die Entlastung zugeleitet. Die Ergebnisse der überörtlichen Prüfung dienen ebenfalls zur Information der Vertretungskörperschaft der geprüften Kommune, darüber hinaus aber auch der Kommunalaufsicht, die gegebenenfalls auf eine Beseitigung festgestellter Mängel hinwirken wird.
cc) Prüfungsmaßstäbe
332
Maßstäbe der Prüfung sind in Bund, Ländern und Kommunen die Ordnungsmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung.
333
Die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit ist eine Prüfung anhand der rechtlichen, insbesondere haushaltsrechtlichen Vorgaben. Es handelt sich mithin um eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle. Verbreitet, aber terminologisch unglücklich, wird zwischen der Rechnungskontrolle, der Verwaltungskontrolle und der Verfassungskontrolle unterschieden[704]. In der Sache wird kontrolliert, ob bei der Durchführung und auch Verbuchung unmittelbar finanzwirksamer Maßnahmen gegen Rechtsvorschriften verstoßen wurde.
334
Die Prüfung am Maßstab der Wirtschaftlichkeit ergänzt die Rechtmäßigkeitsprüfung um eine zunehmend in den Vordergrund rückende[705] Prüfung der Kosten-Nutzen-Relation, also um eine Prüfung der Zweckmäßigkeit unter betriebswirtschaftlichem[706] oder auch gesamtwirtschaftlichem[707] Blickwinkel. Der Wirtschaftlichkeitsmaßstab der Finanzkontrolle steht in engem Zusammenhang mit dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Rn. 155 ff.). Zu untersuchen ist im Einzelnen, ob Kosten und Nutzen bzw. Aufwand und Ertrag in einem angemessenen, vertretbaren Verhältnis zueinander stehen. Ein – ohnehin kaum genau zu bestimmendes – Optimum ist nicht zu verlangen[708]. In diesem Sinne sehen § 90 Nr. 3 und Nr. 4 BHO (entsprechend die Landeshaushaltsordnungen) vor, dass der Rechnungshof prüft, ob „wirtschaftlich und sparsam verfahren wird“ und ob „die Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand oder auf andere Weise wirksamer erfüllt werden kann“. Auch die Alternative der Privatisierung ist hier grundsätzlich zu berücksichtigen[709].
335
Der Zweckmäßigkeitsmaßstab der angemessenen, vertretbaren Kosten-Nutzen-Relation ist primär an das zielverwirklichende Verwaltungshandeln anzulegen, nicht dagegen an die politisch-gestalterischen Zielsetzungen selbst[710]. Der Nutzenbegriff darf in der Prüfung deshalb nicht dergestalt aufgeladen werden, dass die Nützlichkeit und Sinnhaftigkeit oder gar auch Rentabilität des verfolgten Ziels gewichtet würden[711]. Dies beruht auf der Schwierigkeit, eine solche Gewichtung vorzunehmen, und folgt zugleich aus der Kompetenzordnung. Betriebswirtschaftlich hat sich der Bundesrechnungshof mithin eher vom Minimalprinzip leiten zu lassen (Rn. 156), nach dem ein bestimmtes Ziel zugrunde gelegt und danach gefragt wird, wie dieses Ziel mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen ist, weniger dagegen vom Maximalprinzip, dessen Blickwinkel ein feststehender Aufwand ist, der zu einem möglichst hohen, insoweit variablen Ertrag führen soll[712]. In der Praxis ist im Einzelfall freilich vielfach nur mit Schwierigkeiten exakt zwischen der Prüfung des Weges zur Zielerreichung einerseits und der Prüfung der Zielsetzung selbst andererseits abzugrenzen. Ein Überschneidungs- oder Graubereich ist daher unvermeidlich[713].
c) Entscheidung über die Entlastung
336
Auf Grundlage der Rechnungslegung des Finanzministers und des Berichts des Rechnungshofs[714] hat das Parlament (auf Bundesebene auch der Bundesrat) sodann – ohne dass es eines Antrags des Finanzministers oder der Regierung bedürfte – darüber zu entscheiden, ob es der Regierung die Entlastung erteilt (siehe neben Art. 114 Abs. 1 GG und den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften § 47 HGrG, § 114 BHO und das entsprechende Landeshaushaltsrecht) und damit die Verantwortung für das Haushaltsgebaren der Regierung übernimmt. Während der Rechnungshof fachlich, unparteiisch und unabhängig, im Ganzen technisch-administrativ kontrolliert, wird die parlamentarische Rechnungsprüfung auch unter politischen Gesichtspunkten vorgenommen[715]. Im Kern aber folgt die parlamentarische Prüfung denselben Maßstäben wie die Finanzkontrolle des Rechnungshofs[716]. Der Entscheidung gehen Ausschussberatungen unter Anwesenheit von Vertretern des Rechnungshofs und der Ressorts voraus, in denen der Bericht eingehend erörtert wird.
337
War die Haushalts- und Wirtschaftsführung im Ganzen ordnungsgemäß und wurde auch der Wirtschaftlichkeitsanforderung genügt, besteht eine Rechtspflicht, die Entlastung zu erteilen[717], und darüber hinaus ein – erforderlichenfalls gerichtlich (Organstreitverfahren) durchsetzbarer – Anspruch der Regierung auf Entlastung[718]. Der Entlastungsbeschluss hat gleichwohl keine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen, sondern politischen Charakter. Die Erteilung der Entlastung schließt es nicht aus, einzelne Sachverhalte zu missbilligen oder auch weitere Prüfungsmaßnahmen anzuordnen und Berichtspflichten aufzuerlegen.
338
Entsprechendes gilt auf kommunaler Ebene[719]. Hier ist die Verwaltung von der jeweiligen Vertretungskörperschaft zu entlasten, dies vor allem aufgrund der Ergebnisse der örtlichen Rechnungsprüfung. In der Regel ist innerhalb eines Jahres nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres Beschluss zu fassen. Der Entlastungsbeschluss ist in den meisten Bundesländern der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen und ortsüblich bekannt zu geben; die Jahresrechnung ist mit dem zugehörigen Bericht öffentlich auszulegen[720]. Wie auf staatlicher Ebene hat der Entlastungsbeschluss allein politische Bedeutung. Er schließt insbesondere Ersatzansprüche oder Disziplinarmaßnahmen nicht aus. Auch kann er mit der Missbilligung einzelner Verwaltungsmaßnahmen verbunden werden.
339
Die Entlastung schließt den Haushaltskreislauf ab; dies zu einem Zeitpunkt, zu dem der nächste oder übernächste Kreislauf bereits begonnen hat. So fließen die Erfahrungen aus der Prüfung unmittelbar in die Planung und die laufende Bewirtschaftung ein.
Anmerkungen
→ Waldhoff, § 67.
BVerfGE 45, 1 (32) – Haushaltsüberschreitung; 70, 324 (355) – Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste; 79, 311 (328 f.) – Staatsverschuldung I; klassisch, bezogen auf das Etatgesetz, Johannes Heckel, Die Budgetverabschiedung, insbesondere die Rechte und Pflichten des Reichstags, in: Gerhard Anschütz/Richard Thoma (Hg.), Handbuch des deutschen Staatsrechts, Bd. 2, 1932, § 89, S. 392: „Es ist ein im Wege der staatsgestaltenden Gesetzgebung erzeugter staatsleitender Gesamtakt der Regierung und des Parlaments; sein Gegenstand ist ein staatliches Gesamtprogramm für die staatliche Wirtschaftsführung und damit zugleich für die Politik des Landes während der Etatperiode.“; dazu auch Helmut Siekmann, in: Michael Sachs (Hg.), GG, 82018, Art. 110 Rn. 30; zum Haushalt als „Schicksalsbuch der Nation“ Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. II, 1980, S. 1189.
Siehe etwa Siekmann (Fn. 2), Art. 110 Rn. 6 ff.; noch weiter ausdifferenzierend Werner Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 269 ff.; ders., in: Horst Dreier (Hg.), GG, 32018, Art. 110 Rn. 12.
BVerfGE 55, 274 (303) – Berufsausbildungsabgabe.