Ruth Broucq

Ist der Ruf erst ruiniert...


Скачать книгу

ich schon so auf dem Trockenen dass ich nix mehr zu beißen hätte. Und mit der Wohnung werde ich wohl am besten zu der Genossenschaft gehen, in Privathäusern sind die einfach zu teuer. Das pack ich nicht. Ich weiß ja nicht wie es finanziell weitergeht. Ich werde auch vorläufig gewerblich nichts mehr machen. Jetzt macht mir nämlich plötzlich die Frau von meinem Vermieter Probleme. So doof und unbeholfen wie der Schröder behauptet, scheint seine Olle doch nicht zu sein. Aber an mir beißt die Tussi sich die Zähne aus. Hab ihr geschrieben, dass es von mir kein Geld gibt, bis ich zumindest die Materialkosten von der Renovierung zurück habe und dass es bei mir in naher Zukunft nichts zu holen geben wird! Das wollen wir doch mal sehen, ob ich mein Recht kriege oder nicht!“

      „Sieh zu dass du da raus kommst. Recht oder nicht. Die Wohnung ist zu teuer, jeder Monat den du sparst ist ein Gewinn. Auch wenn du momentan die Miete nicht zahlst, du weißt nicht wie die Sache ausgeht. Nimm dir besser einen Anwalt, den musst du doch nicht bezahlen, in deiner Situation kriegst du doch Prozesskostenhilfe.“ Riet sie mir sachkundig. „ Und wenn du Hilfe brauchst, für Essen und Trinken, du weißt ja, dass ich jederzeit für dich da bin. Verhungern wirst du sicher nicht. Und wenn irgendetwas anderes wichtiges anfällt, wenn du Geld für deinen Umzug brauchst, ich kann notfalls meinen Schmuck in die Pfanne bringen, schäm dich nicht mir bescheid zu sagen.“ Versicherte sie nachdrücklich.

      „Danke Maus, das weiß ich doch. Aber das ist derzeit nicht nötig. Ich habe noch ein paar Euro und ein bisschen kommt ja auch durch die Kunden rein. Das muss doch jetzt besser werden. Danke für dein Angebot. Aber ich denke ich schaffe das schon alleine.“ Erwiderte ich und versuchte meine Rührung zu verbergen.

      Den ganzen Dienstag verbrachte ich im Netz mit meinen beiden Werbeforen. Wobei miete-mich eine bescheidene Resonanz aufwies, aber bei vögeln.de eine Flut von Anfragen auf mich einstürmte.

      Ich war fast ärgerlich als es mittags klingelte. Oh Schreck- mein Termin!

      Norbert war ein älterer sehr schüchterner Mann, dessen Gesicht mir nicht bekannt war. Er war offensichtlich kein Puff-Gänger, denn ich musste ihn leiten und anweisen, was ich als anstrengender empfand als selbstbewusste sachkundige Kunden die mehr wollten als ich zu geben bereit war. Er traute sich kaum mich anzufassen, was den Vorteil hatte, das er ruhig auf dem Rücken liegen blieb, mich nicht bedrängte. Nachteilig war, das ich nicht erfuhr was er gerne hatte und was nicht. Also versuchte ich, im Schweiße meines Angesichtes, mit Händen und Mund den schlaffen Penis des Mannes zum Leben zu erwecken. Vergeblich. Nach einer Weile gab ich auf. Er auch. Bevor er ging versicherte er, dass das nicht mein Verschulden sei, er sei einfach zu nervös gewesen.

      Den werde ich nicht wiedersehen. Aber egal, einhundert im Täschchen, was kann ich dafür, dass der Kerl keinen hoch kriegt? Geackert hab ich ja genug. Dachte ich, als er gegangen war.

      Als Rabea anrief und fragte, ob ich mit ihr zum einkaufen fahren wolle, reagierte ich ablehnend: „Doch nicht jetzt, während der Geschäftszeit, Maus. Wir können gerne heute Abend einkaufen gehen, nach sieben Uhr.“

      „Du mit deiner blöden Geschäftszeit. Ich finde das albern, dass du die einhalten willst. Du hast das Geschäft abgemeldet, das gibt es nicht mehr!“ sagte sie verständnislos.

      Leicht säuerlich erklärte ich ihr: „Was denkst du eigentlich warum ich hier sitze? Weil es mir Spaß macht? Nee! Weil ich Geld brauche und schließlich schon einige Kunden hier waren. Und die kennen ja die Öffnungszeiten von Montags bis Freitags von 11 bis 19 Uhr und darum werde ich die auch einhalten. Außerdem steht das so auch in meiner neuen Internet-Werbung. Deshalb kann ich jetzt gar nicht mehr weg, in dieser Zeit. Lach da nicht drüber sondern akzeptiere das endlich! Und was noch dazu kommt, der Holger müsste eigentlich bald wieder hier erscheinen, dann möchte ich auf jeden Fall hier sein. Okay?“

      „Reg dich nicht gleich auf. Ist ja in Ordnung, wie du meinst, auch wenn ich das als Blödsinn ansehe. Und dass du dir den Holger noch nicht abgeschminkt hast, versteh ich schon mal gar nicht. Na ja, das ist deine Sache. Mach wie du denkst. Aber so spät möchte ich mit der Kleinen nicht einkaufen gehen, dann mach ich das jetzt alleine. Kommst du denn heute Abend zu uns? Soll ich dich abholen? Kannst ja bei uns schlafen. Es reicht schließlich wenn du den ganzen Tag alleine bist. Ja?“ schlug sie vor.

      „Das weiß ich noch nicht. Vielleicht, ich kann ja auch mit dem Bus kommen. Kein Problem. Aber ich will auch morgen früh endlich mal zum Arzt, der Knoten in meiner Hand wird immer größer und tut mir auch bei jeder Berührung weh. Also ich weiß es noch nicht. Wir telefonieren später noch mal.“ Kannte sie mich so wenig oder war ihr meine Einstellung so unwichtig? Verärgert dass ich meiner Tochter erneut meinen Standpunkt verdeutlichen musste beendete ich das Gespräch, denn ich wollte mich wieder meinem vögeln- Profil zuwenden. Ich fand es amüsant.

      Vier Stunden später fiel mir auf das ich die Zeit total vergessen hatte. Hätte sich nicht der Hunger mahnend und nagend bemerkbar gemacht, wäre ich vermutlich bis zum umfallen beim Chatten und Mailen geblieben.

      Allerdings stellte ich ebenfalls fest, dass es bereits nach 21 Uhr war und somit zu spät noch zu Rabea zu fahren. Als ich sie anrief um ihr mitzuteilen dass ich zu Hause bleiben wolle, maulte sie: „Das hättest du mir wenigstens mal früher sagen können. Ich hatte extra was gekocht. Pass bloß auf das du dich da oben nicht eingräbst. Ich verstehe nicht was du da den ganzen Tag machst. Ist das nicht tierisch langweilig, so alleine?“ wunderte sie sich.

      „Ich will eh morgen ganz früh zum Arzt, also ist es sinnvoller hier zu bleiben. Und langweilig ist mir nicht mehr, ich bin richtig fasziniert von vögeln.de. Total lustig was man da für Leute findet. Geil. Kann ich mich stundenlang mit beschäftigen. Aber das müsstest du doch am besten wissen. Du chattest doch auch ständig mit deinen Freunden bei Facebook. Du weißt doch wie spannend das ist.“ Erzählte ich begeistert.

      Rabea widersprach mir energisch: „Aber das ist doch ganz etwas anderes, Mama. Das kann man doch nicht vergleichen mit den Wichern die sich bei vögeln tummeln. Nee, also so was Abartiges ist nichts für mich. Dich versteh ich nicht, dass du so etwas gut findest. Nee!“

      „Quatsch, Bea! Die Leute bei vögeln sind nur ehrlich, nicht abartig! Nicht nur ich, auch du hast das doch selbst erlebt, das die Penner, die bei den Partner-Börsen angeblich eine seriöse Beziehung oder Lebensgefährten suchen auch nur ans bumsen denken. Nee hier bei vögeln da geht es ums bumsen, klar. Aber das ist jedem bewusst der sich da einlogt. Ich finde das korrekter!“ sagte ich meine Meinung.

      Wir wurden uns wieder einmal nicht einig.

      Der nächste Tag war Michael-Tag, Mittwoch. Ich dachte bereits beim Aufwachen mit Schrecken daran. Das sorgte bereits in aller Frühe für schlechte Laune. Schnell machte ich mich auf den Weg zu meinem Arzt, der nach Begutachtung des Knotens in meiner Handinnenfläche lediglich eine Überweisung zum Chirurgen ausstellte, was ich auch nicht anders erwartet hatte. Was sollte ein Allgemeinmediziner sonst machen?

      Er riet mir noch eindringlich die Sache nicht auf die lange Bank zu schieben, da man nicht wisse was es sei. Lustig. So schlau war ich selbst. Natürlich würde ich gleich am nächsten Morgen dort hingehen. Allerdings machte mir dass keine Sorge, es war nur sinnvoll schnellstens zu entfernen.

      Tja Mädchen, das Alter! Da hat man so seine Wehwehchen. Vor ein paar Monaten der Knoten am Unterkiefer. Gott sei Dank harmlos, aber ein kleiner operativer Eingriff. War ne schnelle Geschichte. Jetzt in der Hand. Wird sicher auch nix schlimmes sein, aber wieder was Neues. Auch wenn du das nicht wahrhaben willst, aber im Kopf bist du jung und knackig- wirklich bist du ne Omi! Hi hi, wenn das so mancher Freier wüsste. dachte ich und musste laut lachen. Die Leute sahen mich erstaunt an, denn ich ging in diesem Moment durch die belebte Fußgängerzone der City.

      Mit frischen Brötchen und einem dicken Stück Torte ausgerüstet kam ich heim und beruhigte mal erst meinen leeren knurrenden Magen.

      Kurz nach dem Frühstück wurde ich angenehm überrascht. Berni meldete sich telefonisch für mittags an.

      Sofort hellte sich meine Stimmung wieder auf. Der Mann war angenehm, und da er noch vor Michael kommen wollte, würde es mir leichter fallen, anschließend den komischen Trockenspritzer zu ertragen.

      Aber ich sollte eine Überraschung