Geri Schnell

Das verschwundene Schiff


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sieht die Welt schon besser aus. Während sie sich mit dem Badetuch die langen schwarzen Haare trocknet, schaut sie sich auf der Liegewiese um. Noch hat sie die Gesuchte nicht gefunden, langsam überquert sie die Wiese und beobachtet die Leute welche sich an den Tischen vor dem Kiosk niedergelassen haben. Auch hier ist die Gesuchte nicht. Also nochmals quer über die Liegewiese, diesmal betrachtet sie die faul herumliegenden Frauen genauer. Schliesslich findet sie die Gesuchte, abseits im Schatten eines Baumes.

      Sie beschliesst, dass sie sich nicht als Reporterin zu erkennen gibt, Diana kennt sie nur flüchtig, vermutlich weiss sie nicht, dass sie zurzeit ein Praktikum bei der Lokalzeitung macht.

      «Hallo Diana, dich habe ich schon lange nicht mehr gesehen, kann ich mich zu dir setzen?»

      «Ah, du bist es, ich hätte dich beinahe nicht erkannt», sagt sie und Andrea merkt ihr an, dass sie nach ihrem Namen sucht, «ja du kannst dich setzen, ich bin nicht gerne allein, - Andrea», jetzt ist ihr der Name doch noch eingefallen.

      Andrea breitet das Badetuch aus und macht es sich gemütlich, sie will herausfinden, ob Diana von selber auf den verschwundenen Freund zu sprechen kommt. Nach einem kurzen Gespräch übers Wetter und dass man es heute nur im Bad aushalten kann, beginnt Diana von selbst mit ihrem Problem.

      «Entschuldige wenn ich heute nicht in besonders guter Stimmung bin, ich mache mir Sorgen.»

      «Du und Sorgen? - Was ist den los, so mitten im Hochsommer hat eine junge Frau doch keine Sorgen», stellt Andrea fest.

      «Doch, die habe ich! Vielleicht sind sie unbegründet, aber ich muss dauernd daran denken.»

      «An was?»

      «Seit drei Tagen habe ich von Alfonso nichts mehr gehört», erzählt Diana mit trauriger Mine.

      «Alfonso, wer ist denn das?»

      «Alfonso kenne ich vom Abi, er ist in der gleichen Klasse und wir machten ab und zu die Aufgaben zusammen, er kann gewisse Zusammenhänge in der Politik und Wirtschaft so gut erklären.»

      «So, kann er», stelle sie etwas ironisch fest, «scheint ein kluger Kerl zu sein, - kenne ich ihn?»

      «Nein, er kommt nicht aus dieser Gegend und du musst gar nicht so mitleidvoll dreinschauen, ich bin nicht in ihn verliebt, es ist nur seltsam, dass er sich plötzlich nicht mehr meldet. Eigentlich ist er ein richtiger SMS- Freak, sonst kriege ich mindestens drei SMS pro Tag und jetzt nichts mehr.»

      «Dann ist es ja gut, wenn du nicht verliebt bist, ist es sicher nicht so schlimm, er wird sich inzwischen verliebt haben und es gibt Frauen, die mögen es nicht, wenn ihr Freund Handynummern von andern Frauen gespeichert haben, - wäre doch möglich? – oder!», versucht Andrea zu trösten.

      «Du brauchst mich nicht zu trösten», erklärt Diana jetzt energisch, «ich bin wirklich nicht verliebt und dass er eine Freundin gefunden hat, halte ich für unmöglich, er ist nicht gerade ein Traummann, eher etwas tollpatschig.»

      «Schon viele Tollpatsche haben Freundinnen gefunden, ich kenne mehrere davon.»

      «Du bist genau wie der Polizist heute morgenheute Morgen, auch der hat mich nur ausgelacht, aber ich weiss es, etwas stimmt nicht, Alfonso verschwindet nicht einfach so, ohne sich abzumelden.»

      Das Gespräch dreht sich jetzt immer mehr um Alfonso und warum es unmöglich ist, dass er sich nicht mehr meldet. Alle Versuche von Andrea, Diana eine irgendwie plausible Erklärung abzugeben, scheitern. Sie lässt sich nichts einreden. Ein Typ wie Alfonso braucht echte Gründe, dass er sich nicht mehr meldet, das steht für Diana fest.

      «Wie lautete sein letztes SMS», fragt Andrea.

      «Hallo Di, ich bin in Frankreich bei Narbonne, ich bin gespannt auf morgen, ich kann noch nichts sagen, morgen weiss ich mehr, bis bald!»

      «Was bedeutet das? morgen weiss ich mehr!», fragt Andrea, «hat er schon vorher Andeutungen gemacht?»

      «Ich denke die Fahrt nach Südfrankreich hatte er geplant, irgendetwas Geheimnisvolles, aber genaues hat er nicht erzählt, ich hatte das Gefühl, dass er mich damit überraschen wollte. Es muss etwas sein, das ich ihm nicht zutrauen würde, irgendetwas verrücktes.»

      «Weisst du, wie er nach Südfrankreich gereist ist, machte er Autostopp oder reiste er mit dem eigenen Auto, oder mit dem Zug?»

      «Es könnte durchaus sein, dass er per Anhalter unterwegs war, er hat kein eigenes Auto, in die Schule kam er mit dem Fahrrad».

      «Ich muss zugeben, es ist etwas geheimnisvoll, aber ich würde mir deshalb keine Sorgen machen, vielleicht hat sein Handy nur keinen Empfang, oder er konnte es nicht mehr aufladen, er hat den Code vergessen oder vielleicht wurde es ihm einfach gestohlen, also, ich würde mich deshalb nicht verrückt machen, es gibt sicher eine einfache Erklärung.»

      «Ich hoffe du hast Recht, es bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss einfach warten.»

      «Ich jobbe momentan beim Ansbacher Tagblatt, vielleicht kann ich mal die Berichte der französischen Polizei durchstöbern, zumindest könnte man so erfahren, ob es Unfälle mit T… - Verletzten gegeben hat, alle grösseren Vorkommnisse sind dort erwähnt.»

      «Habt ihr da Zugriff?»

      «Ja natürlich, aber nur zu den offiziellen Meldungen», zum Glück ist sie nicht misstrauisch geworden, beinahe hätte sie Tote statt Verletzte gesagt, im letzten Moment konnte sie sich noch korrigieren, zum Glück hat es Diana nicht gemerkt.

      «Wann kannst du dort nachschauen?», Diana lässt nicht locker.

      «Wir können nachher noch kurz vorbeischauen, oder ich rufe den Chef übers Handy an.»

      «Nein, nicht übers Handy, ich möchte dabei sein.»

      «Gut, ich will vorher noch einmal ins Wasser, im Büro ist es sehr heiss, für mich eilt es nicht, wenn mir mein Chef schon in einem Anfall von Mitleid den Nachmittag freigegeben hat, kann ich nicht eine Stunde später schon wieder dort auftauchen, sonst meint er noch, ich vermisse ihn!»

      «Gut, gehen wir schwimmen.»

      Am späteren Nachmittag fahren sie zusammen mit dem Roller ins Büro. Der Chef hat tatsächlich das Gefühl, dass sie Sehnsucht nach ihm hat. Er ist auch begeistert von Diana.

      «Kannst du helfen, die Berichte der französischen Polizei zu durchsuchen», fragt Andrea, «ich brauche zu lange, bis ich alles verstehe.»

      Das war natürlich genau das richtige für den Chef, zu beiden Seiten ein junges Mädchen, welches gebannt auf den Bildschirm starrt. Nun ist aus dem trockenen Bürotag, doch noch eine aufregende Sache geworden. Er schaffte es, immer neue Meldungen auf den Bildschirm zu zaubern.

      Schliesslich resigniert auch Diana, es gibt einfach keinen Hinweis, keine Meldung über zeltende Deutsche oder andere junge Männer betreffende Nachrichten.

      «Kommt ihr mit in den Biergarten, ich gebe einen aus! Zu schreiben gibt es heute sowieso nichts. Der Bericht übers Museum ist schon fest eingeplant, da kommt nichts mehr dazu.»

      Im Biergarten prosten sie sich zu, «für euch bin ich der Karl!», erklärt er in guter Stimmung und erwartet von beiden Mädchen einen Kuss.

      «Diana, aber Freunde nennen mich Di, - prost!»

      Auch Andrea gibt Karl den Kuss auf die Wange und nimmt einen Schluck aus dem Glas. Karl leert seinen grossen Krug schon zur Hälfte. Auch Di nippt nur am Glas und stellt es wieder hin. Anschliessend erklärt sie Karl noch, was es mit Alfonso auf sich hat.

      «Also ich denke, du machst dir zu viele Sorgen, es wird eine ganz normale Erklärung geben. Ich verspreche dir, ich werde die nächsten Tage alle Polizeirapporte genau studieren, wenn ich eine interessante Meldung finde, werde ich mich melden.»

      Danach war das Thema Alfonso fürs Erste erledigt. Man wendet sich dem Alltag zu, das heisst warum man arbeiten muss, wenn alle andern im Süden in den Ferien sind. Die Welt ist einfach ungerecht, da kann man nichts machen, ist die einheitlich Meinung am Tisch.

      «Du