Nic Storm

Pleasure Underground


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Kurze Stille.

       „Leonard, Was soll das?“ fragte Ferdinand schroff.

       „Ich habe lediglich eine einfache Frage gestellt. Du differenzierst ja gerne in Punkten wie Wertschätzung und Freundlichkeit, zwischen der Geschäftsführung und deinen Angestellten“, sagte Leonard mit ruhiger Stimme.

       „Leonard, treib es nicht auf die Spitze… du bist hier Geschäftsführer. Und da erwarte ich von dir ein entsprechend kompetentes Auftreten…“, donnerte Ferdinand von Wartenberg los. „… und spar dir deine provokanten Bemerkungen. Ich erwarte absolut professionelles Auftreten von dir und nichts anderes. Du erledigst deine Pflichten und ansonsten wirst du dich von ihr fern halten. Und ich meine wirklich Fernhalten, so wie du dich im Allgemeinen von allen Mitarbeitern privat fernzuhalten hast. Treib es nicht schon wieder auf die Spitze...“

      Josie zuckte erschrocken zusammen, als die Tür ins Schloss fiel und Leonard vor ihr stand. Strahlend blaue Augen sahen sie an und er lächelte. Doch man sah in seinem Blick, dass er vor Wut kochte. Leonard war wirklich sehr höflich und freundlich, aber auch sehr distanziert und kühl, während er Josie die Firma zeigte und die einzelnen Bereiche vorstellte. Man spürte die strenge Kontrolle seines Vaters und seine enorme Vorsicht, die er mit seinem sehr professionellen und vor allem kompetenten Auftreten gut überspielte.

       In der Abteilung, wo Josie die ersten Tage bleiben sollte, stellte er ihr Daniel Ziemer als Bereichsleiter vor, der sie dort weiter begleiten würde. Leonard verabschiedete sich freundlich von ihr und Daniel zeigte und erklärte ihr den Bereich der Wald- und Holzverwaltung. Josie mochte Daniel auf Anhieb gerne, er war Anfang dreißig und sehr sympathisch. Dass auch Leonard und Daniel sich ganz gut verstanden, merkte man schon. Leonard war ihm gegenüber nicht ganz so kühl und distanziert, wie zu den anderen Mitarbeitern der Abteilung. Er war zwar immer freundlich und höflich, mit einem netten Lächeln und lockeren Spruch, aber auch sehr vorsichtig und darauf Bedacht, keine Fehler zu machen und nicht zu locker zu sein. Er musste eine gewisse Distanz wahren. Den ganzen Tag ging Josie Leonard von Wartenberg nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte sich von ihrer ersten Begegnung an so in sie eingebrannt, dass sie selbst abends im Bett noch über ihn nachdachte und sein Aftershave riechen konnte.

      In den nächsten Tagen sah Josie Leonard fast täglich, da er immer wieder bei ihr vorbei kam und nachfragte, ob alles in Ordnung war. Wieder nett und freundlich, aber sehr distanziert und auch irgendwie kühl. Er fragte nicht, weil es ihn interessierte, sondern weil es sein Job war zu fragen. Dazu siezte es Josie ganz professionell, was Josie etwas komisch fand, da sie vermutlich nur ein paar Jahre jünger war als er. Sie schätzte ihn auf etwa Mitte zwanzig.

       Daniel bestätigte ihr dann, dass Leonard fünfundzwanzig Jahre alt war und als so junger Geschäftsführer der Firma bei einigen Mitarbeitern einen schweren Stand hatte. Viele hielten ihn für zu jung, zu unerfahren und zu unreif, eine Firma in der Größenordnung zu leiten.

       Auch Ferdinand von Wartenberg kam regelmäßig vorbei und sah nach dem Rechten. Dabei fragte er auch immer, ob sie zufrieden war, es irgendwas zu besprechen gab und ob Leonard sich vernünftig um sie kümmerte. Manchmal bekam Josie das Gefühl, als ob er nur darauf wartete, das Josie etwas an Leonard zu bemängeln hatte. Er schien seinen Sohn sehr deutlich zu kontrollieren.

      Insgesamt war das Arbeitsklima in der Firma ziemlich gut. Die Kollegen waren nett und freundlich zu ihr. Allerdings hatte Josie auch mit bekommen, dass es sich herum gesprochen hatte, dass sie die Tochter eines Geschäftspartners, der von Wartenbergs war und man da natürlich auch keinen Stress haben wollte. Die anderen waren daher freundlich aber auch etwas distanziert.

       Als Chef der Wartenberg Holding schien Ferdinand von Wartenberg recht beliebt zu sein. Er war wohl streng aber auch sehr gerecht und empathisch gegenüber seinen Mitarbeitern. Er fuhr eine ganz klare Linie und war durchaus angesehen und geachtet.

      Was Leonard von Wartenberg betraf, spalteten sich schnell die Lager. Die meisten männlichen Mitarbeiter waren zwar überwiegend positiv auf ihn zu sprechen. Allerdings fielen auch Aussagen wie …von sich selber maßlos überzeugt, egoistisch und arrogant,… verwöhnter reicher Schnösel, der sich für was Besseres hält, …setzt sich immer durch und mit dem Kopf durch die Wand, ...kühl, unnahbar und distanziert… Charaktereigenschaften, die nicht gerade positiv waren, zu mindestens nicht in dem Maße.

       Dabei klang allerdings auch oft ein gewisser Neid durch. Da Leonard von Wartenberg eben recht erfolgreich war, Geld und scheinbar einen gewissen Lebensstandard hatte und in seiner Rolle als Geschäftsführer durchaus streng und klar sein musste.

       Einige hielten ihn für sehr arrogant und überheblich, stur und dickköpfig. Er setzte durch, was er sich vorgenommen hatte und war groß darin, zu argumentieren, zu diskutieren und andere verbal vor die Wand zu reden. Wer sich mit ihm anlegte, musste schon gut gewappnet sein. Leonard von Wartenberg schien nie um Argumente verlegen zu sein, musste grundsätzlich immer das letzte Wort haben und war dabei noch durchaus überzeugend. Dabei strotze er vor Selbstsicherheit und Arroganz, was nicht alle Mitarbeiter positiv fanden. Auch den Mitarbeitern sagte er schon mal gerne, wie was zu laufen hatte und auch, wenn etwas gar nicht lief. Er wurde dabei nie persönlich oder unhöflich, aber sehr klar und gradlinig, sowie offen und ehrlich, was ihm auch viele wiederum positiv zugutekommen ließen. Diskussionen mit ihm waren allerdings meistens sinnlos und konnten sehr langatmig werden, im Endeffekt setzte er sich sowieso durch.

       Er schien ziemliche Macht zu haben und Autorität auszustrahlen, ebenso wie sein Vater, nur viel Distanzierter und Unnahbarer.

       Bei einigen Mitarbeitern war der Neid sehr deutlich zu spüren, wie dieser junge Mann mit Mitte Zwanzig schon Geschäftsführer so einer großen Firma sein konnte und so viel Macht und vor allem aber Geld hatte.

      Bei den weiblichen Mitarbeiterinnen war Leonard wiederum durchaus beliebt. Sie fanden ihn immer sehr freundlich, zuvorkommend, höflich und gut erzogen. Man spürte das gute Elternhaus und die strenge Erziehung. Er war ein Gentleman und wusste, was sich gehörte. Einige der Damen schwärmten sogar regelrecht von ihm, vor allem natürlich, was sein optisches Erscheinungsbild betraf. Wenn er auftauchte, waren einige ganz aus dem Häuschen und flirteten auf Teufel komm raus mit ihm.

       Dabei blieb Leonard immer höflich und freundlich, flirtete sogar etwas mit, aber er hielt immer eine professionelle Distanz zu den Mitarbeiterinnen ein. Scheinbar wusste er genau, wie er auf die Damen hier wirkte und was er sagen musste, dass sie vor ihm fast nieder knieten und er sie sehr leicht um den Finger wickeln konnte. Auch das wurde von den männlichen Kollegen eher missmutig beobachtet. Hier spielte wieder enorm viel Neid und Eifersucht eine Rolle.

      Die Gerüchteküche war noch größer, was Leonard von Wartenbergs Privatleben betraf. Dabei schien niemand wirklich zu wissen, wer er eigentlich sonst so war und was er privat machte. Man vermutete eben viel. Die einen meinten, dass er völlig unterm Pantoffel seines Vaters steht und nicht viel machen durfte. Er war selten in der Öffentlichkeit zu sehen, ging nicht großartig raus oder traf sich mit Freunden. Er wäre eher ein Nerd, ein Workaholic, lebe nur für die Firma, fürs Geschäft und habe kein wirkliches Privatleben oder Hobbies oder gar Freunde.

       Wieder andere sagten, das komplette Gegenteil. Er wäre ne Partysau und ging gerne ausgiebig feiern. Man traf ihn immer wieder mal in dubiosen Clubs und auf verschiedenen Events. Meistens war er dann mit anderen stinkreichen und merkwürdigen Typen unterwegs und meistens ziemlich betrunken und sehr exzessiv am Feiern. Auch von Drogen wurde dann gemunkelt und eben von sehr düsteren Lokalitäten und fragwürdigen Konzerten. Orte an denen sich Münchens High Society normal niemals aufhielt. In den angesagten Clubs der Stadt oder anderen Feiern der Schönen und Reichen traf man ihn bisher angeblich eher selten.

       Wieder ein anderer traf Leonard scheinbar manchmal beim Fußball im Stadion und dort scheinbar auch sehr exzessiv im Partymodus. Auch das Leonard gerne und viel reiste, schnelle Autos, schöne Frauen und Sport mochte, kam aus der Gerüchteküche.

       Was man davon nun alles glauben konnte oder nicht, war Josie nach den ersten Wochen ihres Praktikus echt schleierhaft. Irgendwie passte das alles nicht zusammen und ergab so kein schlüssiges Bild, wer Leonard von Wartenberg nun tatsächlich war.

       Vermutlich