- Joshi

Aficionados - Der Zauber der Giacomettis


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Goldt11 sagen, und fluchs huschten wir ins Parterre. Kein Reden. Keine Fragen. Was immer hier vor sich ging, es war verpufft. Im Parterre unter einem großen ‘L’ an der Eingangstür – die Restbuchstaben lauteten ‘unge’ – blickten wir in den weit offenen Verkaufsraum. Die zwei Stunden Karenzzeit des ersten zurückgelegten Paars Schuhe waren längst verstrichen und ich hätte den Laden auch nicht wieder gefunden. Plötzlich hatte dieser Schauspielschüler das richtige Paar in der Hand. Weil wir langsam etwas ungeduldig rumgrinsten, schoben wir Alex von ihrem neuerlich aufgebauten Schuhstapel weg, packten ihre Beinchen, stopften ihr die Schuhe an die Riesenfüße und schleppten sie vor den erstbesten Spiegel vor dem wir noch sanft, aber bestimmt eine herumwackelnde Frau wegschubsen mussten, dass die fast in ihren Kartonstapel fiel, sorry, Kriegszustand. Ehrfurchtsvoll nahmen wir Abstand von Alex, der Anblick ihres Schuhpaares hatte uns in einer Schockstarre zurückgeworfen, wozu hat man schließlich diesen Schauspielschüler an seiner Seite? „Das sind sie“, jubelten wir wie die kleinen Mädchen. Wir hätten uns noch Zöpfe anbinden lassen, nur damit sie endlich die verdammten Schuhe kauft. Aber Alex misstraute dem ganzen immer noch, wir kriegten kein Wort raus, stöhnten ‘Ohs’ und ‘Ahs’, sie jammerte und die dumme Nuss arbeitete Vokabeln durch, jammerte, es sei alles zu sexy, erotisch, nicht übertrieben simpel genug, denn elegant, überirdisch, eingebildet und Alex erschrak - dann ein Schrei: Ich kann mit den Dingern gehen. Als wir draußen standen, mit dem Karton roter Schuhchen – nicht mal nen Schuhanzieher hatten die uns mitgegeben, weil sie das vom Schrei verrutschte L wieder gerademontieren mussten – wollten die beiden sofort in den Kosmetikpalast. Ich verschwand, um mir einen Gürtel zu besorgen, in nem Billigladen, als ich abgehetzt wiederkam, weil, bin doch nicht verrückt, will doch nicht Lippenstift und Nagellack an Alex verpassen, standen die beiden hinten bei den Lippenstiften. Alex hatte bereits sämtliche Fingernägel mit Nagellack vollgepinselt und die Verkäuferin streifte ihr roboterhaft Lippenstiftstriche auf den linken Unterarm, der rechte war schon vollgeschmiert. Dann entschied sich Alex für ein ganz dunkles Rot, aber auf dem Weg zur Kasse zeterte sie: „Der Nagellack und der Lippenstift sind ja teurer als mein Kleid.“ Jetzt kam mein Auftritt: Sanft aber bestimmt stoppte ich sie an der Schulter: Nagellack is essentiell, aber Lippenstift, da können wa auch einsparen. Wir gingen wieder zurück und suchten einen aus, der dreimal weniger kostete, und trotzdem noch Veiled Rouge Shiseido oder war es Veiled Shiseido Rouge? So kehrte sich das Verhältnis Kleid zu Lippenstift, Schuhen und Nagellack 3 zu 1, hab ich mal irgendwo gelesen, dass das so sein soll, oder war das inner Fußball-Zeitung? „So, stell dir vor“, sagte ich „hat Deutschland `72 auch den ersten Sieg in Wembley herbei gezaubert…das wird dir Glück bringen.“ Und erklomm euphorisch die Höhen des Original Kommentars - Rudi Michel: „Müller: Drehen und Schiessen ist eins, Netzer, Elfmeter, mit gewohnter Akribie legt er sich den Ball zurecht, …3 zu 1 - Danals…“, etwas müde antwortete Alex: „Da war ich noch nicht geboren.“