Sari Eis

Revenge


Скачать книгу

      Sie grinste und streckte sich genüsslich. Dann machte sie den Arm lang und holte sich eine Scheibe von dem noch warmen Brot. Ihre Brust legte sich dabei auf etwas Hartes. Sie schaute nach und fand einen Beutel mit Münzen darin. Bei einer schnellen Kontrolle zählte sie 30 Drachen.

      Fünf Drachen Mitleidsgeld, dachte sie. Es gab immer wieder Männer, die entweder zu viel Geld hatten und nicht wussten wohin damit - oder eben jene, die den Frauen von Jamies Zunft ihr Geld gaben, weil sie Mitleid hatten. Jamie nahm lieber das verschwendete Geld, denn Mitleid brauchte sie nicht.

      Im Gegensatz zu anderen Mädchen machte sie ihren Beruf gern, auch wenn das lange nicht immer so gewesen war. Doch jetzt gerade und in ihrer Position war es sogar recht angenehm. Sie hatte die freie Wahl, welchen Mann sie zuließ und welchen nicht und sie bekam einen Großteil der Einnahmen. Ihr Blick fiel erneut auf die fünf Drachen und sie lächelte.

      Wenig später schloss Jamie die Tür zum Freudenhaus hinter sich und machte sich auf den Weg zum Markt. Sie brauchte neue Kleider und sie wollte zu dem Schmuckhändler, der nur noch heute da sein würde.

      Eine halbe Scheibe Brot in der Hand, zog sie ihren breiten Schal um die Schultern enger. Der Wind war recht frisch und kündigte einen kalten Winter an. Schnellen Schrittes erreichte sie den Marktplatz und steuerte auf den Stoffhändler zu.

      „Guten Morgen, mein Herr“, grüßte sie ihn freundlich und lächelte.

      „Einen wunderschönen guten Morgen, junge Dame. Was kann ich für Euch tun?“

      „Ich brauche Stoff“, sagte sie und grinste frech.

      „Tatsächlich“, lachte er erheitert zurück und wies auf seine Auslage. „Ich denke, da kann ich behilflich sein.“

      „Was für ein Glück“, scherzte Jamie weiter und ließ den Blick dann über die Stoffe gleiten. „Ich brauche leichte Leinen und etwas dünnen Baumwollstoff. Und ein paar Bänder für eine Schnürung.“

      „Ich bin sicher, wir finden alles.“

      Gemeinsam mit dem Händler suchte Jamie die Stoffe zusammen, die sie brauchte und kaufte zusätzlich etwas farbige Seide, aus der man sicher ein schönes Oberteil zaubern konnte. Sie bezahlte alles und dankte dem Mann für seine Ware und Hilfe, dann lief sie weiter zum Schmuckhändler.

      Dawer hatte die Kleine am frühen Morgen verlassen und sichergestellt, dass sie ihr Frühstück bekam. Ihre Bezahlung hatte er ihr aufs Bett gelegt und den Betrag um fünf Drachen erhöht.

      Er wusste, sie würde denken, er hätte es aus Mitleid getan, denn das war gängige Praxis. Doch Mitleid war nicht seine Intention gewesen. Die kleine Neyla war sogar noch mehr wert, aber mehr zu zahlen, wäre auch für ihn schlecht. Sie würde es sich merken und beim nächsten Mal den Preis anziehen. Fünf Drachen waren völlig in Ordnung, wenn man bedachte, dass er noch die ganze Nacht seine Freude an ihr gehabt hatte.

      Sex hatte es nur noch ein weiteres Mal gegeben, doch auch mit ihren Händen wusste sie Dinge anzustellen, die selbst ihm neu waren. Außerdem hatte er ihre Gegenwart einfach genossen. Sie hatte eine ruhige und doch frech-forsche Art an sich, die ihn komplett aus der Welt vor der Tür entführt hatte. Ja, fünf Drachen waren angemessen, wenn auch noch immer zu wenig für eine wie sie.

      Ein Stück Brot traf ihn im Gesicht und Dawer schaute auf.

      Raekwon saß ihm gegenüber und grinste wissend. „Das muss ja eine Nacht gewesen sein“, stellte sein Freund fest und lachte auf. „Du grinst vor dich hin, wie ein Hund, der den saftigsten Knochen bekommen hat.“

      „Sehr saftig, mein Freund. Sehr saftig“, antwortete Dawer und lehnte sich im Stuhl zurück. „Ich bin überaus froh, ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.“

      „Selig trifft es eher. Sieh dich mal an.“ Raek lachte erneut und drehte dann den Kopf. Die Elfen kamen heran und verteilten sich auf die restlichen Stühle um den Tisch. Dea sah mitgenommen aus und Océan stützte müde den Kopf in die Hände. Thrace allerdings wirkte ausgeschlafen.

      „Na, Elf? Wie war deine Nacht?“, fragte Dawer ihn und schlug ihm so fest auf den Rücken, dass Thrace gegen den Tisch stieß.

      Der Elf wandte ihm den Blick zu und verengte die Augen. „Halts Maul.“

      Dawer zischte und sog dann die Luft zwischen den Zähnen ein. „Gab’s keine mehr für dich? Das tut mir leid“, sagte er, ohne jeglichen Ernst in der Stimme. „Aber wenn es dir hilft, sie war ...“ Er beendete den Satz nicht, sondern hob stattdessen Daumen und Zeigefinger an die Lippen, um delikat anzuzeigen. Thrace brummte etwas und gab der Bedienung ein Zeichen. Sie kam heran und die Elfen bestellten ihr Frühstück.

      „Wo ist der Welpe?“, wollte Dawer wissen, als ihm auffiel, dass Lysján fehlte. „Noch beschäftigt?“, fügte er grinsend an, doch Raek schüttelte den Kopf.

      „Er ist gegangen, nachdem du verschwunden bist. Dein Geld habe ich im Zimmer.“

      „Bei allen Göttern, der lernt es nicht“, seufzte Dawer und rutschte im Stuhl tiefer.

      „Er ist seiner Liebe treu“, warf Océan ein und nahm einen Schluck vom Kaffee, den die Bedienung gerade gebracht hatte. „Du würdest es auch sein.“

      Dawer zuckte mit den Schultern. Er würde, aber er musst ja zur Zeit nicht. Seine letzte Frau hatte ihn verlassen, genau wie die drei davor, weil er Söldner war. Frauen verstanden es nicht, dass man sowohl für die eine als auch für die andere Seite kämpfen konnte. Sie entschieden sich immer für eine und blieben dann dabei.

      Aber Söldner war nun mal Dawers Beruf. Wenn man ihn angemessen bezahlte, tat er, was sein Auftraggeber wollte. Und wenn es eben war, einem ehemaligen Auftraggeber den Kopf abzuschlagen.

      Natürlich hatten er und die Männer um ihn herum auch ihre Prinzipien. Sie töteten nur im Kampf und wenn es gerecht zuging. Aufträge bei denen sie wussten, es wäre Mord, lehnten sie ab. Wie damals in Helven. Sie waren keine Assassinen, sie waren Kämpfer.

      Als hätte sie seine Gedanken an ihre Heimat gehört, tauchte Neyla an einem Stand weiter entfernt auf. Dawer wandte den Kopf ganz zu ihr und beobachtete sie. Ihre langen Haare lagen offen aber leicht gedreht über eine Schulter. Sie trug einen breiten Schal, den sie vor der Brust festhielt, damit der Wind ihn nicht wegwehte. Ihre Beine waren von einem schmalen Kleid verdeckt und nur ab und zu kamen ihre Füße in geschlossenen Sandalen zum Vorschein, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte oder einen Schritt machte.

      „Bin gleich wieder da“, ließ Dawer seine Freunde wissen, stand auf und machte sich auf den Weg zu ihr. Unterwegs richtete er seine Kleidung etwas, schüttelte dann aber den Kopf über sein eigenes Verhalten. Mit einem Lächeln auf den Lippen kam er hinter ihr zum Stehen.

      Der Schmuckhändler hatte kaum noch Ware, doch Jamie brauchte trotzdem einen Moment, um zu finden, was sie suchte. Ein Armband aus vielen kurzen schwarzen Lederriemen, die mit Silberschellen verbunden waren, an die man kleine Anhänger hängen konnte. Sie griff danach und betrachtete es.

      Schon als der Händler vor drei Tagen seinen Stand aufgebaut hatte, war ihr dieses Schmuckstück ins Auge gefallen. Doch er hatte zehn Drachen verlangt und die hatte Jamie zu diesem Zeitpunkt nicht gehabt. Sie hätte an ihr Erspartes gehen müssen, was sie eindeutig nicht wollte. Dank ihres letzten Besuchs gestern Nacht und dessen überaus großzügigem Mitleidsgeld hatte sie nun etwas übrig und wollte das Schmuckstück kaufen.

      „Ich möchte das hier, werter Herr“, sagte Jamie und hielt das Kettchen hoch, damit der Händler es sah.

      „15 Drachen“, blaffte der unfreundlich zurück und schenkte ihr weiter keine Beachtung.

      „Was? Aber es kostete doch nur zehn?“

      „Jetzt nicht mehr.“

      „Warum denn? Was ist denn nun anders daran?“

      „Heute ist der letzte Tag.“

      Jamie runzelte die Stirn. „Na und? Dann müsste es sogar günstiger sein. Ich gebe dir fünf