- Joshi

Aficionados - Der Zauber der Giacomettis


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wir mal professionell, graduativ um… die Schuhe, …das kam nicht etwa von ihr, nein, nein, nein, das brabbelten die beiden Verkaufsidioten im Duett, wie sie sich die Hände an ihren eigenen hochstehenden Kragen zurechtlutschten, wie sie herumformatierten an sich, als wäre es schon Alex’ Körper. – Einfach widerlich und sie bemerkte das gar nicht. Natürlich, das Aufmerksamkeitsmädchen fand jetzt erst recht Gefallen, ließ sich den Satz des Italieners noch einmal wiederholen: Sono rinsascimentali le fancuille di gantoni, alla maniera… was der natürlich Strichpunkt bereitwillig tat, sondern noch einen draufsetzte, die Fächerhände immer weiter auseinander… man konnte geradezu erahnen wie sie nach ihrem Höschen greifen, wie sie die Schuhe nur als Mittel zum ‘Die binden wir jetzt auf unser Fell und dann die Arme hoch und die Beine binden wir auch noch hoch, dass sie daliegt als Wippeschaukel, und dann fahren wir sie genüsslich ab…’, die bringen es fertig, setzen sie auch in so einen Stuhl und betatschen dann bei unzähligen Anziehproben ihre Füße bis ihnen die Suppe aus dem Hosensaum läuft, und das um 12 Uhr mittags, da geht denen in dem Laden schon einer ab, da konnte ich ja noch froh sein, dass wir so früh zum Einkaufen losgegangen sind, was passiert denn erst, wenn es draußen schummerig wird? Hier möchte ich jedenfalls keine laue Winternacht verbringen, es gibt ja die Theorie, je mehr man einer Frau ausziehen kann, umso unwiderstehlicher wird sie, da sind die im Winter in den Schuhläden ja ausgestattet mit ner Dauerüberforderung, was den Frauen auf den Oberarmen als kleine Härchen steht, steht denen dann in der Hose. Ich merkte wie Alex die Knie weich wurden und sie sich trotzdem dagegen stemmte. ‘Dagegenstemmte’? Das wollten die ja gerade, von hinten, ich musste etwas unternehmen, es ist doch kein Zufall, dass die mich ignoriern, diese ‘In Queste Pagines’, ja sowas von völlig ignoriern. Ignoriern ist ja die höchste Gefahrenabweisung. Aber auf mich, solche Fälle der Alexbegleiter, die störenden Männer, sind die bestens trainiert. Jetzt kam etwas, worauf man, als unschuldig in einen Schuhpalast hineingeschlidderter, nicht wirklich vorbereitet sein kann; demnächst verlange ich auch ne Schulung: als Einkaufskunde. Ihr Trick? Männlich verschwiegene Übereinkunft, willkommen im Club, dieses Schulter an Schulter vor dem Weibchen Aufbauen mit dem vielsagenden Blick ‘Wir sind doch alle Männer’. Mir fiel das erst gar nicht auf, weil ich paralysiert die beiden bei ihrem Gegurre um Alex beobachtete, doch bei einem weiteren Blick in den nächst größeren Standspiegel sah ich plötzlich ein Grüppchen von dreien, das da Alex gegenüberstand. Und inmitten dieser Gruppe: Ich. Wie beim Tanz der Vampire standen wir plötzlich alle drei vor diesem Spiegel als geifernde Alexbetrachter. Und dann flüsterte mir dieser Westen kraulende Aalglatte noch über die Schulter: „Sie wissen doch, bald wird das Q-Magazine Bar Refaeli zur best anzusehenden Frau des Jahres küren.“ „Ich weiß gar nichts“, sagte ich. „Und solche Wahlen interessieren mich auch nicht und ich les auch keine Magazine.“ Das sei so ein auf männlich getrimmtes Hochglanzblatt, beriet der mich weiter und ihre Begründung lautete, dass Frau Refaeli Haltung nicht nur als Kontemplation – Beobachtung – ihres eigenen Erscheinungsbildes betrachte und auch nicht nur als eine Hilfestellung, nicht Umzufallen. Was? Plötzlich konnte der reden. Frau Refaeli sehe Haltung als eine in die Welt gesetzte Anmut der selbstvergessenen eigenen Positionierung. Ich sah den irritiert an. „Sowas steht da drin?“ Der grinste schnöde bis über beide Backen. Klebrig verschwörerisch fügte er noch hinzu: „Aber die Wahl ist erst im Oktober.“ Ich schaute weiter irritiert, woher wissen die das dann schon mitten im Sommer? „Weil wir als Clubmitglieder dieses Schmierenblattes, wie Sie vielleicht meinen, im Konferenzausschuss sitzen. Wir bestimmen diese dümmlichen Wahlen, wie Sie vielleicht meinen, nämlich mit!“ gab der andere Verkäufer zu verstehen und verzichtete ausnahmsweise mal auf sein Italienisch, „…unser beider Votes.“ Augenzwinkern und verschwörerisches Grinsen, Jetzt hatten mich die beiden Lustbolde tatsächlich in ihre Mitte aufgenommen, ich würde Club-Mitglied, bombardierten mich sofort mit dem nächsten Insiderwissen, dass Frau Refaeli im Oktober auch in ein sorgfältig zurecht gemachtes Unordentlich-Zimmer gesetzt wird, für Schwarz Weiß Aufnahmen – Gucci – der klassisch überirdischen Fotografen9 Van Lamsweerde und Vinoodh Matadin. Dann gäbe es da noch einen Creative Director Frida Giannini und der hat – jetzt kommt’s und bitte beim Aussprechen rausfallen lassen wie eine gelutschte Olive – das Horsebit neu inszeniert. Gucci sei bekannt für Reitsport-Details, Sattel und sowas, das vermittele einen derart überirdischen Luxus; wer so n Zeug in seinem Wohnzimmer rumzuliegen hat, der… hat es geschafft. Das ratterten die runter wie auswendig gelernt. Wohlfühlfaktor sprachen sie aus, als sei das n Ding zum damit Rumfahren. ‘…ganze Generationen inspiriert’, ich hatte keine Ahnung wovon die redeten, die Fotografen seien berühmt, und wer für eine 50 Jahre im Geschäft an der Spitze verweilende Firma auserkoren würde…aber ich höre nur das Wort ‘berühmt’ ging abrupt einen Schritt zurück und jagte mir erstmal ne Trägerstange von nem zu niedrig gestellten Metallregal in den Rücken, der Schmerz weckte mich auf, ich rief: „Alex...bitte. Du machst dich hier zum Zirkuspferdchen und wir müssen noch ne fette Liste abarbeiten!“ Alex drehte sich zu mir um, als sei sie aus einem niedlichen Traum erwacht, sie kuckte ganz hilflos, hatte in jeder Hand ein Paar Schuhe, hielt mit den Unterarmen noch mühsam ihr Papageienkleidchen an und sagte dann nur: „Fette?“ Irgendwie muss es auf diesem Planeten einen Geheimcode für Frauen geben, es gibt ja tausend Ratgeber was man am ersten Abend eines Treffens nicht sagen sollte, aber keinen wie man aus nem Schuhladen ganz fix wieder rauskommt, und ich hatte das jetzt gerade herausgefunden, ich, der Leo, und holte schnell noch weiter aus: „Fette, Kalorien“, sagte ich und mir fiel noch ein: „Apfelsaft, ein mit Stärke getränktes Zuckerwasser, Katzenhaare Sofakissen“, und Alex stellte wie auf Stichwort alles auf den Boden, packte vehement ihr Kleid zusammen, schön sorgsam gefaltet, das Falten eine beruhigende Handhabe. Ich merkte wie nicht nur ich wieder zu mir kam, sondern auch Alex – Gerettet. Die Wolke der Verzauberung um die Verkäufer entschwand, ihr gerade noch so vereinnahmender Auftritt verpuffte, sie waren eine schier unschlagbare Fußballmannschaft der man plötzlich von hinten in den Strafraum eingeschlichen kam und ein Tor nach dem anderen reinballerte, damit das auch mal Männer verstehen. Alex sah verschmitzt zu mir rüber, uh, hätte ich sie dafür lieben können, ganz verschrottet kuckte der Italiener zu mir, quälte sich einen letzten Satz raus, der mehr schlecht geschmirgelt klang: „Gehört der etwa zu Ihnen?“ „Ja, tut er“, blaffte Alex, „und ‘der’ heißt Leo und diese Raffa-gierig muss seine Öl-Bilder kaufen, damit sie in ihrem Palast hängen, ‘der’ hat die ganzen Zimmer voll davon, er hat sie nämlich gemalt“, und, sie riss dem das GQ – Magazin aus der Hand, zerriss meinen ausgefüllten Club – Coupon, schlug auf Seite 134 auf, da war n Ganzseitenfoto mit dem Carl und der schreienden Überschrift: „Carl, Benz – ist das der neue Carl? „Jetzt überlegt mal Jungs. Wer ist hier wirklich berühmt?“ – und ich konnte gar nicht so schnell kucken wie wir raus waren. „Du hast mich gerettet“, schleimte Alex. „Gerettet?“ Ich war ganz verdattert. „Ja wie denn? Ich hab doch bloß ne blöde Schiessbudenfigur abgegeben, die hätten mich doch am liebsten…“ „Naja“, kicherte sie, „du standest da so armselig rum zwischen den beiden, das konnte ich doch nicht zulassen.“ Ich wollte gerade selbst auf die wenig schmeichelhafte Formulierung ‘armselig’ entgegensetzen….sie wartete aber gar keine Erklärung ab, ich ließ Alex einfach in den nächstbesten Schuhladen stiefeln, es half auch nicht mein Protestieren, wir könnten doch nicht einfach mit meiner Berühmtheit angeben, das bewirft sie mit: „Na klar, die glauben die sind was Besseres.“ „Ich will das nicht“, musste ich weiter dagegen halten, „diese Angeberei, wer hat den größten, die größten Titten, den ganzen Scheiß, sowas macht man nicht, das kriegt man alles zurück, sowas…“, da zerrte sie mich und zerrte mich, „is mir alles so bar raffaeli“, und mir dämmerte, wir würden wohl doch endgültig bis zur Dunkelheit hier rumhängen, konnten die nicht n paar Drogerien dazwischen aufstellen? Irgendwer hatte doch vorhin noch von Zitronen gesprochen. Wo sind sie denn, die ganzen Obststände, wenn man sie mal braucht?

      „Jetzt ist die ‘Lunge’ dran!“ Gerade nachdem sie an vier Regalen vorbeistolziert war, sagte Alex: „So jetzt machen wir das mal richtig!“ Dann holte sie das bunte Kleid raus, mit den Papageien drauf und erzählte allen Verkäuferinnen beim ersten Dranhalten an ein Schuhpaar: „Das ist aus Barcelona und meine Mama kommt in Unifarben und da sollen die mal kucken und… ach ich weiß nicht, Leo, ob das Sanftgrün so eine gute Idee ist? Vielleicht doch Bordeauxrot?“ Während ich selber mich von den Spiegeln lieber fern hielt,