Ruth Broucq

Ist der Ruf erst ruiniert...


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hatte ich eben gedacht? Meinen Liebhaber? War Marius das? Sicher! Was sonst? Ein zahlender Kunde war er nicht, also hatte ich jetzt einen Lover. Im Rentenalter, nach Jahren eine neue Liebe? Ein neues Glück? Ja, tatsächlich, Marius gab mir ein ganz neues, wirklich befriedigendes Liebesglück. Über diesen Gedanken schmunzelte ich noch als der Mann schon lange weg war.

      Eifersucht

      Ich hatte eben mein Morgenstyling fertig als meine beiden Mädels klingelten. „Guten Morgen Omi. Wir wollen einkaufen gehen. Gehst du mit?“ fragte meine Tochter lachend und die kleine Rubina bekräftigte: „Ja, Omi, komm, einkaufen gehen.“

      Wie immer, wenn wir durch die City bummelten, landeten wir bei Family und ich kaufte einige Anziehsachen für die Kleine. Nachdem wir alle Einkäufe erledigt hatten, war es an der Zeit für Rubinas Mittagsschlaf. Wir entschlossen uns, während dieser Zeit in meiner Wohnung fernzusehen. Als die Süße schlief, Rabea und ich in der Wartezeit gemütlich Kaffee tranken, kam Darkan überraschend zu Besuch.

      Weil er in der Nähe an einem türkischen Cafe beteiligt war, besuchte er mich ab und zu auf einen Sprung und dabei half er mir hin und wieder, wenn ich kleinere Reparaturen in der Wohnung zu machen hatte.

      Bei der Begrüßung ergriff ich gleich die Gelegenheit, bat ihn: „Darki, du kommst mir wie gerufen. Ja, guck mich nicht so genervt an. Ist nur eine Kleinigkeit!“ lachte ich als ich seinen ablehnenden Blick sah. „Ich möchte gerne das Messingbett wieder ins Romantikzimmer stellen, kannst du mir helfen es aus dem Keller zu holen und aufzubauen? Siehst du, ist nichts langwieriges, oder?“

      „ Nee, ist wirklich nix Zeitaufwendiges, aber dir fällt immer irgendetwas ein, womit du alle Leute um dich herum zu beschäftigen weißt.“ Knurrte er missmutig, sah Rabea Beifallheischend an und fragte sie: „Hab ich Recht oder nicht, Bea? Wenn deine Mutter mal keine Änderungswünsche mehr hat, ist sie vermutlich tot. Komm, Bea, fass mir eben an, das Ding ist zwar nicht schwer, aber sperrig. Bringen wir es direkt hinter uns, damit sie ihre Ruhe hat.“ Forderte er meine Tochter auf.

      Auch Rabea verzog unlustig die Mundwinkel, erhob sich aber widerspruchslos und ging mit Darki in den Keller.

      Das Einmeterfünfziger Messingbett bestand nur aus drei Teilen, Kopf- und Fußteil und einem Stahlnetz-Rost mit Lattenverstärkung in der Mitte. Mit ein paar Handgriffen war die stabile Liegefläche schnell in den Messingpfosten eingehangen. Die dicke Einmetersechzig breite Matratze ragte zwar an den Seiten um ein paar Zentimeter über, was aber nicht mehr sichtbar war, als die dicke- große Tagesdecke darauf lag, weil diese an den Seiten lang runter hing.

      Zufrieden strahlte ich: „Das sieht doch viel besser aus, als mit der Matratze auf der Erde. Das mochte ich nie, das sah so ärmlich aus. So ist das ganze Zimmer viel gemütlicher. Jetzt wird es dem Namen Romantik-Zimmer endlich gerecht. Danke ihr Beiden.“

      Nachdem die Beiden mir lustlos bestätigt hatten dass das Zimmer mit Bett besser aussah, verzogen sie sich schnell ins Wohnzimmer. Zu dritt hatten wir dann einen gemütlichen Kaffeeklatsch Stündchen bis die Kleine wach wurde.

      Während Rabea der Süßen ein Brot machte und Darki sich mit Rubina unterhielt ging ich schnell ein paar Sachen einpacken, weil ich die Nacht bei den Beiden schlafen wollte. Das wir das Wochenende zusammen verbrachten war schon zur lieben Gewohnheit geworden.

      Als wir abends in Rabeas Wohnzimmer zusammen saßen, wollte meine Tochter gerne einen Film sehen, der mich absolut nicht interessierte.

      Gelangweilt saß ich neben Rabea und startete einen Versuch, ihr von Marius zu erzählen.

      „Maus, ich hab da jemand kennen gelernt. Der ist zwar eigentlich nicht mein Typ, aber ich finde ihn irgendwie süß. Wieso weiß ich auch nicht, aber er....“

      „Was nu? Entweder ist er was für dich oder nicht. Wenn du dich entschieden hast, sag Bescheid.“ Unterbrach sie mich abweisend. Rabea ließ mich kalt abblitzen. Sie mochte die Störung nicht.

      Es war mir zwar klar, dass sie kein Interesse hatte, aber ich erstickte fast an meinem Geheimnis. Weder Esther noch ihr hatte ich bisher davon erzählt. Hatte mich nicht getraut von meiner Verfehlung und den Zweifeln zu berichten, weil ich nicht riskieren wollte, negative Kritik zu hören. Zwar brauchte ich keinen Rat, dazu hätte ich meine Freundin angerufen, aber ich wusste selbst nicht wie ich meine neue Bekanntschaft bezeichnen sollte, wollte erfahren wie ich mich ausdrücken würde, wenn ich von ihm erzählte.

      Plötzlich schien ihr ein Licht aufzugehen, lauernd fragte sie: „War das der späte Besuch diese Woche? Deshalb wolltest du nicht hier schlafen? Wegen nem Kerl? Woher kennst du den denn? Sag jetzt bitte nicht, das ist ein Freier? Mama, das ist doch nicht etwa der Holger?“ war meine Tochter ganz aufmerksam.

      Ich grinste geheimnisvoll, versuchte es spannend zu machen: „Nein, der doch nicht. Nein, ich habe einen netten Mann kennen gelernt, aus dem Internet kenne ich ihn. Er ist kein Freier. Weißt du eigentlich ist er das Gegenteil von all meinen bisherigen Lovern. Optisch und auch allgemein, ein Otto-Normalverbraucher, er ist LKW-Fahrer. Aber er hat....“

      Wieder unterbrach meine Tochter: „Was erzählst du denn da? Kein Freier? Aus dem Internet? Von miete-mich oder vögeln? Dann ist es doch ein Freier. Mama- igitt- wie kannst du nur? Ich versteh dich nicht.“

      „Okay, Bea, stimmt, ich kenne ihn durch vögeln.de. Aber da gehen unsere Meinungen ja nun total auseinander. Nicht Jeder der da drin ein Profil hat ist ein Freier.“ Versuchte ich eine Unterhaltungsbasis zu finden.

      Rabea legte das anders aus als ich es gemeint hatte, sie sagte abfällig: „Nee, aber dann sind es Wichser. Primitive Wichser. Und so Einen hattest du letztens zu Besuch? Privat? Ohne Geld etwa? Sag dass das nicht dein Ernst ist!“

      Ich resignierte, schwächte ab: „Nein, beim ersten Mal mit Bezahlung!“ log ich um weiteren Kritiken zu entgehen.

      Sie hatte meinen Unterton nicht überhört, fragte empört: „Was? Der war schon öfter da? Und dann umsonst? Mama, du bist total verrückt geworden. Ich fass es nicht wie du dich verändert hast.“

      Ärgerlich beendete ich die Unterhaltung: „Ist ja meine Sache. Aber dir erzähl ich gar nichts mehr. Guck deinen Film, ich geh ins Netz, zu vögeln.de, das ist interessanter für mich. Du musst das ja auch nicht verstehen.“

      Ganz offensichtlich war das Thema damit abgeschlossen, denn Rabea vertiefte sich weiter in die Handlung des Films und ich öffnete als erstes die Mail von „hamiltonmercedes“ die erst Minuten zuvor gekommen war.

      Wie gebannt starrte ich auf die kurze Nachricht und war überglücklich als ich las: „Schatzi, es war wunderschön mit dir, du schmeckst oben und unten gleich gut, ich liebe dich, sehen wir uns morgen? Lgma“

      In diesem Moment war ich mir absolut sicher, diesen Mann wollte ich behalten, er war der Mann auf den ich gewartet hatte. Wir hatten uns gesucht und gefunden. Egal wie und wodurch wir uns fanden, egal der Altersunterschied, egal die Entfernung zwischen unseren Wohnorten, egal wie viel und welche Widerstände auch auftauchen würden, diesen Mann ließ ich mir nicht vermiesen. Auch nicht durch meine Lieblingstochter.

      Ich antwortete schnell „ja- gerne- wann, abends? Ruf mich an- bin noch bei meiner Tochter bis morgen- wenn du mich auf Festnetz nicht erreichst, Handy- freue mich auf morgen- gute nacht- Bussi Julia“

      Zwar hatte ich noch 6 Mails, aber nach dieser schönen Nachricht von Marius nicht die geringste Lust, den schwachsinnigen Mist der Freier zu lesen. Lieber träumte ich mit offenen Augen vor mich hin, dachte an die Liebkosungen und Zärtlichkeiten die ich von Marius erfahren hatte und hörte im Inneren noch immer die liebevolle Frage, die er in diesen beiden Nächten so oft gestellt hatte: „Geht es dir gut?“

      Oh ja, wenn ich nur an dich denke, mein Liebster, dann geht es mir schon gut!

      Am nächsten Tag, dem üblichen langweiligen Sonntag, war ich total unlustig und unruhig. Mir ging die Zeit nicht um.

      Bereits am frühen Nachmittag bat ich Rabea: „Fährst du mich bitte gleich nach Hause?“

      Verwundert