Nic Storm

Pleasure Underground


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Josie war klar, dass sie das nicht persönlich nehmen durfte. Vermutlich lag es einfach nur an der klaren Ansage seines Vaters sich ihr gegenüber professionell zu verhalten. Wie sähe es dann auch nach Außen hin aus, wenn er nun gerade ihr Komplimente machte und so charmant zu ihr war? Das konnte für ihn ja nur nach hinten los gehen und das schien ihm durchaus bewusst zu sein. Josie verstand seine Strategie, dann lieber ein emotionsloser kalter Arsch, dann konnte auch keiner was sagen.

      Das Arbeitsprinzip von Leonard von Wartenberg war Josie irgendwie noch nicht ganz klar. Mal kam er einige Tage gar nicht in die Firma, mal erst am Nachmittag oder mittags. Er schien eher zu kommen und zu gehen, so wie er gerade Lust hatte. Jedenfalls hatte er scheinbar keine klaren Arbeitszeiten so wie sie, montags bis freitags von acht bis sechzehn Uhr beziehungsweise freitags nur bis vierzehn Uhr.

       Auch Leonard Tagesverfassung war die letzten Tage sehr unterschiedlich gewesen. Mal war er morgens ganz gut gelaunt und ausgeruht, ja fast schon ganz locker und entspannt bis hin zu etwas übermotiviert, mit so guter Laune, dass es schon unheimlich wurde und er sogar Josie gegenüber nicht ganz so steif und eisig war.

       Mal war er extrem übermüdet und unmotiviert und schien den Tag nur mit Literweise Kaffee zu überstehen. Er war völlig müde, durcheinander und neben der Spur, konnte sich auf rein gar nichts konzentrieren, dabei vergaß er alles nach zwei Minuten wieder und musste zigmal nachfragen oder an etwas erinnert werden. Was auch Josie dann manchmal sehr anstrengend fand, wenn er scheinbar absolut keinen Plan mehr hatte. Dann war er morgens echt so verpeilt und kam erst gegen Mittag so langsam wieder in die Spur.

       Woran Leonard von Wartenbergs Laune morgens abhängig war, konnte Josie sich daher nicht erklären. Oft hing es mit seinem Vater zusammen, denn wenn der nicht im Büro anwesend war, war Leonard immer deutlich entspannter und lockerer.

       Eigentlich war es jeden Morgen ein Überraschungsmoment, wie Leonard ins Büro kam. Da er meistens erst zwischen halb neun und halb zehn kam, war Josie meistens schon vor ihm da, da sie ja pünktlich um acht Uhr anfangen musste.

       Nur selten war Leonard schon vor ihr im Büro, meistens dann, wenn er ziemlichen Stress und Termindruck hatte und das dann auch wieder mit weniger guten Laune.

       Interessant war, dass Ferdinand von Wartenberg ebenfalls fast jeden Morgen ins Büro kam und kurz einen guten Morgen wünschte und Termine mitteilte. Das er dabei auch den Zustand seines Sohnes kontrollierte war nicht zu ignorieren. Er musterte Leonard immer sehr genau und zog in direkt in Gespräche rein, wo er zu merken schien, wie Leonard so drauf war.

      Josemi hatte sich nach der ersten Woche mit Leonard in einem Büro vorgenommen, sich nicht von ihm einschüchtern zu lassen und etwas mutiger zu werden. Denn eigentlich war er ja doch ganz nett und würde ihr schon nicht den Kopf abreißen.

       Doch die letzten Tage war Leonard merkwürdig drauf gewesen. Er war ja derzeit ohnehin eher etwas gereizt und gestresst, was er Josie zwar nicht direkt zeigte, aber doch deutlich spürbar war. Immer wieder musste er zu langen Meetings und wurde ständig zu seinem Vater zitiert. Bei einem Projekt gab es scheinbar Schwierigkeiten, was nicht gerade zu guter Laune beitrug.

       Wenn er gestresst war, rauchte er viel und das bevorzugt am geöffneten Fenster seines Büros. Zum Rausgehen hatte er keine Zeit und immerhin war es auch sein Büro. Seine Vater missfiel das total, da die Büroräume grundsätzlich rauchfrei zu sein hatten.

       Josie hielt sich ganz dezent zurück und versuchte so wenig wie nötig, irgendwas zu Fragen. Wie immer blieb Leonard aber freundlich und höflich, was ihm nicht immer so einfach fiel. Leonard ignorierte das allerdings gekonnt. So schlimm fand Josie es jetzt auch nicht, da er wirklich am großen offenen Fenster stand und den Rauch raus blies. Allerdings wurde es dann recht schnell kalt im Büro. Hinzu kam das er verdammt sexy aussah, wenn er rauchte. Obwohl Josie selber Nichtraucherin war und rauchen auch nicht wirklich gut fand, sah er dabei echt attraktiv aus.

      Einen Morgen kam Leonard mit Verspätung und deutlich schlechter Laune ins Büro, die er dann auch direkt an Josie auslies und sie sehr unfreundlich wegen einer Kleinigkeit anmaulte. Josie lies das aber nicht auf sich sitzen und konterte direkt ganz offen, dass sie erstens nichts für seine schlechte Laune konnte und noch weniger, dass sie hier mit in seinem Büro sitzen musste. Woraufhin Leonard erst innehielt, sie mit hochgezogenen Augenbrauen etwas irritiert ansah und sich dann auch direkt bei ihr entschuldigte. Ein bisschen war Josie daher schon stolz auf sich, dass sie sich das nicht einfach so gefallen lies und einfach mal in die Offensive ging. Und sie war überrascht, dass Leonard sich tatsächlich bei ihr entschuldigte. Ein arroganter und überheblicher Geschäftsführer hätte das gegenüber einer Praktikantin vermutlich eher nicht getan. Andreas hatte schon gemerkt, dass er ihr Unrecht getan hatte und etwas drüber gewesen war. So ein überheblicher Arsch konnte er da doch nicht sein.

      Einen Montagmorgen kam er mit so einer Alkoholfahne ins Büro, dass man den Eindruck hatte, er hätte bis morgens irgendwo gefeiert. Ihm schien es auch nicht wirklich gut zu gehen und Margret brachte ihm direkt einen extra starken Kaffee und ein Glas Aspirin. „Leonard, das ist nicht gut, was sie da machen“, waren ihre besorgten Worte gewesen.

       Leonard stöhnte leise auf. „Ich weiß Margret, vielen Dank“.

       Das Leonard von dem Wochenende echt fertig war, konnte er nur mit viel Disziplin und Selbstbeherrschung verbergen, denn er hatte direkt um neun Uhr ein Meeting.

       Um kurz nach elf am er dann wieder zurück ins Büro und es schien ihm wirklich nicht besonders gut zu gehen.

       „Josephine, können sie mir einen Gefallen tun?“ fragte er mit angeschlagener heiserer Stimme.

       Josie nickte. Sie fand es noch immer befremdlich, dass er sie siezte.

       Ihre Blicke trafen sich und seine Augen waren glasig und dunkel, als er vor ihrem Schreibtisch stand und sie ansah. Dann ging er zum Sofa und setzte sich erschöpft.

       „Natürlich, was kann ich für sie tun?“ fragte Josie gut gelaunt.

       Leonard legte sich mit einem gequälten Gesichtsausdruck hin. „Gehen sie bitte an mein Telefon? Ich muss mich kurz mal ne halbe Stunde legen“, murmelte er, legte sich auf den Rücken und schloss die Augen.

       Josie musste sich das Grinsen verkneifen. „Gerne, kann ich sonst noch was für sie tun? Starker Kaffee, Aspirin?“ fragte sie übertrieben höflich. Ein bisschen amüsierte es sie schon, dass es ihm so merklich schlecht ging und das vermutlich durch seine eigene Schuld.

       „Nein, sehr freundlich, vielen Dank“, murmelte er gähnend und seine Stimme versagte.

       Natürlich fragte Josie nicht näher nach. Es ging sie auch absolut nichts an. Er war der Geschäftsführer, sie war nur eine Praktikantin. Das er ihr und auch den anderen Mitarbeitern immer höflich und freundlich war, stand dabei außer Frage, da war er wirklich sehr professionell.

       Josie ging an sein Telefon, wenn es klingelte. Professionell machte sie Gesprächsnotizen und entschuldigte ihn. „… nein, tut mir leid. Herr von Wartenberg ist gerade in einer Besprechung…“ bei internen Anrufen sagte sie, dass er gerade nicht im Büro war.

      Tatsächlich schlief Leonard nun fast zwei Stunden und er bewegte sich keinen Millimeter, so dass Josie ihn besorgt beobachtete. Er bewegte sich schon länger nicht mehr, er war blass und auch sein Brustkorb bewegte sich nicht wirklich, als er auf dem Rücken auf dem Sofa lag. Ein komisches Gefühl machte sich in Josie breit. Wer weiß was mit ihm los war, vielleicht war doch nicht alles ok. Langsam stand sie auf und ging zu ihm herüber. Sie sah ihn an, wie er da lag, die Augen geschlossen, sein männliches Gesicht mit diesen sanften Gesichtszügen, er hatte immer so hübsche Grübchen, wenn er lachte, die jetzt völlig entspannt waren. Langsam beugte sie sich etwas zu ihm herunter und lauschte, ob sie seine Atmung hören konnte.

       Doch, ganz leise konnte sie seine Atmung hören. Sein AfterShave roch so wahnsinnig gut, trotz der Mischung aus Alkohol, Zigarettenrauch und Minze. Plötzlich öffnete er seine Augen. Ihre Gesichter waren nicht weit voneinander entfernt. Josie hielt die Luft an und war wie erstarrt. Das blau seiner Augen zog sie immer tiefer und tiefer, als würde sie langsam in einem tiefen dunkelblauen See versinken, nicht mehr fähig zu atmen, nicht fähig sich zu bewegen. Eine Spannung lag zwischen ihnen, die sie magisch