M.H. Murray

Tod am Lagerhaus


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grinsend den Kopf.

      „Oh nein, das ist ein Befehl.“

      Sein Tonfall ließ keine Zweifel daran aufkommen, dass es als lockerer Scherz gemeint war. Es war ihr aber ebenso bewusst, dass er nicht aufgeben würde, bis er sie zum Bleiben überredet hatte.

      „Also gut“, gab sie schließlich nach und setzte sich an den Tisch. „Aber nur kurz.“

      „Natürlich“, entgegnete er schmunzelnd. „Sie können ruhig schon anfangen, ich will nur noch die letzten Pfannkuchen fertig backen.“

      „Sie backen selbst?“, fragte sie erstaunt, während sie sich Kaffee einschenkte und einen Pfannkuchen auf ihren Teller herüber zog.

      „Sind Sie jetzt enttäuscht?“, erkundigte er sich schmunzelnd, während er zurück an den Herd ging.

      „Hm nein, eher im Gegenteil“, gab sie zu und begann zu essen.

      Ihr Blick wanderte automatisch in Richtung Herd und landete unwillkürlich auf seinem Hintern

      ’Was für ein Anblick’, dachte sie sich und rutschte unruhig auf ihrem Stuhl umher, während sie genüsslich ihren Pfannkuchen aß.

      „Und? Ist er gut?“, erkundigte sich Graham, ohne sich zu ihr umzudrehen.

      „Oh ja, sehr … lecker“, bestätigte Sarah, ohne zu realisieren, dass er wohl den Pfannkuchen gemeint hatte. Sie hingegen hatte etwas ganz anderes im Sinn.

      Sie konnte ihren Blick einfach nicht von seiner knackigen Kehrseite abwenden.

      „Greifen Sie ruhig zu!“

      „Ähm … wie bitte?“, stotterte sie erschrocken.

      David Graham drehte sich zu ihr um und hatte einen Teller mit neuen Pfannkuchen in der Hand.

      „Ich sagte, nehmen Sie sich noch welche, es sind genug da.“

      ’Oh Gott, ich muss unbedingt länger kalt duschen, vielleicht bekomme ich so meinen Verstand wieder zurück’, stöhnte sie innerlich auf.

      „Oh ja, vielen Dank. Die sind wirklich sehr köstlich“, erwiderte sie lächelnd und nahm sich noch einen Pfannkuchen, während Graham sich setzte und ebenfalls zu frühstücken begann.

      Sarah warf immer wieder verstohlene Blicke zu ihm hinüber. Sie fühlte sich jedes Mal dabei ertappt, denn seine Augen schienen ständig auf sie gerichtet zu sein.

      „Wann soll ich denn heute in der Galerie sein?“, erkundigte sie sich irgendwann, um das unangenehme Schweigen zu unterbrechen.

      Er überlegte einen Moment.

      „Ich würde sagen, kommen Sie zwischen 14 und 15 Uhr. Ich werde Ihnen noch einige Dinge zeigen und erklären und Sie können die restlichen Mitarbeiter kennenlernen.“

      „Okay, wie viele Mitarbeiter gibt es denn?“, war sie neugierig.

      Er stellte seine Tasse ab und lächelte.

      „Mit Ihnen und mir insgesamt sieben. Amanda und John haben Sie ja bereits kennengelernt. Dann sind da noch Debbie, Henry und Dimitri. Debbie wechselt sich meist mit Amanda ab. Die beiden kümmern sich hauptsächlich um die Besucher der Galerie.“

      „Und Henry und Dimitri?“

      „Sind ebenfalls unsere Sicherheitsleute - so wie John. Sie kontrollieren die Videoüberwachung oder übernehmen auch die Transporte der Ausstellungsstücke.“

      „Sie haben Videoüberwachung?“

      „Natürlich, in allen Ausstellungs- und Lagerräumen in der Galerie. Ohne so etwas bekommt man nicht mal mehr eine Versicherung“, erklärte er. „Gab es das nicht in der Galerie, in der Sie vorher gearbeitet haben?

      „Nein, aber ich glaube, als Mister Fowler seine Versicherung abgeschlossen hat, gab es noch nicht einmal Video.“

      Graham musste lachen.

      „Ach so. Tja, aber heute ist es leider so.“

      Sarah nickte.

      „Ja, das stimmt.“

      Sie trank ihren Kaffee aus.

      „Vielen Dank für das Frühstück. Ich mache mich jetzt aber wirklich auf den Heimweg.“

      Er lächelte freundlich, sprang dann aber von seinem Platz auf.

      „Moment, ich habe da noch etwas für Sie. Schön sitzenbleiben, ich bin gleich wieder da.“

      Sarah schaute ihm verwundert hinterher, als er durch die Tür verschwand und fragte sich, was er wohl jetzt wieder vor hatte. Einige Minuten vergingen, bis er wieder auftauchte und ein Schlüsselbund in der Hand hielt, das er vor ihr auf den Tisch legte.

      „Bitte sehr, das ist Ihres – für die Galerie“, klärte er sie auf.

      „Oh! Danke.“

      Sarah steckte die Schlüssel in ihre Handtasche und erhob sich, wobei David Graham sich offenbar keine ihrer Bewegungen entgegen ließ.

      „Ich habe übrigens ein Taxi für Sie bestellt. Es müsste in wenigen Minuten hier sein“, unterrichtete er sie. „Und es ist bereits bezahlt. Also lassen Sie sich vom Fahrer nichts anderes einreden.“

      „Das wäre doch nicht nötig gewesen“, murmelte sie verlegen.

      „Oh doch“, beharrte er. „Ich habe leider einen Termin und kann Sie nicht selbst nach Hause bringen. Aber selbstverständlich bin ich es Ihnen schuldig, dafür zu sorgen, dass Sie gut nach Hause kommen.“

      „Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, David.“

      Er schüttelte lächelnd den Kopf und streckte seine Hand aus.

      „Das ist doch wohl das Mindeste, das ich tun kann. Dann bis heute Nachmittag, Sarah.“

      Sie schaute auf seine Hand, ergriff sie zögerlich und musste feststellen, dass ihre Befürchtungen erneut berechtigt gewesen waren. Im Moment der Berührung schoss ein weiterer Strom durch ihre Nervenbahnen und verwandelte sich unmittelbar darauf in ein warmes, wunderbares Gefühl tief in ihrem Inneren.

      „Bis heute Nachmittag“, hauchte sie, beinahe sprachlos, und verließ die Küche.

      Als sie aus der Haustür trat, fuhr gerade das Taxi vor, das sie zu ihrer Wohnung bringen sollte. Während der gesamten Fahrt war Sarah in Gedanken versunken. Sie ließ sich den gestrigen Abend noch einmal durch den Kopf gehen, Grahams Verhalten, Hernando Gomez, den Vertrag. So sehr sie auch darauf geachtet hatte, ihr war rein gar nichts aufgefallen, das auf ein unsauberes oder gar illegales Geschäft hindeutete – ganz im Gegenteil. David Graham selbst war das größte Rätsel für sie. Sarah war immer stolz darauf gewesen, wie leicht es ihr fiel, andere Menschen zu durchschauen. Doch Graham war der erste Mensch, der bisher völlig undurchsichtig für die blieb. Es passte einfach nichts zusammen, Schmuggel, dunkle Geschäfte, kaltblütiger Mord auf der einen Seite und seine freundliche, offene Ausstrahlung, die ihn nicht nur bei seinen Angestellten beliebt zu machen schien, auf der anderen.

      Und dann war da noch diese ganz spezielle Sache – die unbeschreibliche Anziehung, die er auf sie ausübte. Jeder Blick, jede Berührung, ja selbst jeder Gedanke an ihn, lösten eine nicht zu ignorierende Reaktion in ihr aus, sowohl körperlich als auch emotional. Allein die Erinnerung an den letzten Abend ließ ihren Körper erbeben. Nur der eine Tanz mit David Graham hatte in ihr stärkere Lust und Glücksgefühle ausgelöst, als jeder Sex in ihrem bisherigen Leben, da war sie sich sicher. Es war geradezu beängstigend, wie wenig sie sich dagegen wehren konnte.

      „Wir sind da, Miss“, riss der Taxifahrer sie aus ihren Gedanken.

      „Was? Oh ja, danke“, entgegnete sie und öffnete die Tür.

      „Das sind dann 42 Dollar plus Trinkgeld“, sagte der Mann.

      Sarah schüttelte missbilligend den Kopf.

      „So ein Pech, jetzt haben Sie doch gerade