dass Partons schon wieder hundertprozentig einsatzfähig ist. Er hatte sich vor ein paar Monaten erst bei einer Übung das Sprunggelenk frakturiert, als er mit ein paar anderen Jungs das Abseilen von Hubschraubern trainierte. Er ist zwar ein guter Mann, aber ich möchte kein unnötiges Risiko eingehen.<<

      >>Heller?<<

      Specialagent Heller war zwar, was seine Arbeit anbelangte top, aber charakterlich sicherlich nicht jedermanns Kragenweite. Dazu trug nicht zuletzt auch seine bisweilen aufdringliche, manchmal auch überhebliche Art bei. Price schwieg einen kurzen Augenblick — ein Zeichen, dass sie nachdachte. Sie wusste, dass Jamal und Heller bislang noch nie als Teampartner gemeinsam gearbeitet hatten und daher fragte sie sich spontan, wie die beiden wohl miteinander zurechtkommen würden. Jamal würde vermutlich gute Mine zum bösen Spiel machen. >>Ach was, sie sollen miteinander arbeiten ... und sich nicht heiraten<<, murmelte sie schließlich, dann nickte sie.

      >>Einverstanden<<, fügte der Präsident hinzu. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er das intensive Bedürfnis nach einer Zigarette, doch er widerstand tapfer. >>Gibt es sonst irgendwelche schlechten Neuigkeiten, die mir meinen Tag noch mehr verderben könnten?<<

      Price nickte düster. >>Ich fürchte ja.<<

      Das Oberhaupt der USA hatte das Gefühl, als hätte man ihm ein Glas Eiswasser ins Gesicht geschüttet.

      >>Unsere russischen Freunde wurden von den Terroristen ebenso wenig verschont wie wir. Irgendwelche Verrückten haben vor wenigen Stunden versucht einen Militärkonvoi zu überfallen. Der Premier im Kreml hat einen wahren Tobsuchtsanfall bekommen, als er davon erfahren hat. Er hat unverzüglich den Befehl gegeben die Terroristen mit allen erdenklichen Mitteln zur Strecke zu bringen. Die ganze Aktion erscheint mir von vornherein als völliger Wahnsinn. Ein russischer Jeep wurde durch eine Panzerfaust der Terroristen getroffen und förmlich in Stücke gerissen. Der Befehlshaber der 5. russischen Infanteriedivision, Oberst Wolkov, erahnte jedoch irgendwie intuitiv die Pläne seine Gegner und so ließ er die ganze Kompanie, die dabei war von einem ihrer Manöver nach Hause zurückzukehren, kurzerhand in der Nähe einer Brücke anhalten und ausschwärmen. Der Rest ist, wie sich bereits alle denken können, Geschichte. Hunderte und Aberhunderte schwer bewaffnete Soldaten strömten aus und begannen Jagd auf die Terroristen zu machen. Die leisteten zwar noch eine Weile Gegenwehr, waren letztlich aber doch der übermächtigen russischen Armee hoffnungslos unterlegen. Keiner von ihnen überlebte. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um tschetschenische Rebellen. Als Wolkovs Sprengstoffexperten die Brücke untersuchten stellten sie fest, dass an nahezu allen Brückenpfeilern Sprengladungen angebracht worden waren. Die hätten ausgereicht, um die gesamte Konstruktion in die Luft zu blasen.<<

      >>Das ergibt doch alles keinen Sinn ... ich meine ... so ein amateurhafter Anschlag ... noch dazu in wahnsinniger, selbstmörderischer Weise gegen die russische Armee. Das Ganze hätte nie und nimmer funktionieren können.<<

      >>Vielleicht war genau das die Absicht, Mr. President. Vor einigen Jahrzehnten versuchten ein gewisser Führer auch seine Feinde zu verwirren, indem er Scheinangriffe an der einen Front ausführen ließ, um dann überraschend ganz woanders zuzuschlagen.<<

      Der Präsident schluckte hörbar. >>Sie meinen ... eine Ablenkung, Price?<<

      Price nickte. >>Möglich wär's schon ... auf jeden Fall war es eine konkret geplante Aktion. Und wer auch immer sie organisiert hat wusste schon im Voraus mit ziemlicher Sicherheit, dass sie ein selbstmörderisches Himmelfahrtskommando sein würde.<<

      >>Sie denken, das waren alles so etwas wie Selbstmordattentäter?<<, warf Burke erstaunt ein.

      >>Menschliche Bomben. Die gefährlichste Bedrohung durch Terroristen überhaupt. Etwas, wogegen es keinen sicheren Schutz geben kann. Radikale, muslimische Schläfer können unerkannt über Jahre hinweg in nahezu jedem Land der Erde leben, bis sie für ihren Auftrag geweckt werden. Leute, die so fanatisch sind, dass sie keine Furcht vor dem Tod haben und noch viel weniger davor, andere mit ins Verderben zu reißen.<< Price stellte erleichtert fest, dass das Hämmern in ihren Schläfen endlich nachzulassen begann, dann fuhr sie fort: >>Wir wissen derzeit genauso wenig wie unsere russischen Kollegen, was sich dort drüben bei denen genau abgespielt hat, aber wir können, glaube ich, ziemlich sicher sein, dass das Ganze keine Tat irgendwelcher dummer, harmloser Amateure oder gar unglücklicher Zufall war. Wer auch immer hinter der Sache in Russland steckt ... er wollte — davon bin ich überzeugt — Aufmerksamkeit. Ihm ging es womöglich sogar nicht um ein erfolgreiches Gelingen des Anschlags, sondern darum, dass die Aktion wahrgenommen wird. Die Frage ist momentan nur: Wer steckt dahinter und vor allem: Was will er damit bezwecken?<<

      >>Wahrscheinlich werden wir die Antwort sehr bald erfahren<<, prophezeite der Präsident, wobei sich sein Gesicht zunehmend verdüsterte.

      ***

      Su-Lin erschrak, als ein Geräusch sie plötzlich aus dm Schlaf hochgeschreckt hatte. Die Zimmertür öffnete sich leise und helles Flurlicht drang herein. Kurz darauf erschienen die schattigen Konturen eines Mannes in dem dunklen Raum. Der unbekannte Mann trat langsam in den Raum. Sie spürte ihr Herz vor Aufregung pochen und klopfen und sie hätte sich vor Angst beinahe in die Hose gemacht, konnte sich aber gerade noch beherrschen.

      Der unheimliche, fremde Mann trat langsam näher. Jetzt war er nur noch wenige Schritte von ihr entfernt und sie konnte sicher sein, dass der Mann auf keinen Fall ihr Papa war. Der würde sich auch nie und nimmer leise nachts an ihr Bett schleichen. Su-Lin schluckte leise und schloss rasch wieder ihre Augen.

      >>Die kleine Göre scheint zu schlafen<<, murmelte der fremde Mann. >>Ist auch besser für sie ... << Dann machte er kehrt und verließ den Raum.

      Su-Lin lag noch eine Weile regungslos in ihrem Bett, horchte und lauschte in die sie umgebende Dunkelheit, ehe sie es wagte ihre Augen wieder zu öffnen. Alles um sie herum lag in friedlicher Stille. >>Ich habe keine Angst vorm schwarzen Mann<<, flüsterte Su-Lin, während sie barfuß aus dem Bett hüpfte und ihre Kleider zusammensuchte. >>Von wegen kleine Göre ... <<

      Auf dem Flur draußen ertönten plötzlich schwere Schritte. Langsam kamen sie näher, wodurch sie sich gezwungen sah, wie der Blitz in ihr Bett zurückzuspringen, doch die Schritte entfernten sich wieder, ohne dass jemand ihre Zimmertür geöffnet hatte. Sie wollte auf keinen Fall, auf gar