Taja Jetsch

Sonnentanz


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was hat Dein Vater gesagt? Willst Du es mir erzählen? Wie war es zu Hause?“

      „Nun, meine Eltern haben sich gefreut, dass ich wieder da war. Mein Vater hatte wohl gehofft, dass das mit Dir vorbei sei und ich nun bleiben würde. Aber das ging natürlich nicht, denn Du bist ja hier und nicht dort. Also sprach ich erst mal mit meiner Mutter. Sie hat irgendwie mehr Verständnis und ich hab auch meiner Schwester von Dir erzählt. Die beiden wollten alles von Dir wissen. Beim Gespräch mit meinem Vater waren dann auch die anderen dabei, also die Jungs. Das hat mir geholfen. Sie sind sehr für Dich eingesprungen, Emily, und haben mich unterstützt.

      Mein Vater hat nun folgendes gesagt: Er hat mir ein Jahr Zeit gelassen. Also bis Ende Mai, im Juni zum Sonnentanz muss ich wieder dort sein. Mein Vater hat gemeint, bis dahin soll ich mir die Hörner abstoßen. Aber dann muss ich zurück. Hoffentlich ohne Dich, aber ansonsten mit Dir. Wenn ich nach diesem Jahr immer noch nicht genug von Dir habe – und glaube mir, das werde ich nicht haben – dann musst Du mitkommen und er wird Dich auf die Probe stellen.

      Ich weiß, Emily, hier bei Euch ist das anders. Aber bei mir, bei meinem . . . Stamm . . . es ist halt anders. Er kann nicht glauben, dass Du die Eine für mich bist. Das ist bei unserem . . . Stamm nämlich noch nie vorgekommen. Wir finden immer Partner in dem eigenen . . . in den eigenen Reihen.

      Nun darf ich also offiziell hierbleiben, also in Reichenau. Dafür muss ich aber ein paar Aufgaben für ihn hier erledigen, also . . . Stammesaufgaben. Ich muss mich mit ein paar anderen . . . in Verbindung setzen. Meinem Vater geht es gut, aber er will die Führung in den nächsten Jahren immer weiter an mich abtreten. Und dafür muss ich nun seit geraumer Zeit immer wieder mal Aufgaben übernehmen. Da ich nicht in Montana bin, muss ich mich hier um die . . . Versprengten kümmern. Und auch ein wenig Spionieren. Ich muss herausfinden, wo mein Onkel väterlicherseits ist und wie sein Rudel, also sein Stamm mein ich, wie sein Stamm zu meinem Vater steht und zu mir.

      Ich werde versuchen, alle vier Wochen, immer wenn Du Dein freies Wochenende hast, für eine Woche bei Dir zu sein. Die anderen drei Wochen werde ich unterwegs sein. Und ich bin dann leider auch sehr schlecht erreichbar. Da, wo ich hingehe, werde ich sicher selten Handyempfang haben. Aber ich werde Dir immer einen der Jungs da lassen. Er wird auf dich aufpassen und sie können mich auch immer erreichen. Wenn also was Schlimmes passiert, können sie mich erreichen. Also, nicht dass ich davon ausgehe, dass etwas passiert, aber man weiß ja nie.“

      Er holte tief Luft. „Und wenn ich darf, würde ich dann diese eine Woche bei Dir wohnen wollen. Oder soll ich mir ein Hotel besorgen?“

      „Nein, auf keinen Fall.“, sagte Emily an seinen Lippen. „Natürlich wohnst Du hier.“ Sie schlang die Arme um ihn und sie küssten sich.

      *****

      Drake

      Die Woche war viel zu schnell vorbei gegangen. Sie hatten viel zusammen unternommen, waren Schwimmen gewesen mit Soleigh, hatten zusammen gelacht und auch geweint, waren im Kino gewesen und Motorrad gefahren. Emily erstaunte ihn immer wieder. Sie hatte gar keine Probleme gehabt, mit ihm Motorrad zu fahren. Sie hatte sogar eigene Bikerklamotten im Schrank und einen Helm. Er war verwundert, aber er fragte nicht nach. Wenn sie hinten drauf saß und sich an ihm festhielt, fühlte er sich fast frei.

      Am Sonntag überraschte ihn Emily. Beim Frühstücken meinte sie, ob sie nicht heute eine Runde Motorrad fahren wollten. Es war wieder tolles Wetter und er hatte sofort Lust dazu.

      „Hey cool, ja, auf jeden Fall. Hast Du denn Lust dazu?“

      „Oh ja!“ Sie lachte. Oh, wie er es liebte, wenn sie lachte. Sein ganzer Schmerz wurde kleiner dadurch.

      Drake war schon fertig angezogen und wartete auf sie im Flur.

      „Emily, was ist denn jetzt? Mach mal hinne!“

      „Drake, pass auf. Ich brauch noch einen Moment. Geh doch schon mal runter. Ich bin gleich da.“

      Nun stand er an seiner Yamaha, der Schlüssel steckte schon, sein Helm stand auf dem Sitz und er wartete. ‚Was braucht sie denn heute so lange?‘, fragte er sich. Hatte sie wirklich Lust zum Motorrad fahren oder tat sie es nur ihm zu liebe und trödelte.

      Das Tor zur Tiefgarage öffnete sich, aber es kam nur ein Motorradfahrer heraus. Das Motorrad fuhr langsam an ihm vorbei und der Fahrer nickte. Natürlich nickte er zurück, denn alle Motorradfahrer auf der Welt grüßten sich. Meistens, in dem sie eine Hand hoben oder auch das Bein streckten, aber das ging natürlich nicht immer, also nickte man. Die Maschine hatte eine metallic-blaue Lackierung. Eine Kawasaki ZZR 600. ‚Schönes Model.‘ dachte Drake. Er konnte sie schon riechen, aber wo war sie? Ungeduldig schaute er sich um. Die Kawasaki fuhr bis zum Ende der Straße zum Wendehammer und kam zurück. Dann blieb das Motorrad neben ihm stehen. Drake nahm an, dass der Typ auf dem Motorrad sich seine Yamaha ansehen wollte und ging einen Schritt an die Seite.

      Dann erst sah Drake genauer hin. Es war eine Frau auf dem Motorrad! Die Kurven waren, wenn man genau hinschaute, nicht zu übersehen. Erst dann fielen ihm die rotblonden, langen Haare auf, die zu einem Zopf geflochten über den Rücken hingen.

      „Emily?“, fragte er fassungslos.

      Sie schob das Visier hoch und lachte. „Hey, keine Lust zu fahren?“

      „Du hast ein Motorrad? Du fährst selber Motorrad?“ Oh, wie er diese Frau liebte!

      Wie gut, dass Maddox Soleigh genommen hatte. So konnten sie den ganzen Tag unterwegs sein. Er fuhr fast nur hinter ihr. Drake glaubte, dass er durch reine Willenskraft auf sie aufpassen konnte. Zumindest war sie richtig geschützt angezogen. Sie trug eine leichte schwarze Goretex-Hose mit Kniepolstern. Ihre Jacke war blau-weiß-schwarz mit Schulter- und Rückenschutz und Ellbogenpolstern. Auch ihr Helm war blau-weiß-schwarz. Typisch Frau, es passte halt alles zusammen. Oft meinte er, sie lachen zu hören. Sie war einfach unglaublich.

      *****

      Drake

      Dies war seine letzte Nacht bei ihr. Morgen musste er wieder fort. Der Tag war nahezu perfekt gewesen. Erst hatten sie zusammen gekocht und dabei fast die ganze Küche verwüstet, weil er sich nicht aufs Kochen konzentrieren konnte, sondern sie immer wieder anfassen und küssen musste.

      „Drake! Konzentrier Dich!“, hatte sie ihn ermahnt. Und sie hatte ja Recht, schließlich kamen nicht nur Maddox, sondern auch ihre Freunde zum Mittagessen. Am Abend hatten sie dann im Blue Moon gesessen, da die Waterfalls heute Abend wieder einen Auftritt hatten. Es war Sonntagabend und sie spielten heute nur bis zehn. Es wurde elf, bis sie wieder zurück waren. Sie sprachen kaum ein Wort miteinander, beiden fiel das Reden heute schwer.

      Er hatte sich angewöhnt, sich im Gästebad fertig zu machen. Als er ins Schlafzimmer kam, trat Emily gerade aus dem Bad. Sie hatte geduscht, sich den Tag und alle Gerüche von der Haut gewaschen und roch jetzt wieder so, wie er sie liebte. Nach Lilien und wie der Wald, in dem er zu Hause war. Rein. Sie trug eine rote, kurze und verdammt enge Boxershort und das passende Spagetti-Top. Sofort war er heiß, was er nicht verstecken konnte und auch nicht wollte. Er wollte, dass Emily wusste, dass er eigentlich immer heiß auf sie war. Drake trug wieder nur kurze Shorts und seine Erektion war deutlich sichtbar.

      Sie krochen zusammen ins Bett und kuschelten sich aneinander. Hielten sich fest. Küssten sich, sanft. Streichelten sich, vorsichtig. Versicherten sich gegenseitig, wie sehr sie sich vermissen würden. Nun schlief sie, mit dem Rücken zu ihm in seinem Arm und er küsste liebevoll ihre Schultern. Er wollte nicht schlafen. Er wollte diese Nacht erleben. Sie bewusst im Arm halten. Sie riechen, ihren Duft festhalten für die nächsten Wochen.

      12.

      Emily

      Wenn sie heute nach Hause käme, wäre er nicht mehr da. Drake wäre dann fort.

      Sie atmete tief ein und aus, als sie ihre leere und stille Wohnung betrat. Auf ihrem Bett fand sie eines seiner T-Shirts, er hatte es gestern getragen, eine rote Rose darauf und eine kleine Nachricht.

      „Bald bin ich wieder da! Vergiss mich nicht.“