gv Friedrich

Strandfarben


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Strand vermutet hatte. Sie waren natürlich und passend zum Rest ihres schlanken Körpers. Als sie sich wieder aufsetzte, trafen sich ihre Blicke und ihr Atem. Sie nahm einen Schluck Wein und lächelte ihn an.

       »Wohnst du, ich darf doch du sagen, auch hier im Hotel?« fragte sie ihn. »Ja, ich habe ein schönes Zimmer im vierten Stock, mit Blick auf den Garten. Maximilian, und das Du passt.«

      »Dann lass uns auf das Du anstoßen, Maximilian«, antwortete sie.

      Der Klang der Gläser zerstörte die Ruhe des Wintergartens und er merkte, dass er direkt an ihr klebte, so starr, wie er in ihre Augen schaute. Um sie herum saßen mittlerweile keine Gäste mehr, sie waren alleine. Der Barkellner polierte auf der anderen Seite Gläser, schaute die beiden dabei aber nicht an. Es kribbelte bei ihm, ihm wurde warm und er ertappte sich dabei, dass seine Hände schwitzten, so als hätte er seine erste Verabredung mit einer Frau.

      Er erinnerte sich kurz an seine letzte, längere Beziehung und den ersten Kontakt damals mit Monika. Auch hier waren es die Blicke in ihre blauen Augen gewesen und zugegeben auch der Blick auf ihre durch den Wasserfleck sichtbar gewordene Brust, die ihn dazu verleitet hatten, mit ihr zu schlafen und danach zwei Jahre mit ihr zusammen zu leben. Dinge wiederholen sich immer wieder mit gleichem Rhythmus, dachte er kurz. Wie oft hatte er schon darauf hingewiesen, dass sein Hund eine Sie ist und wie oft hatte Sunshine schon ihren Kopf gehoben und mit ihrem Schwanz gewedelt, wenn sie ihren Namen gehört hatte - und auch die gerade bemerkte Wiederholung zwischen Monika und Sonjas Brustanschauen.

      »Wie geht es dir eigentlich nach diesen Tagen?«

       Seine Frage hallte direkt im Raum. Sie erschrak kurz und die Frage ließ die knisternde Stimmung zerplatzen wie einen Luftballon. Er ärgerte sich über seine Frage. Sie aber baute die Stimmung sofort wieder auf. Sie nahm seine Hand in ihre Hände, rückte näher zu ihm hin und antwortete mit einer seltsam ruhigen Stimme: »Ich sehe nicht jeden Tag eine Tote. Und bestimmt auch keine abgebissenen Finger. Ich wollte direkt nach den Ereignissen am Strand einfach abhauen, abreisen, nicht mehr daran denken. Dann aber musste ich ja die Fragen der Polizei beantworten und ein Psychologe hat mit mir gesprochen. Ich hatte mich dann den Rest des Tages auf mein Zimmer verzogen und aufs Meer gestarrt, bis ich eingeschlafen war. Heute ging es mir den ganzen Tag nicht anders. Am Nachmittag ist mir dann die Decke auf den Kopf gefallen und nach einem angenehm langen Bad hatte ich für mich beschlossen, runter an die Bar zu gehen. Die Beruhigungstabletten, die ich seit gestern geschluckt habe, und der Prosecco heute halfen mir dabei, ruhiger zu werden und jetzt, wo ich hier neben dir sitze und deine Hand halten kann, sind die letzten Tage mit ihren schrecklichen Ereignissen fast vergessen. Ich will auch jetzt im Moment nicht mehr daran denken.«

      Sie nahm einen kräftigen Schluck Wein und lehnte sich zurück in ihren Sessel, so, als wenn sie ihr Gewissen erleichtert hätte und damit zufrieden war.

      »Mich friert etwas«, sagte sie dann weiter. »Lass uns den Rest vom Wein nehmen, auf mein Zimmer gehen. Dann kann ich mir eine Decke rüber legen und wir können aufs Meer schauen und weiter reden. Unsere Hunde werden sich sicher auch verstehen. Komm«, sagte sie direkt auffordernd und fast forsch, während sie aufstand, die zwei Weingläser und die Flasche in die Hand nahm und vorausging. Mit einem Blick zu Maximilian verstärkte sie ihr Vorhaben und ohne von ihm eine Antwort abzuwarten ging sie in Richtung Lift. Er stiefelte ihr nach bis zum Lift und auch Sunshine folgte den beiden schleichend. Sie hatte schon mit einem Drücken auf den Nach-unten-Knopf den Lift geholt, der sich soeben öffnete.

      »Gib mir noch eine Viertelstunde Zeit«, sagte er »ich muss zuerst mit Sunshine noch mal raus.«

      »Dann nimm doch bitte meinen Hund gleich mit«, sagte sie zu ihm und zog ihn und Sunshine in den Lift herein, der dann in den siebten Stock fuhr. »Ich möchte nicht mehr nach draußen gehen und während du mit unseren Lieblingen noch mal Gassi gehst, kann ich mich aufwärmen. Geht das in Ordnung?«

      Sie waren vor ihrem Zimmer angekommen. Sie steckte die Keycard in den Schlitz. Von innen hörte man ein leichtes Bellen und an der Tür das Kratzen von ihrem Hund Body. Als die Tür offen war, beschnupperten sich die zwei auf dem Gang. Rüde und Hündin, das geht meistens gut, dachte Maximilian. Er ging nicht hinein in ihr Zimmer, sondern wartete auf dem Gang. Sie brachte ihm die Hundeleine, lächelte, hauchte ein Danke und drückte ihm auch die Keycard in die Hand. Sie blieb in der Tür stehen, bis die drei im Aufzug waren, um nach unten zu fahren. Auf dem Weg nach unten dachte Maximilian über die letzten Stunden nach und darüber, wie schnell sich doch die Lebensbahn verändern kann. Hatte er die ersten Tage jeden Urlaubstag genossen, wurde die Urlaubsfreude durch den Totenfund jäh zerstört.

      Die Fotos, die er von der Toten gemacht hatte, die ihn außergewöhnlich stark aus der Ruhe gebracht hatten, wo er doch sonst, auch bei schwierigen Aufträgen und erschütternden Fotos, eher stimmungslos arbeiten konnte.

      Das Treffen mit Manfred, den er lange nicht gesehen hatte und nun durch diesen Zufall mit ihm das erste Mal zusammen arbeiten würde und in diesem Augenblick mit zwei Hunden in Richtung Strand Gassi ging.

      Vor allem aber durch eine tolle Frau, die im siebten Stock auf ihn wartete und damit die Urlaubsstimmung zurück brachte. Und er freute sich schon jetzt auf den Rest des Abends.

      Seine Gedanken waren wohl typisch männliche Gedanken, denn er malte sich eben diesen restlichen Abend mit Sonja aus. Waren die Signale nicht eindeutig gewesen? Der erste Blick an der Bar, das Rüberkommen, nachdem Manfred gegangen war, ihr Blick in seine Augen, das Handhalten, ihr Runterbeugen mit der offenen Bluse und dem Blick auf ihre Brüste, der Vorwand, dass sie friere und sie lieber aufs Zimmer gehen würde und letztlich das Gassigehen mit den Hunden, um sich dann fertig zu machen für diesen Abend.

      Sunshine war als erste an den Strand gelaufen, der jetzt menschenleer war. Sie freute sich immer, wenn man sie ohne Leine laufen ließ, aber nur, wenn sie es wollte. Ebenso gab es viele Situationen, wo sie einfach stehen blieb und darauf wartete, angeleint zu werden, um dann mit ausgezogener Leine voraus zu laufen. Bei Body hatte er Sonja zu fragen vergessen, ob er ohne Leine wieder zu ihm herkommen oder eher seine erlangte Freiheit nutzen und weglaufen würde. Er wusste es, nachdem er Body von der Leine nahm.

      Er lief weg. Aus diesem Grund wurde aus dem Gassigehen fast eine halbe Stunde, was Maximilian ärgerte, wäre er doch lieber im siebten Stock auf der Couch gesessen. So aber hatte er einiges zu tun, um beide Hunde, die sich am Strand hin und her jagten, wieder an der Leine zu haben. Dann aber waren sie doch noch zurück zum Hotel gelangt. Etwas müde trotteten die beiden Hunde hinter ihm her in Richtung Aufzug. Mit jeder erreichten Etage schlug sein Herz unmittelbar schneller und er wurde zunehmend nervöser.

      Mit seiner Freude auf Sonja wuchsen auch leichte Bedenken, kannten sie sich doch erst seit wenigen Stunden. Mit dem Gong, der signalisierte, dass er im siebten Stock angekommen war und sich gleich die Aufzugtür öffnen würde, wischte er alle Zweifel weg, dachte noch mal an seine letzte Beziehung, bei der es auch so schnell gefunkt hatte und sie nach kürzester Zeit im Bett waren und auch daran, dass es wohl bei ihm Fügung war.

      Er beließ es dabei. Zitternd steckte Maximilian die Keycard ins Öffnungssystem der Suite 706. Erst jetzt sah er das Messingschild an der Seite, Suite 706 – Zeringerhaffer Meerblick. Die Tür ging leise auf und rutschte sachte über den hochflorigen Teppich. Im Spiegel, der über zwei Meter hoch und über einen Meter breit neben der Tür angebracht war, sah er in den Wohnraum, der nur durch eine dezentes Stehlampenlicht erhellt wurde, was eine ruhige und angenehme Atmosphäre verursachte und er sah zwei Meter weiter am Boden liegend Sonjas Bluse, die Jeans, Socken und ihre Schuhe auf einem Haufen, so wie man Klamotten hinwirft, die man schnell ausgezogen hat.

      Er musste grinsen. Am Fenster stand die Couch, nein, sie thronte mitten im Zimmer als wuchtige weiße Ledercouch umgeben von zwei ebenfalls weißen Ledersesseln. Diese Couch verschluckte den restlichen Raum. Er sah Sonja nicht, wollte aber auch nicht rufen. Er ging hinein ins Zimmer und sein Blick ging weiter im Raum umher. Die Suite war groß und es waren mehrere Zimmer, denn links und rechts war je eine Tür, beide geschlossen. Er hörte ein leises Atmen in der Stille des Raumes und dann sah er Sonja. Sie lag entspannt und in eine