erhob sich sofort. Mit strahlendem Lächeln ging er auf die Freunde zu.
»Ihr seid spät. Aber nicht zu spät.«
Herzlich umarmte er Felia und erwiderte Svens festen Händedruck. Caroline war sitzen geblieben. Sven beugte sich über sie. Flüchtig küsste er ihre Wange.
»Ich befürchtete schon … Himmel, Felia, bist du chic. Du stichst mich aus. Und das an meinem Hochzeitstag!«
»Nicht so laut, Caroline«, dämpfte Adrian ihren Ausbruch. »Außerdem ist es unser Hochzeitstag, nicht nur deiner. In der Tat Felia, das Kleid ist eine Wucht.«
»Gefällt es dir wirklich? Mein lieber Mann hat es gar nicht wahrgenommen.«
Betroffen starrte Sven seine Frau an. Tatsächlich. Er hatte ihr vorhin in den Mantel geholfen und nicht darauf geachtet, was sie anhatte. Nun nahm er das schmale schwarze Kleid, das bunte Seidentuch über ihrer linken Schulter bewusst wahr. Den Ausschnitt fand er gewagt. Betont langsam wandte er den Blick zu Caroline, die die Szene offensichtlich genoss.
»Na, dein Kleid finde ich mindestens ebenso schick. Bei der Figur.«
Lachend winkte die Freundin ab.
»Die kostet mich eine Menge Geld, diese Figur. Letzte Woche erst bin ich aus Lisas Wellness-Tempel zurückgekommen …« Caroline war in ihrem Element. Felia heuchelte Interesse, während ihre Gedanken spazieren gingen. Sven ignorierte sie.
Die beiden Männer sahen sich mit spöttischem Grinsen an. Dann vertieften sie sich in die Speisekarten. Beide entschieden sich für Fisch und einen leichten Grauen Burgunder. Gesprächsfetzen flogen an ihm vorbei, während Sven an seinem Aperitif nippte. Carolines helles und Felias dunkles Lachen vermischten sich. Er schwieg beharrlich.
»Was ist mit dir, Sven, du wirkst so abwesend?«
»Nichts ist mit mir, Adrian. Entschuldige, ich war mit meinen Gedanken bei einer Sache im Büro. Ich bin schon wieder voll hier. Wie geht es mit deiner Praxis?«, lenkte er von sich ab.
»Stress. Stress wie immer. Aber der Rubel rollt. Seit dem Ersten habe ich eine neue Sekretärin. Sieht gut aus, die Kleine. Und tüchtig scheint sie auch zu sein.«
»Hoffentlich nur am PC«, warf Caroline ein.
»Schätzchen, du weißt doch, dass mein Personal für mich tabu ist.«
Adrian küsste seine Frau auf die Wange. Sie lächelten sich an. Sven registrierte aus den Augenwinkeln, dass ihm Felia einen schnellen Blick zuwarf. Er wollte sie jetzt nicht anschauen. Während des Essens flirteten Adrian und Caroline wie jung Verliebte. Sven konzentrierte sich auf seinen Zander, als könne der ihm plötzlich davonschwimmen. Den Wein trank er viel zu hastig. An der Unterhaltung der drei beteiligte er sich kaum. Felia wurde Svens Schweigen peinlich. Immer wieder versuchte sie, ihn mit kurzen Bemerkungen in die Gespräche einzubeziehen. Es gelang ihr nicht. Fast atmete sie auf, als sie bei Espresso angelangt waren und Caroline vorschlug:
»Ich würde jetzt gern noch irgendwo anders hingehen. Kennt ihr schon die Bar, die vor vier Wochen in der Altstadt neu eröffnet hat? Schummriges Licht, leise Musik, einen exotischen Drink.«
Adrian, der seiner Frau keinen Wunsch abschlagen mochte, stimmte der Idee sofort zu. Sven winkte ab.
»Ohne uns. Mir reicht es für heute. Feiert ihr zwei Turteltauben nur allein weiter.«
Trotz stieg in Felia hoch. Plötzlich wollte sie sich amüsieren.
»Warum nicht. Kurz können wir noch mitkommen. Ich war noch nicht da«, ging sie einfach über die Absage ihres Mannes hinweg.
Sven versuchte gar nicht, seine Irritation zu verbergen.
»Wir haben heute keinen Hochzeitstag«, erklärte er bissig.
Felia sah ihn an, sagte nichts weiter. In ihrem Blick lag eine solche Entschiedenheit, dass ihr Mann endlich seufzend erklärte:
»Von mir aus.« Begeistert klang er nicht.
Als Adrian die Rechnung unterzeichnete, wurde ihm bewusst, dass sie alle reichlich getrunken hatten und eigentlich keiner mehr fahren sollte. Es wird schon nichts passieren, beruhigte er sich selbst. Als er und Caroline zu ihrem Auto gingen, hörte er Felias Stimme. Leise, aber in schneidendem Ton:
»Ich fahre! Du hast wieder zu viel getrunken. Du musstest ja schon zu Hause anfangen.«
Wortlos ging Sven zur Beifahrertür.
»Sie hat recht«, flüsterte Caroline ihrem Mann zu. »Er hatte schon eine Fahne als er hier ankam. In letzter Zeit trinkt er wirklich reichlich.«
»Das geht uns nichts an. Halte du dich da raus«, warnte Adrian.
Die neue, angesagte Bar war gut besucht. Dennoch fanden sie Platz.
»Champagner!«, verlangte Caroline. Ihre Stimme war zu laut und zu schrill.
»Den hätten wir auch im Knechthausen trinken können«, murmelte Sven.
»Was du willst, mein Schatz«, stimmte Adrian zu.
Als der Barpianist einen leisen, langsamen Song anstimmte, sprang Caroline auf.
»Komm, Schatz, ich möchte tanzen.«
»Das ist nur Unterhaltungsmusik, keine Tanzmusik, Liebling.«
Caroline ließ sich nicht abweisen. Seufzend folgte ihr Mann in den schmalen Durchgang Richtung sanitäre Anlagen. Der einzige Platz, um auf der Stelle zu tanzen.
Schweigend blieben Felia und Sven zurück. Der Kellner servierte den Champagner. Aufmerksam beobachte Sven jede seiner Bewegungen. Als der Ober den Tisch verlassen hatte, fuhr Felia ihren Mann an:
»Du bist unmöglich heute Abend. Wenn dir unsere Gesellschaft nicht passt, hättest du wirklich besser zu Hause bleiben sollen. Was haben wir dir nur getan?«
Er konnte ihre Frage nicht beantworten. Also schwieg er. Felia wurde noch wütender.
»Ich habe es satt. Herr Ober, bitte rufen Sie mir ein Taxi.« Der Angesprochene reagierte nicht, hatte ihre Bitte offenbar nicht gehört.
»Was soll der Quatsch?« Svens Tonfall klang schroff und wütend. »Du wolltest hier her. Nun bleiben wir auch.«
Als er ihren zornigen Blick sah, lenkte er endlich ein.
»Entschuldige, ich hatte einen harten Tag heute.«
»Ganz was Neues«, murmelte Felia. Eng umschlungen kehrten Caroline und Adrian zum Tisch zurück.
»Ist was?«
Caroline blickte stirnrunzelnd auf ihre Freunde.
»Ich fahre heim. Adrian, ruf mir bitte ein Taxi.«
»Felia! Nun sei kein Spielverderber.«
Sven lachte gezwungen.
»Wir gehen alle in Kürze. Gleich nach dieser Flasche«, versprach Adrian. Felia ließ sich auf keine Diskussionen mehr ein. Sven, der die Wirkung des Alkohols allmählich spürte, reagierte mit stoischem Schweigen. Felia schnappte sich ihre Tasche und verließ grußlos den Tisch. Ihr Glas hatte sie nicht angerührt. Adrian folgte ihr zum Ausgang, holte ihren Mantel und versuchte gleichzeitig, sie zum Bleiben zu bewegen. Felia blieb stur.
Als sie auf der Straße stand, überlegte sie nicht lange. Thorsten. Sie dachte an die eine Nacht. Nein, nicht zu Thorsten. Mit schnellen Schritten lief sie zum Taxistand am Pferdemarkt und nannte kurz darauf dem Fahrer die Anschrift ihres Hauses.
Als Adrian und Felia außer Hörweite waren, stellte Caroline Sven zur Rede.
»Also weißt du, du benimmst dich unmöglich. Was ist nur los mit dir?«
»Lass mich einfach in Ruhe, ja?«, motzte er zurück. Sie sprachen kein weiteres Wort, bis Adrian zurückkehrte.
»Na, das war ja ein schöner Abend. Wirklich