Markus Tödter

Affentheater, letzter Vorhang


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herausgefunden, nachdenken und grübeln, so viel sie wollen, wenn die diversen sich ihnen bietenden Optionen nicht auch emotional gewichtet werden, können sie niemals zu einer Entscheidung oder Überzeugung kommen … Das ist bei der moralischen Willensbildung entscheidend, denn wenn überhaupt etwas, dann hat moralisches Verhalten etwas mit festen Überzeugungen zu tun. Zu solchen Überzeugungen kommt man nicht – oder besser: kann man nicht kommen – durch kühle Rationalität; sie erfordern die Sorge um andere und mächtige ‚Bauchgefühle‘, was richtig und falsch ist.“16

      Zu bestaunen ist eine Abweichung von dieser Kontrolle immer wieder bei dem Thema, ohne das die Hälfte der Lieder ungeschrieben geblieben wäre: die Liebe. Man kann es volkstümlich zusammenfassen: „Die Liebe ist ein Wort mit fünf Buchstaben, drei Vokalen und zwei Idioten.“ Oder wissenschaftlich wie Ambrose Bierce: „Liebe ist eine vorübergehende Geisteskrankheit, die durch Heirat heilbar ist.“

      Nach der leidenschaftlichen Anfangsphase kommen emotionale Intimität und Vertrautheit hinzu – das Stadium der romantischen Liebe ist erreicht. Folgt auch noch eine kognitive Bindung, ist der Zustand der vollendeten Liebe erreicht. Eine präzise Definition für Liebe können Wissenschaftler immer noch nicht abgeben. Sie wissen jedoch, dass das Hormon Oxytocin eine wichtige Rolle spielt, sorgt es doch nach Ansicht der Forscher für Intimität und Bindung der Paare.

      Oben und unten

      Im menschlichen Zusammenleben spielt die Rangordnung eine große Rolle. Überall im Tierreich findet man diese wieder. Es scheint sich dabei um eine effektive Art der natürlichen Auslese zu handeln. Auch der Mensch neigt dazu, seinen Status in der Gruppe abzustecken. Besonders offensichtlich wird dies im Berufsleben. Verbunden mit einem hohen Status oder Rang ist die sich daraus ergebende Macht. Im Tierreich werden die Männchen an der Spitze mit Frauen belohnt, während sich die ranghohen Weibchen mehr und besseres Futter sichern, was für das Überleben des eigenen Nachwuchses aufgrund des erhöhten Kalorienbedarfs während Schwangerschaft und Stillzeit hilfreich ist. Im Menschenreich stellt sich die Sachlage ähnlich dar. So haben mächtige Männchen Zugriff auf viele Weibchen. Dafür haben Anthropologen zahlreiche Beweise vorgelegt, darunter auch diesen: 16 Millionen Männer in Asien stammen von einem männlichen Vorfahren ab, der vor rund 1000 Jahren lebte. Die Experten tippen dabei auf Dschingis Khan.

      Schon Friedrich Nietzsche attestierte dem Menschen einen „Willen zur Macht“. In der Psychologie und Politik hingegen wird dieser Umstand jedoch nur selten thematisiert. So stellen sich Politiker gerne als Diener des Volkes dar. Dass ihr Antrieb in den meisten Fällen eben besagter Wille zur Macht ist, lassen sie außen vor. Wie tief im menschlichen Wesen die Rangordnung verankert ist, mag die Forschungsarbeit von Stanford Gregory, Soziologieprofessor an der Kent State University in Ohio, verdeutlichen. Seit den frühen 1980er Jahren erforscht Gregory die Rolle der Stimme in der Kommunikation. Er ging davon aus, dass das Frequenzband unterhalb von 500 Hertz Informationen über den sozialen Status von Gesprächspartnern transportiert. „Am Beispiel von 25 Gästen der US-Talkshow ‚Larry King Live‘ hatte der Soziologe schon Mitte der 1990er Jahre nachgewiesen, dass sich rangniedere Personen in ihrer Stimmführung an ranghöhere anpassen. Sie verändern ihre Intonation – also den Tonhöhenverlauf – derart, dass sie sich dem des Statushöheren angleicht. […]