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Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten


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4 Bde. Bd. I: 1872, 31916, Bd. II: 1877. Teil 1: 1914, Teil 2: 21916, Bd. III: 1918, Bd. IV: 1919. – Grundriß des gemeinen deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 1879, 51913. – Grundriß des deutschen Strafprozeßrechts, 1881, 51904. – Handbuch des Strafrechts, Bd. I (einziger), 1885. – Die Gründung des norddeutschen Bundes, 1889. – Lehrbuch des gemeinen deutschen Strafrechts, Besonderer Teil, 2 Bde. Bd. I: 1896, 21902, Bd. II,1: 1901 21904 Bd. II,2: 1905. – Die Entstehung der öffentlichen Strafe im germanisch-deutschen Recht, 1909. – Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, 2 Bde., 1915. – Die staatsrechtliche Verwandlung des deutschen Reiches, 1919. – Zum Werden und Leben der Staaten, 1920. – (zusammen mit A. Hoche) Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form, 1920, 21922 (s. dazu die Jenaer Diss. von K. Hammon, 2011).

      Literatur: H. Achenbach: Historische und dogmatische Grundlagen der strafrechtssystematischen Schuldlehre, 1974, 27–36. – E. v. Bubnoff: Die Entwicklung des strafrechtlichen Handlungsbegriffs von Feuerbach bis Liszt unter besonderer Berücksichtigung der Hegelschule, 1966, 110–127. – Döhring: GDtRPfl., 377. – H.J. Kaganiecz: Karl Bindings Wirken für den Rechtsstaat, Diss. jur. Münster, 1950. – Armin Kaufmann: Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, 1954 (erw. Nachdr. 1988). – R. Müller: Die Normentheorie von Karl Binding, Diss. jur. Tübingen, 1955. – J. Nagler: Karl Binding zum Gedächtnis, in: Der Gerichtssaal 91 (1925), 1–66. – H. Rauch: Die klassische Strafrechtslehre in ihrer politischen Bedeutung, |67|1936, Ndr. 1970. – Schmidt: Einführung, 304–310, 386–388. – H.-L. Schreiber: Gesetz und Richter, 1976, 169ff. – S. Stübinger: Schuld, Strafrecht und Geschichte, 2000, 260–267. – H. Suhr: Karl Binding und das liberale Strafrecht des 19. Jahrhunderts, Diss. jur. Göttingen, 1945. – D. Westphalen: Karl Binding (1841–1920). Materialien zur Biographie eines Strafrechtsgelehrten, Diss. jur. Frankfurt am Main, 1989. – HRG2 I (2008), 594 (A. Koch). – Jur., 86f. (D. Westphalen). – Jur.Univ. II, 498–501 (J.N. Silva Sánchez). – NDB 2 (1955), 244f. (H. Triepel). – StL 2 (1958), 33–35 (Arthur Kaufmann).

      S.

       [Zum Inhalt]

      Sir William BlackstoneBlackstone, Sir William (1723–1780)

      (1723–1780)

      Geb. am 10.7.1723 in London, 1730–1738 Schulausbildung an der Charterhouse Schule, ab 1738 am Pembroke College an der Universität Oxford. Ab 1741 absolviert B. auf der Rechtsschule Middle Temple die Ausbildung zum Anwalt (barrister) und erhält 1746 die Zulassung. Seine juristische Ausbildung ergänzt er als Mitglied des All Souls College in Oxford 1745 durch den Abschluß eines Bachelors und 1750 durch den Doktortitel. Als Anwalt ist B. wenig erfolgreich; zwar wird er 1749 nebenamtlicher Richter (recorder) im Stadtbezirk Wallingford, Berkshire, und ab 1751 sachverständiger Beisitzer des Chancellor’s Court in Westminster, aber der große Erfolg „at the bar“ bleibt ihm versagt. 1753 wendet sich B. der Lehrtätigkeit und dem akademischen Leben in Oxford zu. Seine Vorlesungen über das englische Recht, die ersten, die überhaupt an einer englischen Universität gehalten werden, finden großen Anklang. Eine Stiftung von Charles Viner ermöglicht es, einen Lehrstuhl für englisches Recht in Oxford einzurichten, den B. ab Oktober 1758 bekleidet. Nicht zufrieden allein mit seinem akademischen Wirkungskreis, wendet sich B. weiteren Aufgaben in London zu. 1761 wird er sowohl Vorstandsmitglied (bencher) von Inner Temple als auch Abgeordneter im |68|Unterhaus und Anwalt der Krone (King’s Counsel). Im gleichen Jahr heiratet er Sarah Clitherow. B.s insgesamt neunjährige parlamentarische Tätigkeit ist nicht herausragend, denn es fehlt ihm ein wirkliches Interesse an Politik, und so beschränken sich seine Beiträge auf juristische und verfassungsrechtliche Fragen. 1763 erhält B. das zweithöchste der juristischen Ämter und wird Vertreter des Kronanwalts (Queen’s Solicitor General). Aufgrund seiner vielfältigen Ämter verbleibt B. immer weniger Zeit für die Lehre, und 1766 gibt er alle Verpflichtungen in Oxford auf. Ab 1770 bekleidet B. ein Richteramt am höchsten Gericht für Zivilstreitigkeiten, dem Court of Common Pleas. B. stirbt am 14.2.1780 im Alter von 57 Jahren in Wallingford, Oxfordshire.

      B.s wichtigstes und berühmtestes Werk „Commentaries on the Laws of England“ geht aus seinen Oxforder Vorlesungen hervor. 1765 erscheint der erste von vier Bänden, die restlichen folgen in den nächsten vier Jahren. Auf 2000 Seiten breitet B. darin die Struktur des englischen Rechts aus und faßt die wichtigsten Prinzipien des Common Law zusammen. Die „Commentaries“ beginnen mit der berühmten Einleitung über „The Study, Nature, and Extent of the Law“. Das erste Buch behandelt „Rights of Persons“ sowie die Rolle des Parlaments, die Krone, Judikative und Rechte der Staatsbürger. Im zweiten Buch („The Rights of Things“) folgen Eigentums- und Grundstücksrecht, Buch drei („Private Wrongs“) thematisiert die Verletzung von Bürgerrechten und die Rechtsmittel der Betroffenen, und im vierten und letzten Buch („Public Wrongs“) befaßt sich B. mit dem Strafrecht. B. legt damit die – leicht modifizierte – römischrechtliche Institutionenordnung (personae, res, actiones) zu Grunde, die auch im zeitgenössischen kontinentalen Recht häufig zur Grundlage „wissenschaftlicher“ Gesamtdarstellungen des Rechtssystems gemacht wurde.

      Mit den „Commentaries“ hat sich B. das Ziel gesetzt, ein Werk über das englische Recht als Ganzes zu verfassen, das zudem noch durch seine allgemeinverständliche und unkomplizierte Darstellungsweise eine breite Leserschaft anspricht. Daß B. dieses Ziel erreicht hat, zeigt sich an dem großen Einfluß der „Commentaries“ sowohl in England, als auch in Nordamerika, wo B.s Werk bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts als Grundlage der juristischen Universitätsausbildung dient; es ist damals das wichtigste einführende Lehrbuch in die Materie des englischen Rechts. Nach Übersetzungen ins Französische und Deutsche wird B.s Werk auch in Kontinentaleuropa als Überblick über das englische Recht berühmt. Die „Commentaries“ erscheinen allein bis 1800 in zwölf Neuauflagen, bis heute sind es über vierzig.

      |69|B. unternimmt in seinen „Commentaries“ den Versuch, eine genaue Beschreibung der undurchsichtigen Praxis englischer Rechtsanwendung zu geben. Das von B. vorgefundene englische Recht entstammt vielen verschiedenen Rechtsquellen: zum einen dem umfangreichen „Common Law“, einem ursprünglich auf Gewohnheitsrecht beruhenden, durch richterliche Entscheidungen weiterentwickelten, lange Zeit auch ungeschriebenen Recht; zum anderen dem eigenständigen Normenbereich der „Equity“ und daneben noch dem vom Parlament erlassenen Recht („statute law“). B. muß für seine Aufgabe, eine umfassende Darstellung zu schaffen, den undurchsichtigen Rechtsstoff zusammenstellen, neu gliedern und derart in einen kohärenten Zusammenhang bringen, daß ein vernünftig aufgebautes und zusammenhängendes System entsteht. Der leitende Gedanke, den Rechtsstoff zu systematisieren, stammt zwar aus der Aufklärung, B.s Umsetzung dieses Gedankens ist jedoch nicht zu vergleichen mit der streng deduktiven Methodik vernunftrechtlicher Systematiker wie → WolffWolff, Christian (1679–1754), → PufendorfPufendorf, Samuel (1632–1694), → DomatDomat, Jean (1625–1696) oder → ThomasiusThomasius, Jakob (1622–1684); dt. Philosoph. Diese beginnen mit einer naturrechtlichen Grundlegung abstrakter Prinzipien und entwickeln daraus deduktiv ein Rechtssytem; B.s methodisches Vorgehen ist dagegen stets historisch-empirisch. Ausgangspunkt ist das vorhandene englische Recht, an dessen Vernünftigkeit B. mit einer konservativen, dem Historismus entstammenden Haltung festhält. Die aufklärerischen und naturrechtlichen Ideen seiner Zeit fließen zwar ebenfalls ein, werden jedoch nicht zu methodisch anleitenden Prinzipien. Es soll kein neues besseres Recht geschaffen werden, um das alte zu ersetzen oder zu kritisieren. Das englische Recht in seinen historisch gewachsenen Formen ist Gegenstand der Bewunderung und Verehrung; zu leisten ist lediglich eine logisch schlüssige und widerspruchsfreie Darstellung. Die Institutionen des Common Law erscheinen B. als einzigartig und in ihrer Perfektion dem „statute law“ überlegen.