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Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten


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Verhältnisse fordert 1776 seinen schärfsten Kritiker, → Jeremy BenthamBentham, Jeremy (1748–1832), zu einer vernichtenden Analyse heraus. Am Anfang des 19. Jahrhunderts ist B.s Reputation als großer englischer Rechtsgelehrter überschattet von den Einwänden der Reformbewegung um → BenthamBentham, Jeremy (1748–1832), die ihn als verknöcherten, reformfeindlichen Konservativen darstellt. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebt B.s Werk eine Rehabilitierung durch die Historische Schule um → Sir Henry MaineMaine, Sir Henry James Sumner (1822–1888).

      |70|Hauptwerke: An Analysis of the Laws of England, 1756. – Law Tracts in Two Volumes, 1762. – Commentaries on the Laws of England, 4 Vol., 1765–69, 181829, dt. Übers.: Handbuch des englischen Rechts im Auszuge …, v. H.F.C. v. Colditz, Vorrede v. N. Falck, 2 Bde., 1822/23.

      Literatur: J. Bentham: A Comment on the Commentaries, hrsg. von J.H. Burns, H.L.A. Hart, 1977. – D.J. Boorstin: The Mysterious Science of Law. An Essay on Blackstone’s Commentaries, 1941. – J.W. Cairns: Blackstone, An English Institutist: Legal Literature and the Rise of the Nation State, in: Oxford Journal of Legal Studies 4 (1984), 318–360. – Ders.: Blackstone, the Ancient Constitution and the Feudal Law, in: Historical Journal 28 (1985), 711–717. – P. Carrese: The Cloaking of Power: Montesquieu, Blackstone, and the Rise of Judicial Activism, 2003. – A.V. Dicey: Blackstone’s Commentaries, in: Cambridge Law Journal 4 (1932), 286–307. – I.G. Doolittle: William Blackstone:a Biography, 2001. – D. Douglas: The Biographical History of Sir William Blackstone, 1782, reprinted 1971. – A. Guzmán-Brito: La doctrina de la „consideration“ en Blackstone y sus relaciones con la „cause“ en el „ius commune“, 2004. – H.G. Hanbury: The Vinerian Chair and Legal Education, 1958. – W. Holdsworth: A History of English Law, vol. 12, 1938. – Ders.: Blackstone’s Treatment of Equity, in: Harvard Law Review 43 (1929), 1–32. – Ders.: Gibbon, Blackstone and Bentham, in: Law Quarterly Review 52 (1936), 46–59. – A.J. Laeuchli/J.E. Mooney (Hrsg.): A Bibliographical Catalog of William Blackstone, 2015. – D. Liebermann: The Province of Legislation Determined: Legal Theory in Eighteenth-Century Britain, 1989. – M. Lobban: Blackstone and the Science of Law, in: Historical Journal 30 (1987), 311–335. – P. Lucas: Blackstone and the Reform of the Legal Profession, in: English Historical Review 77 (1962), 456–489. – Ders.: Ex parte Sir William Blackstone, „Plagiarist“: A Note on Blackstone and Natural Law, in: American Journal of Legal History 7 (1963), 142–158. – S.F.C. Milsom: The Nature of Blackstone’s Achievement, in: Oxford Journal of Legal Studies 1 (1981), 1–12. – R.A. Posner: Blackstone and Bentham, in: Journal of Law and Economics 19 (1976), 569–606. – K. Temple: What’s Old Is New Again. William Blackstone’s Theory of Happiness Comes to America, in: The Eighteenth Century. TEC. Philadelphia, 55, 2014, 129–134. – R. Willman: Blackstone and the „Theoretical Perfection“ of English Law in the Reign of Charles II, in: Historical Journal 26 (1983), 39–70. – HRG² I (2008), 614–616 (U. Seif). – Jur., 87–89 (K. Lerch). – Jur.Univ. II, 634–641 (I. Cremades).

      N. Dearth

       [Zum Inhalt]

      |71|Johann Caspar BluntschliBluntschli, Johann Caspar (1808–1881)

      (1808–1881)

      Geb. am 7.3.1808, stammt aus einer alteingesessenen Zürcher Familie. Sein Vater war Kerzen- und Seifenfabrikant und Schreiber der Metzgerzunft „Zum Widder“. B. studierte in Zürich Rechtswissenschaft am Politischen Institut. Zur Vertiefung seiner juristischen, philosophischen und historischen Bildung hielt er sich von 1827 bis 1829 in Berlin (Einflüsse → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861), mit dem B. bis zum Ende seiner Zürcher Zeit in regem Briefwechsel stand, und Schleiermachers) und in Bonn (Hasse und Niebuhr) auf. 1829 wurde er in Bonn zum Doctor iuris promoviert (Dissertation über das römische Noterbrecht nach der Novelle 115). Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris kehrte B. 1830 nach Zürich zurück. Dort wurde er zunächst Auditor beim Amtsgericht und Sekretär der Regierungskommission des Inneren, insbesondere der Kommission für administrative Streitigkeiten, 1831 Bezirksgerichtsschreiber und zugleich Notar der Stadt Zürich, deren Rechtskonsulent er auch noch in späteren Jahren war. Daneben hielt B. Vorträge am Politischen Institut.

      Von 1833 an war er außerordentlicher, von 1836 an bis 1848 ordentlicher Professor für römisches Recht, für deutsches Zivilrecht und für Rechtsgeschichte an der neugegründeten Universität Zürich. In dieser Zeit schrieb B. u.a. die „Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich“, die er → SavignySavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) und → EichhornEichhorn, Karl Friedrich (1781–1854) widmete und die als die bedeutendste wissenschaftliche Arbeit B.s überhaupt gilt. In diesem Werk versucht er die Darstellung eines alemannischen Partikularrechts, das vom römischen Recht wenig beeinflußt ist, von den Anfängen bis zur Gegenwart nach den Grundsätzen der historischen Rechtsschule. Diese Staats- und Rechtsgeschichte, die tiefe allgemein-historische Einsichten enthält, gewann für die nun in der Schweiz einsetzende rechtshistorische Forschung große Bedeutung. 1840 wurde B. beauftragt, die von Friedrich Ludwig Keller begonnenen Arbeiten an einem Privatrechtlichen Gesetzbuch für den Kanton Zürich |72|fort zusetzen. Es wurde 1854–56 in Kraft gesetzt und von B. in vier Bänden mit Erläuterungen herausgegeben. Man rechnet es oft zu den besten gesetzgeberischen Leistungen des 19. Jhs. Es stellt eine gelungene Verbindung schweizerischer Überlieferung mit dem modernen (gemeinen) Zivilrecht dar und hat auf die Fassung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches von 1907 (→ HuberHuber, Zacharias (1669–1732); niederl. Jurist) großen Einfluß gehabt. Wie dieses zeichnet es sich durch Verzicht auf einen allgemeinen Teils und schlichte Sprache (beides im Gegensatz zum deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch) aus. Das Gesetzbuch wurde von mehreren Nachbarkantonen übernommen und blieb dort und in Zürich zu einem großen Teil bis Ende 1911 – also bis zur Ablösung durch das neue, bundeseinheitliche Zivilgesetzbuch – in Kraft.

      B. hatte zeitlebens einen großen Hang zur Politik. Er selbst stimmt in seinen „Denkwürdigkeiten“ der Bemerkung eines Münchener Kollegen zu, er, B., sei zu vier Siebteln Politiker und zu drei Siebteln Professor.

      So war B. von 1838 bis 1848 Mitglied des Großen Rates des Kantons Zürich, ab 1845 dessen Präsident und wurde 1839 in die Oberste Behörde berufen. Als er 1844 bei der Bürgermeisterwahl knapp unterlag, zog er sich im darauf folgenden Jahr enttäuscht aus der Politik zurück. Die Ursache seiner Niederlage lag zum größten Teil in seiner engen Bindung an den Philosophen Friedrich Rohmer, dessen Psychologie er auf die Staatslehre anwenden wollte. U.a. übertrug er die von Rohmer entdeckten sechzehn Grundkräfte der menschlichen Seele auf den Staatskörper und schrieb auch ihm sechzehn Grundorgane zu. Weiter teilte er die Geschichte von 1740 bis 1840 in sechzehn gleiche psychologisch gegliederte Perioden ein. Mit all dem setzte sich B. der Lächerlichkeit aus, was ihm und seiner Partei im Zürcherischen Großen Rat schweren politischen Schaden zufügte. Damit konnten sich B.s politische Absichten in Zürich nicht erfüllen, er ging deshalb 1848 nach München, wo er ordentlicher Professor für deutsches Privatrecht und für Staatsrecht wurde. Aber auch hier gelangte B. nicht zu der von ihm erhofften politischen Bedeutung. Dafür war seine schriftstellerische Produktivität um so größer.

      Die Arbeiten B.s am „Privatrechtlichen Gesetzbuch für den Kanton Zürich“ fallen schon in die Münchener Periode. 1851/52 erschien dann sein „Allgemeines Staatsrecht“, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde und durch das B. europäischen Ruhm gewann. Die Zeitgenossen lobten außer der klaren und eleganten Darstellung vor allem die vergleichende Heranziehung amerikanischen und schweizerischen Verfassungsrechts, die zum wissenschaftlichen Verständnis des modernen |73|deutschen Bundesstaats mehr beigetragen habe als etwa die Arbeiten → StahlsStahl, Friedrich Julius (1802–1861) und → MohlsMohl,