Toby Weston

Zielobjekt: Untreue Ehefrauen


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und möchte nicht Gefahr laufen, von Ihnen als taktlos eingestuft zu werden.“

      „Ich möchte jetzt wissen, wie Sie darüber denken. Mit Alexander kann ich über solche Themen nicht sprechen.“

      „Ach ja?“, wunderte er sich. „Alexander ist doch liberal und für alles Moderne sehr aufgeschlossen.“

      „Das meine ich damit nicht“, erklärte Anna. „Natürlich ist er imstande, zu dem Problem eine feste und gewiss auch interessante Ansicht zu äußern, aber ich bringe es einfach nicht fertig, mit ihm solche Themen zu besprechen. Ich finde, dass zwischen Mann und Frau gewisse Schranken bestehen bleiben sollten, sonst läuft die Ehe Gefahr, in Gewöhnlichkeit zu versanden, in einer gewissen Vulgarität. Nicht ohne Grund ist die Scheidungsrate in Deutschland so hoch.“

      „Sie sprechen, als wäre sexuelle Offenheit eine ansteckende Krankheit. Vulgarität gehört zum Leben, wie Schmutz, wie Krankheiten, aber auch wie die Luft, die wir atmen.“

      „Finden Sie wirklich?“

      „Unbedingt. Waren Sie noch Jungfrau, als Sie heirateten?“

      Er war sich der Schockwirkung dieser Frage bewusst, meinte aber zu wissen, dass er mit dieser Methode am ehesten zum Erfolg kommen würde. Anna gehörte zu den Frauen, die ihre distanzierte Höflichkeit niemals ablegten, und nur dann vergessen konnten, wenn sie merkten, dass ihr Partner damit nicht zu beeindrucken war und selbst viel schwereres Geschütz liebte.

      „Bitte?“, murmelte sie. Ihre Augen weiteten sich entsetzt.

      Er lächelte und wiederholte seine Frage.

      Brennende Röte schoss in Annas Wangen. Ihre Augen funkelten zornig. „Ich finde, jetzt gehen Sie wirklich zu weit. Was hat das mit unserem Gespräch zu tun?“

      „Eine ganze Menge“, antwortete er. „Unterhaltungen wie diese führen zu nichts, wenn man abstrakt bleibt, wenn man sich nicht am praktischen Beispiel festhält. Die einzigen Beispiele, die wir wählen können, sind Sie und ich. Daran lässt sich abmessen, vergleichen und erkennen, was wir richtig oder falsch machen.“

      „Von mir ist nicht die Rede“, meinte Anna abweisend. „Ich habe nicht das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.“

      „Dann frage ich mich, weshalb Sie sich so stark für dieses Gespräch engagieren.“

      „Ich will nur wissen, was junge Ehefrauen in meinem Alter denken, wie diese zu gewissen Problemen stehen, und wie ich mich selbst verhalten soll. Ich habe eine konservative Erziehung in einem Internat genossen. Aber wenn ich im Internet surfe, Reportagen in Fernsehen anschaue, mit Freundinnen oder Arbeitskolleginnen spreche, dann glaube ich, eine prüde und frigide Frau zu sein. In unserer heutigen Welt wird so offen und direkt über die Sexualität gesprochen, überall sieht man nackte Haut. Das können doch nicht die Werte einer zivilisierten Gesellschaft sein.“

      „Die Werte des Lebens schafft sich doch jeder Mensch in seinem zuhause selbst. Da gibt es keine Richtlinien. Erlaubt ist, was gefällt. Wenn Sie in Ihrer Ehe restlos glücklich sind, wenn Sie wissen, dass Sie Ihren Mann niemals betrügen werden, besteht doch gar kein Grund, über die anderen zu reden. Nur Ihr Leben zählt, alles andere hat kein Gewicht.“

      Sie schaute ihn an. „Sie haben meinen Mann kennengelernt. Was glauben Sie? Wird er mir treu bleiben?“

      „Was würden Sie denn tun, wenn er mit einer anderen Frau Sex hätte?“, fragte Toby.

      „Ich weiß nicht. Mein Gott, was für ein Thema! Wir sollten es schleunigst abbrechen und wieder über die Einrichtung sprechen“, schlug sie vor.

      Er nickte. „Gern, aber ich bezweifle, ob Sie das befriedigen würde. Wir müssen weitermachen. Kompromisslos, wie es so schön heißt.“

      „Also gut. Ich war noch Jungfrau, als er mich heiratete. Ich glaube, dass ich ihn liebe – aber ich bin mir dessen nicht völlig sicher. Es ist eine schockierende Erkenntnis, aber fast noch schlimmer ist es, dass ich mit Ihnen, einem relativ Fremden, darüber spreche. Mein Mann ist ständig geschäftlich in Berlin und lässt mich hier allein.“

      „Leiden Sie unter dieser regelmäßigen Trennung?“

      „Leiden? Nein, das zu behaupten wäre übertrieben, aber es schafft doch Probleme ...“

      „Kann es sein, dass Sie von Ihren Eltern falsch erzogen wurden?“, erkundigte er sich.

      „Wie meinen Sie das?“

      „Eben falsch. Nicht wirklichkeitsgerecht.“

      „Ich verbrachte meine Kindheit und Jugend in Schweizer Internaten. Daher hatten meine Eltern nicht viel Einfluss auf meine Erziehung. Es handelte sich um ausgebildete Erzieherinnen und die besten Lehrer.“

      „Trotzdem kann diese Erziehung falsch gewesen sein“, philosophierte er. „Sie war vielleicht nur eine Illusion, sie hält Sie davon ab, die wahre Lebensfreude zu finden.“

      „Worin besteht sie – nach Ihrer Ansicht?“, wollte sie wissen.

      Er spielte den Verlegenen. „Ich kann nur von mir sprechen. Ich finde sie im Bett.“

      „Das ist absurd!“

      „Vielleicht“, sagte er, „sollten Sie einmal versuchen, diesen Weg zu beschreiten. Er ist schillernd, aufregend und höchst belebend.“

      Ein Schatten fiel über Annas Gesicht.

      „So können wir nicht diskutieren“, sagte sie schroff.

      „Sie sind es eben noch nicht gewöhnt, den liberalen Geist zu tolerieren. Sie glauben, dass der puritanische Zwang Ihrer Erziehung das Heil bringt, aber ich meine, dass man Sie damit nur in ein enges und höchst überflüssiges Korsett gezwängt hat.“

      „Hier steht Meinung gegen Meinung, es bedürfte schon eines weisen Schiedsrichters, um zu sagen, wer im Recht ist. Ich fange an, mich zu fragen, was das Ganze soll. Unser Gespräch, meine ich. Wir reden doch aneinander vorbei.“

      „Da bin ich nicht Ihrer Ansicht.“

      Sie schwiegen einige Sekunden, dann entspannte sich Anna. Sie brachte sogar ein Lächeln zustande. Kurz darauf musste sie lachen.

      „Ich kann es nicht fassen“, meinte sie. „Dass ich solche Dinge in den Mund nehme ...“

      „Sie werden noch ganz andere Dinge in den Mund nehmen“, prophezeite er, und war sicher, dass sie den Doppelsinn seiner Worte nicht voll verstand.

      „Ich bin nicht so leicht zu beeinflussen.“

      „Der Jammer mit uns ist, dass wir nicht ehrlich sein können“, sagte er.

      „Das kann ich von mir nicht behaupten. Ich bin immer ehrlich. Wenn es um Dinge geht, die auszusprechen taktlos wären, halte ich lieber den Mund.“

      „Was würden Sie dazu sagen, wenn ich Ihnen ehrlich offenbarte, dass ich mit Ihnen zu schlafen wünsche? Ich möchte Sie ficken, bis Sie vor Lust schreien und Ihr geiler Körper zittert, wie ein Fisch an Land. Was halten Sie davon? Wollen wir etwas vögeln?“

      4

      Anna starrte ihm in die Augen. Er registrierte zufrieden, dass sie, trotz ihres hochroten Gesichtes, längst aufgehört hatte, seine Direktheit als schockierend zu empfinden. Vielleicht genoss sie es sogar, weil sie ihre bisherigen Lebenserfahrungen quasi auf den Kopf stellte.

      „Ich würde sagen, dass Sie verrückt sind, vielleicht auch ein Drogen- oder Alkoholproblem haben.“

      „Mehr nicht?“, fragte er ungläubig.

      „Mehr nicht“, bestätigte sie.

      „Das kann ich nicht akzeptieren. Sie müssen sich doch Gedanken darübermachen. Nicht über die Antwort oder über das, was Ihnen der Gesellschaftskodex vorschreibt, sondern auch über das, was sich hinter meinen Worten verbirgt. Die Möglichkeiten, die damit