gv Friedrich

Strandfarben


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als wenn man Möbelstücke für einen längeren Urlaub abdecken würde, dass diese nicht verstauben. Er gab der grauen Bahre einen kleinen Schubs und sie verschwand im Dunkel des Kühlfaches. Der junge Arzt drückte die Türe restlos zu und fuhr mit dem leeren Chromtisch zur Mitte des Raumes über einen runden großen Abfluss, der auf dem Fliesenboden wie ein grau-schwarzes Auffangbecken aussah und so riesig hervorlugte, dass er alles das aufnehmen könnte, was an Flüssigkeiten von oben in seinen Abflussschlund geschoben wurde.

      Daniel nahm einen blauen Schlauch mit Duschkopf von einer Wandrolle, drückte auf einen grünen Knopf, der unter der Wandrolle angebracht war und das automatische Mischsystem begann mit leisem Surren das Reinigungsmittel mit klarem Wasser und Desinfektionspulver zu mischen. Die Mischung verteilte sich auf der Tischoberfläche und der Schaum ergoss sich an den Seiten heruntertropfend auf dem Boden. Der Assistenzarzt hatte sich grüne, lange Gummihandschuhe angezogen, die bis zu seinen Oberarmen reichten und bürstete den restlichen Schaum mit einer Wurzelbürste vom Tisch ab. Mit großen Lappen wischte er danach den Tisch trocken, schob ihn beiseite, nahm einen Gummischaber und gab dem Abflussschlund den Rest der am Boden haftenden Reinigungs- und Desinfektionsmittel und des restlichen, jetzt grau und dreckig wirkenden Wassers.

      Manfred und Maximilian verabschiedeten sich und gingen zum Ausgang nach draußen, wo die Sonne schien und ihnen die Wärme mit voller Wucht entgegendrückte, aber dadurch auch die Wärme zurückbrachte, die sie im Pathologiekeller verloren hatten. Sie waren froh über das gute Wetter und fuhren nicht gleich zurück zur Zentrale, sondern zum Hafen, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Sie schlenderten über die breite Uferpromenade an urigen Kneipen vorbei, die für viele Besucher ein touristisches Kleinod darstellen. Neben den vielen Spaziergängern, Hundeliebhabern und Fahrradfahrern traf man auch auf Jogger und Kubbspieler. Die beiden gingen über die Hafenterrassen zum Museumshafen, an dem alte Schiffe Fernweh aufkommen ließen. An die Hansezeit erinnerten die historischen Speicher, die in heute neuem Glanz erstrahlten. Geschäfte, Restaurants und Cafés bildeten einen schönen Abschluss und luden zur Einkehr ein.

      Und so saßen die Freunde auch schnell bei einer guten Tasse Kaffee mit schönem Blick über den Hafen. Maximilian erklärte seinem Freund, dass im Rostocker Hafen im Jahr an die 8000 Schiffe anlegen, zwei Millionen Fährpassagiere von hier ablegen und Rostock einer der wichtigsten Kreuzfahrtschiffshäfen in Deutschland ist. Er freute sich über sein Wissen, welches er durch den Besuch der Hanse Sail bekommen hatte. Für beide war dieser Nachmittag eine dankbare Abwechslung und nachdem sie bezahlt hatten, gönnten sie sich noch einen kurzen Abstecher in die erste Fußgängerzone der alten, ehrwürdigen DDR, die damals auch die einzige autofreie Straße war. Bis 1967 fuhr noch eine Straßenbahn durch die Kröpeliner Straße, danach wurde sie zu einem Fußgängerboulevard umgebaut. Auch hier findet der Besucher barocke und klassizistische Giebelhäuser. Die eher reichen Bewohner passten ihre Häuser immer wieder dem jeweiligen Zeitgeschmack und der jeweiligen Epoche an. Die Grundsubstanz stammte bei vielen Häusern noch aus dem Mittelalter. Einige Häuser waren aber auch Neubauten, deren Fassaden originalgetreu wieder aufgebaut wurden. Einige Restaurants, Bistros und Straßencafés stellten in den Sommermonaten ihre Tische und Stühle auf die Straße und Straßenmusiker belebten die oft überfüllten Lokale mit Musik.

      Viel zu spät, aber aufgewärmt und zufrieden fuhren sie anschließend zurück zu ihrer Arbeit.

      Der Campingplatz war immer noch gut besucht. Man konnte feststellen, dass der Strom der Wohnwagen, Wohnmobile und Zelte nicht abriss. Tageweise musste der Platz schon in den frühen Nachmittagsstunden wegen voller Belegung gesperrt werden. Wie schnell man doch zum Alltäglichen zurückkehrt. Es war nichts davon zu spüren, dass hier noch vor wenigen Tagen eine Tote gefunden wurde, nur die rot-weiße Absperrung hinter dem Campingplatzzaun deutete noch darauf hin und die Absperrung am Strand, der den ganzen Tag über von keinem Urlauber besucht wurde.

      Kapitel 6 Sonja und Maximilian

      Manfred und Maximilian unterhielten sich beim zweiten Bier noch über diese und jene Belanglosigkeit, was bei Manfred immer öfter in einem Gähnen endete, während Maximilian immer noch hinüber an die Bar starrte.

       »Ist das nicht die Frau, die mit dem Hund, der die Leiche gefunden hat?« stupste Manfred Maximilian fragend an, als beide einige Minuten Schweigen hinter sich hatten.

      »Ja, das ist sie«, antwortete dieser kurz. »Sie hat sich wohl wieder gefangen. Es muss ein Schock für sie gewesen sein.«

       »Ich werde sie morgen als Zeugin befragen, wie alle anderen vom Strand. Ihre Schwester ist schon vorgestern abgereist, hatte Termine. Darum gehe ich jetzt ins Bett, muss früh raus und es wird ein langer Tag für mich.«

      Manfred stand nach diesem Satz auf, schlug Maximilian auf die Schulter, beugte sich zu ihm herunter und flüsterte noch in sein Ohr:

      »So wie du an die Bar starrst, hab ich wohl eh nichts mehr zu melden, also dann greif mal an, hübsch ist sie ja und nicht verdächtigt.« Damit ging er in Richtung Lift, um im gleichen Augenblick darin zu verschwinden. Im dritten Stock hielt der Lift an, was deutlich an der aufleuchtenden Zahl zu sehen war.

      Jake Russel Bodys Frauchen stand also immer noch an der Bar. In ihrer Kleidung sah sie genauso attraktiv aus wie in den letzten Tagen in ihrem String am Strand. Sie wirkte nach wie vor ruhig und zufrieden. Wo sie wohl ihren Hund gelassen hatte? Sie trank immer noch Sekt und aß dazu die Erdnüsse, die auf der Bar standen und den Gästen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, nicht ohne dem Hintergedanken, dass Salziges mehr Durst auslöst. Der Barkellner hatte nicht viel zu tun und konnte sich intensiver um die wenigen Gäste kümmern. Besonders um Bodys Frauchen, das fiel auf. Er sprach mit ihr, wobei er ein immer andauerndes, gelerntes Lächeln aufsetzte.

      Sie ließ sich davon nicht beeindrucken, lächelte aber freundlich, wenn auch kurz, zurück. Dann trafen sich die Blicke zwischen ihr und Maximilian zum zweiten Mal an diesem Abend. Sie rutschte von ihrem Barhocker, nahm ihr Sektglas in die Hand und schritt langsam und mit einem Modelhüftschwung auf ihn zu.

       »Hallo, waren Sie nicht gestern am Strand und haben die Fotos der Leiche gemacht?« fragte sie Maximilian ohne Umschweife.

      »Ja, das war ich, Hansen, ich heiße Hansen.«

      »Sonja, wollen wir was trinken?« Sie hatte ein besonderes Lächeln. Ihre weißen Zähne blinkten, die vollen roten Lippen brauchten keinen Stift zur Unterstützung und auf ihrer linken Wange entstand ein süßes, kleines Grübchen. Maximilian folgte ihr in Richtung der äußeren Sitzreihe im angeschlossenen Wintergarten, der nach draußen hin offen stand und genügend angenehmen Wind von der Meerseite in sich aufnahm. Es war längst dunkel, aber das Lichtspiel der Hotelanlage ließ es draußen angenehm hell erscheinen.

      Der Kellner hatte sie beobachtet und war ihr hinterhergegangen in der Hoffnung, noch eine Bestellung zu bekommen. Diesmal wählte Maximilian kein Bier mehr, sondern eine gute Flasche Wein mit zwei Gläsern aus, die der Barkellner schnell servierte und professionell eingoss. »Prost, auf einen besseren Abend«, sagte Sonja. Die Gläser hatten einen guten Klang beim Zuprosten. »Wo haben Sie Ihren Hund gelassen?« fragte er Sonja, um das Gespräch zu beginnen.

      »Auf meinem Zimmer«, antwortete sie. »Und Ihrer? Schläft er immer und überall?«

      »Er ist eine Sie, Sunshine, schläft sehr viel, liegt wohl an ihrem Wesen und an ihrer Art, oder auch am Alter.« Sunshine bekam wohl mit, dass die beiden über sie redeten, denn sie hob ihren Kopf an und schaute zu ihnen hoch, wie immer wieder schwanzwedelnd. Sonja rutschte in ihrem Sessel nach vorne und bückte sich hinunter zu Sunshine, um den Hund zu streicheln. Beim Bücken öffnete sich ihre beige Bluse, die sie bis zum Brustansatz aufgeknöpft trug, leicht und er konnte einen ersten kurzen aber intensiven Blick erhaschen. Sie trug keinen BH und so war der Blick auf ihre wohlgeformten Brüste frei von Stoff. Sie hatte wohl bemerkt, dass er in ihre Bluse starrte und sie nutzte es aus, indem sie länger in ihrer Stellung innehielt. Er musste leicht grinsen, fielen ihm die letzten Tage am Strand ein, wo alle Männer und auch er ihre Brüste immer nur von der Ferne hatten anschauen können und er, nachdem sie ihre Muschelöffnung richtig hingestellt hatte, zum zweiten Mal das Privileg bekam, jetzt ihre Brüste so nah sehen zu können