Kathy B.

Tusnelda


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sicher. Mann, oh Mann. Ich hatte auch noch anderes zu tun. „Um was geht` s denn?“ Die Kinder hätten so viel Zeug. Gut. Dann gingen wir eben auch das gemeinsam durch.

      Ich malte ihr alles auf. Irgendwann sah sie ein, dass ich doch Recht hatte. Und dann gab sie zu, dass sie vor dem Umzug Angst hätte. „Ich glaube nicht, dass ich das schaffe.“ Aber die Firma baut Ihnen doch alles wieder auf.“ „Ja schon.“ „Sie machen an alles, was auf den Sperrmüll kommt einen Zettel. Und das gleiche machen Sie mit dem, was mitgeht. Aber auch in der Reihenfolge, wie es dann abgeladen wird.“ „Ach so.“ „Na das Erste, was die anpacken, schieben die doch ganz hinten rein. Demzufolge kommt es als Letztes raus.“ „Ich weiß doch gar nicht, wo die reingehen.“ „Sie hatten gesagt, die kommen mit dem Lift.“ „Mm.“ „An der Hauptstraße werden die kaum halten. Die fahren bestimmt in die Seitenstraße.“ Gut. Ob sie ihre Möbel nun durch das Fenster von dem einen oder anderen Kinderzimmer reinbrachten, das wusste ich nun auch nicht. Aber ihr Schlafzimmerschrank und das Bett kamen als Erstes. Und danach das komplette Wohnzimmer. Sie sollte die Küche als nächstes nehmen und zum Schluss beide Kinderzimmer.

      Ein paar Tage später teilte sie mir mit, dass sie alles so gemacht hätte, wie ich es ihr aufgetragen hatte. „Haut es doch hin. … Und wann geht` s nun los?“ „Übernächsten Sonnabend.“ „Da möchten Sie vielleicht vorher noch mal rumkommen und die Fenster putzen.“ „Ja, stimmt.“ „Ich helfe Ihnen auch mit.“

      Hätte ich das bloß nicht gesagt. Da waren nämlich lauter Spinnen im Rahmen. Die mit den dicken, langen Beinen. Die früher immer im Waschhaus gehockt haben, wo wir als Kinder baden mussten. Ihr ging es selber nicht anders. Sie fragte nach einem Staubsauger. Also meinen guten bekam sie bestimmt nicht. Damit die mir im Wohnzimmer wieder rausgelatscht kamen. „Nee.“ Dann musste eben Ricos Industriesauger herhalten. Aber ich machte das trotzdem nicht. Weil man da genau draufzielen musste. Und das hieß, die Spinne angucken. Es war schon ein Akt. Und kalt war es auch wie Sau. Logisch. Wir hatten Herbst. Und im zweiten Stock zog es nun mal etwas anders. „Ich koche uns einen Kaffee.“, sprach ich hinterher.

      Dann hockte sie unten bei mir in der Küche und fing an, zu heulen. Wegen ihrem Dicken. Sie sollte es mal so sehen. „Das ist jetzt ein Neuanfang.“ Und was ich ihr nicht noch alles erzählte. Irgendwann hatte ich sie soweit, dass sie sich wieder auf den Umzug konzentrierte. Ich ließ mir noch mal das mit der Firma erklären. Die würden sogar die Lampen anschrauben. „Was wollen Sie mehr? Ist doch dann alles fertig. Können Sie abends in ihrem Bett liegen.“ „Ja schon.“ „Also jetzt hören Sie mal auf.“ Sie hatte hier eine Fußbodenheizung. Im Bad waren eine Wanne und eine Dusche. Was wollte sie noch? Dass ihr Zimmer ein bisschen kleiner war, dafür konnte ja nun keiner. Sie sollte froh sein, dass mein Mann die Wohnungen so konstruiert hatte, dass die Zwei- und Dreiraumwohnungen alle noch ein kleines Extrazimmer hatten. Sie hätte auch lange gesucht, erklärte sie mir. Bei jeder mit 75 Quadratmetern wären immer nur ein Kinderzimmer und ein Schlafzimmer gewesen. Und da hätte sie im Wohnzimmer auf der Couch pennen müssen. „Na also.“ „Ja.“ „Haben Sie sich überhaupt schon mal Gedanken gemacht, was aus den Männern wird, die Ihnen helfen?“ Sie sah mich ungläubig an. „Na, wenn die den ganzen Tag bei Ihnen sind, werden die Hunger haben. Und Durst. Kaffee werden Sie wohl kochen können. Vielleicht noch einen kleinen Snack. Belegte Brötchen oder was weiß ich.“ „Wovon denn? Ich habe doch kein Geld?“ „Also Frau Herfurth. Sie bekommen doch genug. Was denken Sie denn, womit ich klarkommen muss? Ich habe dreihundert von meiner Rente als Kostgeld zur Verfügung. Sie sind doch noch alter Schlag. Was haben wir denn früher von unseren Männern in der Woche gekriegt? Hundert Mark. Und wenn wir gut gehaushaltet haben, konnten wir davon auch noch zum Friseur.“ „Ja. Ich weiß doch auch nicht, was ich verkehrt mache.“ „Das kann ich Ihnen sagen.“ Sie saß mir nämlich mit F6 gegenüber. Zigaretten waren heutzutage einfach teuer. Und wie ich sie einschätzte, brauchte sie zwei Schachteln am Tag. Da waren wir doch schon bei zehn Euro. Und wenn sie denn noch trank. Ich wollte sie bloß nicht fragen. Falls es dann doch nicht stimmte.

      Na jedenfalls stellte ich mich hin und machte Kartoffel- und Nudelsalat. Und holte eine Hucke Wiener. Vormittags brachte ich schon mal Kaffee hoch. Den brauchte sie mir natürlich nicht bezahlen. Aus so einem Päckchen kriegte man genug Kannen raus. Die Männer freuten sich. Und noch mehr, wie sie mittags was zu beißen bekamen. Mit so viel Arbeit hatten sie nämlich nicht gerechnet. Sie hatten ihr ja auch das andere alles raus auf den Sperrmüll geschafft. Was sie eigentlich hätten nicht machen müssen. Sie bedankte sich bei mir. „Frau Herfurth. Das ist aber nicht umsonst.“ Die Zutaten für die Salate hatte ich aufgelistet. Den größeren Teil machte natürlich die Ladung Wiener aus. „Nee, nee. Das bezahle ich Ihnen, sobald ich Geld habe. … Und vielen Dank noch mal.“

      Nachmittags lief ich hoch gucken. Es war nun mal etwas laut unten drunter. Ich wollte nur wissen, wie weit sie denn gekommen waren. Von den vier Männern zog der eine wie der andere eine Schnauze. Klar hätten sie längst Feierabend gehabt. Aber da war noch das anzuschrauben und jenes aufzuhängen. Und vor allem trieften sie wie Sau. Logisch. Durch die Fußbodenheizung. „Sie haben wohl nichts zu trinken für die?“ „Nein. Wovon denn?“ „Also Frau Herfurth? Eine Flasche Wasser kostet doch nun weiß Gott nicht viel.“ Ihr Gesicht sagte was anderes. „Das können Sie nicht bringen.“, sprach ich weiter. „Na hätten Sie derweilen was? Ich bezahle es Ihnen auch.“

      Ausgerechnet heute war bei uns gähnende Leere. Rico hatte es noch nicht geschafft, Getränke zu holen. Gut. Ich war noch nicht Gassi gewesen. Dann lief ich eben so lang. Aber bevor ich mich hier mit hundert was Verschiedenem abschleppte, fragte ich die Männer. Der eine wollte nur Wasser, der andere eine Cola. Und so weiter. Alles klar.

      Sie waren mir so was von dankbar. Jedem, dem ich sein Gewünschtes überreichte, trank die Hälfte der Anderthalb Liter Flasche auf Ex. Also das durfte doch wohl nicht wahr sein. Und wenn man denen wenigstens eine Tasse oder ein Glas für den Wasserhahn in die Hand gedrückt hätte. Na Halleluja. Viel schien, bei der neuen Mieterin nicht in der Rübe zu sein.

      Aber wie ich nun mal war, bekam sie trotzdem noch ein Einzugsgeschenk. Mir war auch klar, dass sie das nicht von der Wohnungsbaugesellschaft gekriegt hätte. Sie sollte aber langsam mal lernen, anders mit Geld umzugehen. Und deswegen bekam sie eine Dose Tabak und paar Hülsen von mir. Zu dem Stopfer sagte ich aber mit dazu, dass der nur geborgt wäre. Weil ich den nämlich zum Geburtstag von Bekannten gekriegt hatte. Also es war kein Null acht fünfzehn. Ich hatte bloß noch den anderen im Gebrauch. „Ja.“, meinte sie.

      Tags drauf fragte sie mich, ob ich mal mitkäme, die Zählerstände in der alten Wohnung abzulesen. „Na sicher.“ Das konnte ich doch gleich mit dem Gassi verbinden. „Nein.“ In den Keller musste Timmy nicht. Dann hatten sie dort vielleicht was ausgestreut. Wegen Ratten. Davon wüsste sie nichts. „Das haben Sie vielleicht gar nicht mitgekriegt. Gehe ich hinterher.“ „Ich muss mich aber erst noch anziehen.“ „Das wird doch keine Stunden dauern.“

      Bei ihr schon. Sie hätte noch mal aufs Klo gemusst, erklärte sie mir. Das dauerte eigentlich auch keine Viertelstunde. Wahrscheinlich hatte sie noch eine geraucht. „Stift und Zettel mit?“, fragte ich. „Nee.“ Jetzt brauchte sie nicht noch mal hoch zu rennen. Sie kam bloß ewig nicht wieder. Dann nahm ich eben beides mit.

      Im Haus angekommen, ließ ich mir den Zählerschrank zeigen. Was keiner war. Weil die Zähler noch einzeln an der Wand hingen. „Und welcher ist Ihrer?“ „Weiß ich nicht.“ War auch egal. „Hier läuft doch alles.“ „Kann nicht sein.“, entgegnete sie. „Gucken Sie doch mal.“ „Ei ja.“ „Haben Sie oben Licht brennen lassen?“ „Eigentlich nicht.“ „Sie gehen jetzt hoch und drücken den FI. … Na das blaue Ding wie bei uns. … Dann machen Sie eben alle Sicherungen runter.“

      Ich beobachtete die Zähler. Keiner hielt an. „Und?“, fragte sie, wie sie die Treppe runterkam. „Na nichts. Haben Sie auch wirklich alle ausgemacht?“ „Ja.“ „Das gibt es doch nicht.“ „Und nun?“ „Dann rufen Sie mal den Vermieter an.“ Das hatte ich so dahingesagt. Ich selber hatte ja auch nie mein Handy einstecken. Aber sie hatte es mitgenommen.

      Da sie nicht wusste, wie sie sich ausdrücken sollte, übernahm ich das Gespräch. Es dauerte nicht lange und er kam. Er wohnte nämlich