Kathy B.

Tusnelda


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ist tot. Der Computer geht auch nicht.“ Dafür konnten wir doch nichts. Das sollte die Frau mal schön mit dem Vermieter klären. Ich schrieb die Zählernummer und den Stand ab.

      Auf dem Rückweg erzählte mir Frau Herfurth, dass sie jedes Jahr eine Riesen Summe hätten nachzahlen müssen. „Dann wissen Sie doch jetzt, warum. Aber vielleicht hätten Sie eher schon mal was überprüfen lassen sollen. … Oder mal googeln nach dem durchschnittlichen Verbrauch im Haushalt. Sie wissen doch, ob Sie einen Haufen Geräte dranhängen haben.“ „Den Trockner habe ich schon gar nicht mehr benutzt.“ „Ach nee.“ Irgendwo musste das einem doch mal zu denken geben. Der Dicke hätte sich auch immer gewundert, meinte sie. „Aber unternommen hat er anscheinend nichts.“ „Und was soll ich da nun machen?“ „Können Sie was beweisen?“ „Sie waren doch mitgewesen.“ Das fehlte mir gerade noch. Hier musste sie selber durch. Und bevor sie noch auf die Idee kam, dass wir auch so was machten, sagte ich: „Sie wissen, dass unser Haus entkernt ist. Das sind alles neue Leitungen. Den Zählerschrank haben Sie gesehen. Ist nämlich eine Auflage heutzutage.“

      Anderntags klingelte sie, weil sie den Fleck aus der Auslegeware in ihrer Schlafstube nicht rauskriegen würde. Sie hätte warmes Wasser und Waschpulver genommen. „Super. Damit ist die Appretur raus.“ Sie guckte. „Also Frau Herfurth. Wir haben schon zu Ostzeiten Teppichböden gehabt. Sie bestimmt auch. Und da wird Ihnen doch auch manches passiert sein.“ Das gab sie zu. „Und? Haben Sie was gemerkt, nachdem Sie das rausgerieben haben?“, fragte ich. Sie natürlich nichts. „Umso schneller ist es dort wieder dreckig geworden. … Mensch.“ Heutzutage gab es ganz andere Mittel. „Warum machen Sie denn Ihren Mund nicht auf?“ Sie guckte wie so ein Trollo. „Moment.“ Ich hatte mir nämlich Oxy geholt. Für unseren kleinen Wohnzimmerteppich. Und das gab ich ihr mit hoch. Den Rest wollte ich wiederhaben. Es kam bloß nichts unten an. Na meine Fresse. Wenn es nur ein kleiner Fleck gewesen war, konnte sie doch nicht alles aufgebraucht haben. Die schien, gar nicht zu wissen, was so eine Dose kostete.

      Wie sie mir das nächste Mal übern Weg lief, wollte ich sie danach fragen. Ich kam nur nicht dazu. Weil sie nur am Meckern war. Die beiden Kinderzimmer würden nicht warm werden. Und in ihrem Zimmer wäre es wie in einer Sauna. Eigentlich war die Heizung Sache meines Mannes. Er war ja nicht umsonst Klempner. Aber eben auch nur am Arbeiten.

      Es ging einige Tage so. Ich wusste bald nicht mehr, was ich Tusnelda noch erzählen sollte. Von denen, die davor drin gewohnt hatten, hatte sich keiner beschwert. Irgendwie musste ich ja reagieren. Und so ging ich mit hoch. Dann konnten wir das nur mit den Ventilen im Heizkreisverteiler ausprobieren. Aber welches wofür war, keine Ahnung. Es stand ja nichts dran. Ich erklärte ihr, dass sie ein bisschen Geduld haben müsste. So schnell kühlte die Fußbodenheizung nicht runter. Und wenn wir mehrere auf einmal abdrehten, würden wir es auch bloß nicht rauskriegen.

      Am darauffolgenden Morgen stand sie wieder auf der Matte. Probierten wir eben das nächste. Und abends ein Weiteres. Nebenbei erinnerte ich sie an die Würstchen, Salatzutaten und die Getränke. Das waren immerhin zwanzig Euro gewesen. Und wir hatten ja Monatsanfang. Null Reaktion. Na fein.

      Anderntags kam sie dreimal wegen der Heizung. Jetzt wusste ich wirklich nicht weiter. „Was soll ich denn hier noch machen? Ich bin weder ein Mann noch ein Klempner.“, sprach ich abends zu Rico. Aber in was für einem Ton. Daraufhin ging er hoch.

      Deswegen kam sie trotzdem wieder. Aber nicht wegen der Sache, sondern um mir ein Ohr abzukauen. Von ihrem verstorbenen Dicken. Timmy, der Verräter, lief schwänzelnd zu ihr hin. Das war auch nur Sinn und Zweck der Sache gewesen. Sich systematisch bei unserem Hund einzuschleimen. Damit sie was zum Kuscheln hatte. „Darf er mit hoch?“, fragte sie. „Wenn er will.“ Natürlich. Er war ja schon durchgestartet. „Aber keine Knochen füttern. Und nur ein kleines Leckerli. Der kriegt hier unten genug.“, sprach ich noch. „Ja. … Ich lasse auch oben die Tür auf, damit er wieder runterkann.“ „Gut.“

      Tags drauf stand sie heulend auf der Matte, nachdem sie am Briefkasten gewesen war. Ihre Abschlussrechnung war gekommen. Sie durfte 600,- Euro nachzahlen. Das war sicher nicht schön. Aber bei ihr übernahm es doch das Amt. Also warum machte sie sich da eine Platte? „Und was, wenn nicht?“ Sie sollte doch erst mal dort vorstellig werden. Danach konnte sie immer noch heulen. Und außerdem ließen die Stadtwerke mit sich reden. Das ging links rein und rechts raus. An der Stelle wurde ich etwas lauter. Vom Kopf in den Sand stecken, wurde nämlich nichts besser. Und jetzt hatte ich ein bisschen was zu tun.

      Kurz drauf stand sie mit einer Tüte Tangas vor der Tür. „Sind neu. Vielleicht können Sie was davon brauchen.“ Sie würde so was nicht anziehen. Hätte der Dicke gekauft. Ein Mann sollte eigentlich schon wissen, was seine Frau trägt. Er hätte eben gern gekauft, meinte sie. „Aha. … Dann kommen Sie mal rein.“ Ich stopfte ihr schnell eine Zigarette. In der Zeit, wo sie rauchte, sah ich den Beutel durch. In das eine oder andere Ding hätte ein Siebentonner reingepasst. Es war alles an Größen vorrätig. Sie erklärte mir, dass er nur auf rote Schilder geguckt hätte. Und dass er immer alles Mögliche an Sonderangeboten mitgebracht hätte. „Und da spart man oder wie? Wenn man die Hälfte davon nicht gebrauchen kann. Ach was. Hiervon ja gar nichts. Die ziehen Sie ja nicht an, haben Sie mir gerade gesagt.“ Sie guckte etwas betröpfelt. „Also Frau Herfurth. Tut mir leid. Aber da kann zu Ihrem Dicken nicht viel gewesen sein. Außer, dass er das Geld breitgeschleppt hat.“ Sie hätten ja auch keine Ersparnisse. Obwohl er und Sie gut verdient hätten, meinte sie. „Sie müssen doch gemerkt haben, dass der nur Rotz kauft.“ „Na ja.“ Dabei beließ ich es. Die Frau hatte einfach keine Relation zum Geld. Ein paar passende Dinger befanden sich ja in dem Beutel. Ich legte sie zur Seite. „Dann heben Sie die hier auf und schenken sie mir zu Weihnachten. Haben Sie gleich was. Und ich freue mich.“ „Na gut.“

      Nachmittags stand sie mit einer Handtasche vor der Tür. Hätte auch ihr Dicker gekauft. Die war wirklich neu. Das Etikett hing ja noch dran. „Frau Herfurth, was habe ich Ihnen gesagt? Wenn Sie was nicht brauchen können, haben Sie mal ein Geschenk für jemanden.“ „Aber Sie haben mir doch auch schon so viel geholfen.“ Ich wusste nicht, wie ich es rumbringen sollte. Mir wäre einfach manchmal nur lieb gewesen, dass sie das bezahlte, was mit Geld verbunden war. Ich musste nämlich auch rechnen. Und das vielleicht ein bisschen mehr als sie. Wie ich das raushatte, sagte sie: „Aber Sie haben doch einen Mann.“ Die Frau peilte wirklich nichts. „Aber er ist selbstständig.“ „Das war meiner auch. Anfangs lief das Geschäft ja noch gut.“ Und dann kam eine lange Geschichte. Die dahingehend endete, dass er ihr und den Kindern nur Schulden hinterlassen hätte. Ich konnte es nicht mehr hören. „Frau Herfurth, nehmen Sie es mir nicht für übel. Aber ich habe noch zu tun.“ „Ja. … Kann ich da wenigstens Timmy mit hochnehmen?“ Ich stöhnte. „Von mir aus.“

      Kurz drauf stand sie wieder da. Ob Timmy oben schlafen könnte. „Weiß nicht, ob das Rico gefällt. Er sieht seinen Jungen ja so schon kaum.“ Da kam sie mir mit Sally. Unser Hund würde ihr gut tun. „Schlafen tut er doch bestimmt bei Ihnen.“, sprach ich. Sie lachte nur. „Ich sage mal, ja. Wenn Rico hochkommt und anders entscheidet, kann ich es nicht ändern.“ Ich gab ihr noch paar Leckerlis mit. Wie sie auf der halben Treppe war, erinnerte ich sie an meine Ausgaben vom Umzug. Im Moment hätte sie kein Geld, meinte sie und lief weiter. „Haben Sie nicht erst gekriegt?“ Sie konnte doch nicht innerhalb von ein paar Tagen fünfhundert Euro auf den Kopf gestellt haben. Ich bekam keine Antwort. Oben ging die Türe zu.

      Natürlich wunderte sich Rico abends. Weil ihn keiner begrüßte. Also ich schon. Aber nicht unser Hund. „Ist oben.“ Er zog gar nicht erst die Schuhe aus. Ich wartete an der Tür. Zurück kam er allein. Ich guckte etwas erstaunt. „Die schiebt einen Depri.“ Na klar. So ein Hund tat Wunder.

      Wie sie mir anderntags mein Kind zurückbrachte, bat sie um etwas Tabak. Sicher wusste ich, wie das war, wenn man nichts zu rauchen hatte. Bloß wie sollte ich das berechnen, wenn ich ihr den mitgebrachten Becher füllte? Wahrscheinlich bekam ich es eh nicht wieder. Sie betonte, dass sie schon Gassi gewesen wären. Das war ja wohl das Mindeste.

      Nachdem ich ihr was abgefüllt hatte, erzählte sie mir, dass ihr Sohn am Wochenende wiederkäme. Er war nämlich im Heim. „Ist doch schön.“ „Ich hätte ihn gern für immer.“ Das war mir auch klar. „Was das wieder