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Strafrecht Besonderer Teil


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die Gefährlichkeit des Tritts erheblich steigert. Andererseits werden Tritte in den allermeisten Fällen mit Schuhen ausgeführt. Situationen, in denen sich der Täter vor der Körperverletzung die Schuhe auszieht oder von vornherein keine trägt, dürften die absolute Ausnahme darstellen. Es ist also üblich, Schuhe zu tragen, sie werden meist nicht zielgerichtet zur Intensivierung des Verletzungserfolges hinzugezogen, fungieren eben nicht als Werkzeug, das sich der Täter zu Nutze macht, um seine Verletzungskraft zu steigern.[327] Subsumiert man normale Straßenschuhe, die jeder trägt, unter den Begriff des (gefährlichen)Werkzeugs, überschreitet man daher die semantischen Grenzen der Norm und verkehrt zudem noch das Regel-Ausnahme-Verhältnis, das dem System von Grund- und Qualifikationstatbeständen innewohnt.

      189Die Rechtsprechung folgt diesen Überlegungen nicht, sieht aber auch nur in manchen Schuhen ein gefährliches Werkzeug. Sie differenziert nach der Art des Schuhs und nach dessen konkreter Einsatzweise: »Ob ein Schuh am Fuß des Täters in diesem Sinne als gefährliches Werkzeug anzusehen ist, lässt sich nur nach den Umständen des Einzelfalles entscheiden […]. Erforderlich ist dazu regelmäßig, dass es sich entweder um einen festen, schweren Schuh handelt oder dass mit einem »normalen Straßenschuh« mit Wucht oder zumindest heftig dem Tatopfer in das Gesicht oder in andere besonders empfindliche Körperteile getreten wird.«[328] Bei Schuhen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit generell besonders gefährlich sind (großes Gewicht, Stahlkappen etc.), genügt |89|danach bereits, dass sie überhaupt zum Einsatz kommen. Bei gewöhnlichen Schuhen muss anhand ihres konkreten Einsatzes entschieden werden, ob sie ein gefährliches Werkzeug darstellen.

      190(2) Waffe: Eine Waffe im Sinne des StGB ist ein körperlicher Gegenstand, »der nach seiner objektiven Beschaffenheit und seinem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen«[329]. Waffen bilden damit eine Untergruppe der gefährlichen Werkzeuge und zeichnen sich dadurch aus, dass man sie nicht nur faktisch zur Verletzung von Menschen einsetzen kann, sondern dass sie auch genau zu diesem Zweck gebaut wurden. Ob auch Gas- und Schreckschusspistolen unter diesen Begriff fallen, war lange umstritten, wird mittlerweile jedoch von der Rechtsprechung bejaht, sofern der Explosionsdruck der Pistole nach vorne austritt.[330]

      cc) Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls (Abs. 1 Nr. 3)

      191Dieses Qualifikationsmerkmal wird folgendermaßen definiert: »Ein Überfall ist i.S.d. st. Rspr. des BGH nicht schon dann hinterlistig, wenn der Täter für den Angriff auf das Opfer das Moment der Überraschung ausnutzt, etwa indem er plötzlich von hinten angreift. Hinterlist setzt vielmehr voraus, dass der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung seiner wahren Absicht berechneten Weise vorgeht, um dadurch dem Gegner die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf seine Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Täter dem Opfer mit vorgetäuschter Friedfertigkeit entgegentritt oder sich vor dem Opfer verbirgt und ihm auflauert oder sich anschleicht […].«[331] Die Definition ähnelt derjenigen der Heimtücke bei § 211 StGB, ist aber nicht vollständig deckungsgleich[332] und sollte nicht durcheinandergebracht werden. Als Kurzdefinition kann man sich merken, dass ein hinterlistiger Überfall vorliegt, wenn der Täter planmäßig und in berechnender Weise seine wahren Absichten verdeckt, um so seinem Opfer die Abwehr zu erschweren. Eine bloße Ausnutzung des Überraschungsmomentes genügt nicht.[333]

      dd) Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Abs. 1 Nr. 4)

      192§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, »dass mindestens 2 Personen bei der Körperverletzung bewusst zusammenwirken. Nicht erforderlich ist die eigenhändige Mitwirkung jedes einzelnen an der Verletzungshandlung. Vielmehr genügt es, dass eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden |90|aktiv – physisch oder psychisch – unterstützt […].«[334] Es kommt also nicht darauf an, ob der andere Beteiligte als Täter oder Teilnehmer zu qualifizieren ist.[335] Wichtig ist nur, dass er zur Tatzeit ebenfalls am Tatort ist[336] und dass aus der gemeinsamen Anwesenheit ein besonders bedrohliches Szenario resultiert. Gerade die Gemeinschaftlichkeit der Beteiligten muss die gegenüber dem Grundtatbestand gesteigerte Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung begründen, etwa »durch eine Schwächung der Abwehrmöglichkeiten […], wenn das Opfer durch die Präsenz mehrerer Personen auf der Verletzerseite insbesondere auch wegen des erwarteten Eingreifens des oder der anderen Beteiligten in seinen Chancen beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten.«[337]

      193Umstritten ist, ob das Opfer der Körperverletzung von der Anwesenheit der zweiten Person Kenntnis haben muss, damit der Qualifikationstatbestand erfüllt sein kann. Der BGH hat dies anhand der folgenden Konstellation verneint: Zwei Männer verabredeten sich, aus Rache für eine vermeintliche Ehrverletzung auf das fahrende Auto eines Bekannten zu schießen. Dabei nahmen sie billigend in Kauf, dass infolge der Schüsse ein Autoinsasse verletzt wird. Einer der beiden wartete an der Straße und kündigte das herannahende Auto via Mobiltelefon an, der zweite machte sich sodann in seinem wenige Meter weiter liegenden Versteck hinter einer Hecke bereit und schoss im entscheidenden Moment. Für die Insassen des Autos war nur der Schütze erkennbar, von der Beteiligung desjenigen mit dem Mobiltelefon bemerkten sie nichts.[338] Nach der Auffassung des BGH ändert diese Unkenntnis nichts daran, dass es sich um eine gemeinschaftliche Körperverletzung handelte: »Durch den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB sollen Begehungsweisen erfasst werden, bei denen durch das Zusammenwirken mehrerer eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Tatopfer begründet wird […]. Der Grad der Gefährlichkeit der Körperverletzung hängt jedoch von der konkreten Tatsituation, nicht aber von der Kenntnis des Tatopfers ab. Bei einem offen geführten Angriff werden die Täter dem Verletzten in aller Regel unmittelbar gegenüberstehen und das Tatopfer damit von der Beteiligung mehrerer Personen wissen. Wird der Angriff – wie hier – bei Dunkelheit verdeckt aus einem Hinterhalt geführt, so ist das Tatopfer vielfach gar nicht in der Lage, den oder die Angreifer wahrzunehmen. Die Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung |91|ist in einem solchem Fall jedoch nicht geringer, sondern im Allgemeinen eher höher anzusetzen.«[339]

      194Eine Gegenauffassung in der Literatur wendet ein, dass trotz der gesteigerten objektiven Gefährlichkeit des Tatgeschehens eine derartige Ausweitung des Tatbestandes wegen der gegenüber dem Grundtatbestand erheblich gesteigerten Strafandrohung untunlich sei.[340]

      ee) Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Abs. 1 Nr. 5)

      195Bei dem Qualifikationstatbestand der lebensgefährlichen Behandlung stellt sich die Frage, ob bereits eine abstrakte Gefährdung reicht, also das Verhalten bloß objektiv zu einer Lebensgefährdung geeignet sein muss, oder ob eine konkrete Lebensgefahr erforderlich ist, es also nur vom Zufall abhängen darf, dass der Tod des konkreten Opfers nicht eintritt. Letzteres wird von einer Mindermeinung in der Literatur verlangt,[341] während der BGH und die herrschende Meinung in der Literatur eine abstrakte Lebensgefährlichkeit der Körperverletzungshandlung ausreichen lassen. Die h. M. bezieht allerdings die konkreten Umstände des Tatgeschehens mit ein: Von maßgeblicher Bedeutung seien die »Dauer und Stärke der Einwirkung, die zwar nicht dazu führen muss, dass das Opfer der Körperverletzung tatsächlich in Lebensgefahr gerät, aber abstrakt geeignet sein muss, das Leben des Opfers zu gefährden […].«[342] Das bedeutet, dass es auch nach der Sicht des BGH nicht genügt, dass ein Verhalten – etwa das Würgen am Hals –, theoretisch dazu geeignet ist, einen Menschen in Lebensgefahr zu bringen. Es muss vielmehr auch angesichts der Intensität der Einwirkung, der körperlichen Konstitution des Opfers etc. eine solche Eignung aufweisen. Entsprechend hat der BGH in einem Fall entscheiden, in dem der Geschädigte gezwungen worden war, sich einige Zeit in dem 15 Grad Celsius kalten Wasser der Elbe aufzuhalten, wodurch er eine Unterkühlung erlitt.[343] Diese sei zwar eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB. Konkrete Umstände, die eine abstrakte Lebensgefahr begründen würden, seien jedoch nicht festgestellt worden: »Das Wasser war mit 15 Grad Celsius noch nicht so kalt, dass