sehr höflich aber zurückhaltend. Leonard redete nur das nötigste, was die Firma betraf. Auf Private Dinge ging er gar nicht erst ein. Allerdings traute Josie sich auch nicht, ihn irgendwas Privates zu fragen, was sie ja auch nichts anging.
Josie lernte wenige Wochen später, in der Projektabteilung einen der Projektleiter Dirk Beimer kennen, der auf Leonard, als seinen direkten Vorgesetzten gar nicht gut zu sprechen war. Dass hier Knatsch in der Luft lag, merkte man immer, wenn er und Leonard aufeinander trafen. Es machte den Eindruck, als träfen hier direkte Konkurrenten zusammen. Die Atmosphäre war angespannt und eine komische Stimmung lag dann im Raum. Ganz anders war da Julian Terges als Projektmanager. Der war wirklich nett und hatte scheinbar auch zu Leonard einen guten Draht. Beide duzten sich und schienen auf einer Wellenlänge zu liegen. Das Julian mehr über Leonard wusste als die anderen Mitarbeiter, war Josie schnell klar. Doch Julian hüllte sich in allen privaten Fragen zu Leonard in Schweigen und bewies somit völlige Loyalität. Das allerdings wurde von Dirk wieder missmutig verfolgt. Zwischen Julian und Dirk gab es daher auch leichte Spannungen und oft Unstimmigkeiten.
Die Projektabteilung war bisher der spannendste Bereich. Denn hier war auch Leonard mit am meisten involviert. Er leitete die Teambesprechungen, hatte die Leitung der Abteilung und so saß Josie bei jede Menge Meetings, wo es immer Getränke, Schnittchen und meistens recht interessante Projekte gab.
Und vor allem war Leonard immer mit dabei. Wenn er redete, konnte Josie ihm stundenlang zuhören. Er hatte Witz, Charme und war ein verdammt guter Redner, eigentlich war er wie ein Entertainer. Er konnte begeistern und andere Menschen in seinen Bann ziehen.
Dabei ließ er sich auch von Dirks ständigen Provokationen und Kritik nur selten aus der Ruhe bringen. Er blieb ruhig, gelassen und souverän. Und er konterte selbstbewusst und brachte Dirk so schnell an seine Grenzen, dass dieser automatisch aufhörte ihn zu provozieren. Dass Dirk aber versuchte Leonard das Leben bei jeder Gelegenheit schwer zu machen, war schon nach wenigen Tagen klar.
Meistens war Leonard immer ganz gut drauf, motiviert und gut gelaunt. Es gab dann aber auch Tage, wo er genau das Gegenteil davon schien. Josie merkte, dass er nur eine perfekte Rolle spielte, die ihm die meisten vermutlich auch so abnahmen. Sie spürte es sehr schnell, wenn jemand ihr nur etwas vormachte und nicht mehr authentisch war. Er war an solchen Tagen nicht gut drauf, schien müde, unkonzentriert und irgendwie nicht fit zu sein. Oft eine Mischung aus zu wenig Schlaf, einer langen Nacht und irgendwie verkatert. Dann half ihm oft nur literweise Kaffee beim Überstehen des Tages. Manchmal hatte Josie auch den Eindruck, er hatte einfach zu viel gefeiert. Auch wenn es mitten in der Woche war, merkwürdig war es. Und wie auf Knopfdruck wechselte seine Stimmung dann in den souveränen, professionellen und charmanten Geschäftsführer und Projektleiter.
In der sechsten Woche wechselte Josie dann in die Geschäftsführung und verbrachte einige Tage bei Frau Wilmers, die sie sehr freundlich und herzlich empfing. Sie war schon mehr als zwanzig Jahre die Assistentin von Ferdinand von Wartenberg und das Arbeitsklima war dort sehr angenehm. Margret Wilmers hielt immer die Stellung in der Firma, verwaltete die Termine und erledigte jede Menge Papierkram. Josie lernte dann auch Christoph Faber kennen, der Assistent der Geschäftsführung war Ferdinand von Wartenberg rechte Hand. Er war bei allen Terminen mit dabei und war ebenfalls super nett zu Josie. Christoph schien so etwas wie der Puffer zwischen Leonard und seinem Vater zu sein, denn er war oft in der Rolle zu vermitteln und zu beschwichtigen, wenn es zwischen den beiden Unstimmigkeiten gab. Das machte Christoph mit bewundernswerter Ruhe und Gelassenheit, dass er vermutlich der Grund war, warum das mit den beiden Geschäftsführern überhaupt irgendwie funktionierte.
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2 Umstrukturierung
Josie bekam nur wenige Tage später einen Arbeitsplatz in Leonard Büro, womit sie absolut nicht gerechnet hatte. Doch die Platzkapazitäten boten es so an, da bei Margret wenig Platz für Josies Arbeitsplatz war und Leonards großes Büro mehr als genug Platz anbot.
Leonard schien ebenfalls nicht damit gerechnet zu haben und trug es mit Fassung, als sein Vater ihn vor vollendete Tatsachen stellte.
Seine Begeisterung hielt sich deutlich in Grenzen als sein Vater ihm mitteilte, dass Josie die nächsten Wochen mit in seinem Büro sitzen sollte und er bereits veranlasst hatte, dass dort ein zusätzlicher Schreibtisch aufgestellt wurde. Leonard fand das in seiner Position als Geschäftsführer als nicht angemessen, dass eine Praktikantin mit in seinem Büro saß. Wie sollte er so ungestört arbeiten und auch vertrauliche Gespräche führen?
Ferdinand sah da allerdings kein Problem und bestand darauf, dass sein Sohn das die nächsten Wochen mal so hinnehmen musste. Alles diskutieren nutzte Leonard daher nichts und er fügte sich wie immer den Anordnungen seines Vaters. Auch wenn Leonard unter gleichwertiger Geschäftsführung etwas anderes verstand.
Aufgrund von Umstrukturierung und Renovierung einiger Büros herrschte gerade Raummangel und so sollte Josie in seinem großen Büro sitzen. Sie sollte nun Einblicke in die Personalverwaltung bekommen. Da das nächste Großprojekt aus dem sozialen Bereich war, passte es besonders gut, dass Josie da war und so ihre Erfahrung mit einbringen sollte.
Leonards Laune war unterirdisch schlecht als er wieder sein Büro betrat, in dem nun Josie an ihrem Schreibtisch saß. Sie fühlte sich mehr als beschissen und wäre am liebsten einfach nach Hause gegangen. Obwohl sie nichts dafür konnte, fühlte sie sich schuldig und völlig fehl am Platz.
Leonard kochte vor Wut, auch wenn er ihr gegenüber versuchte, es professionell wie immer, vor ihr zu verbergen. Die Hände in der Tasche zu Fäusten geballt, stand er am Fenster, starrte schweigend nach draußen und biss sich schnaufend auf die Unterlippe.
„Es tut mir leid…,“ stammelte Josie leise, es war ihr schrecklich unangenehm. „… ich kann noch mal mit ihrem…“
Leonard winkte wutschnaubend ab. „Vielen Dank, aber das ist nicht nötig. Wie viele Wochen sind sie noch hier?“ unterbrach er sie stattdessen. Stahlblaue Augen sahen sie kühl an.
„Noch etwa zwölf Wochen“, antwortete Josie etwas eingeschüchtert und wagte es kaum, ihn anzusehen.
Leonard schnaufte nur und nahm an seinem Schreibtisch Platz. „Naja, das ist ja dann absehbar“, murmelte er genervt. Für einen Moment schaute er auf seinen Pc. Dann stand wieder auf und verließ das Büro. Durch die offene Tür konnte sie hören, dass er nebenan bei seinem Vater im Büro war.
„… die zwölf Wochen mache ich das. Aber das war das erste und letzte mal, dass du mir ne Praktikantin ins Büro setzt. Ich schwöre dir, dass mache ich nicht mit. Das geht gar nicht. Was macht das bitte nach außen hin für einen Eindruck…?“ hörte sie Leonard aufgebracht reden.
„… es sind nur zwölf Wochen und du weißt, dass wir wegen dem Umbau gerade wenig Platz haben. Außerdem solltest du es als Bereicherung sehen. Sie passt gerade gut in das neue Projekt mit ihrer Erfahrung und kann dich bei der Konzeptentwicklung gut unterstützen… und ich erwarte von dir eine ordnungsgemäße und professionelle Zusammenarbeit…“ hörte sie Ferdinand von Wartenberg sagen.
Immer noch, oder vielleicht auch besonders jetzt, war Leonard noch distanzierter Josephine gegenüber. Freundlich, aber sehr zurückhaltend. Auch wenn sie nun des Öfteren nebeneinander am Schreibtisch saßen und er ihr Dinge am Laptop erklärte. Die Ansage seines Vaters hatte wohl gesessen.
Josies anfängliche Nervosität, wenn er den Raum betrat verschwand mit jedem Tag. Es war irgendwann nichts ungewöhnliches, wenn er mit seinem großartig duftenden After Shave direkt neben ihr saß und strahlend blaue Augen sie ansahen.
Er war professionell und kompetent aber seine dicke Eisschicht schien unzerbrechlich zu sein. Er war dafür eher angespannt und immer irgendwie auf der Hut, nichts Falsches zu sagen oder zu tun. Ganz anders war er zum Beispiel bei Margret, wo er immer locker und gelassen war, mit einem coolen oder lustigen Spruch auf den Lippen. Er flirtete schon manchmal mit ihr und machte ihr Komplimente, was Margret auch sehr gerne von ihm zu hören schien und sie beide immer gerne am Schäkern