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Besonderes Verwaltungsrecht


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      Seitdem die Stadt Weimar ab dem 1. Januar 2005 eine Kulturförderabgabe für Übernachtungen eingeführt hat, hat es fünf Jahre gedauert, bis andere Städte und Kommunen diesem Beispiel folgten[953]. Viele Städte erheben eine solche Abgabe inzwischen, u.a. folgende: Köln seit 1. Oktober 2010[954], Dortmund[955]und Duisburg[956]seit 1. November 2010, Erfurt[957] und Trier[958], Bingen am Rhein[959], Osnabrück[960]seit 1. Januar 2011, Bremen[961] seit 1. Januar 2013, Hamburg[962] seit 1. Januar 2013, Berlin[963] seit 1. Januar 2014, Bonn[964] seit 1. Juli 2015, Frankfurt am Main[965] seit 1. Januar 2018. Der Versuch Münchens scheiterte zunächst an der versagten Genehmigung der Regierung von Oberbayern im Oktober 2010. Im Februar 2011 hat sodann der Bayerische Landtag einen Beschluss gefasst, in dem er sich gegen eine Übernachtungsteuer ausspricht[966].

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      Diese Abgaben sind als örtliche Aufwandsteuern ausgestaltet – eine verbindliche Zweckbindung des Steueraufkommens für kulturelle Zwecke ist in den Satzungen nicht vorgesehen. Besteuert werden soll der Aufwand für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in Beherbergungsbetrieben. Zwar wird die Steuer vom Inhaber des jeweiligen Beherbergungsbetriebs erhoben, dieser hat aber die Möglichkeit, sie kalkulatorisch auf den Übernachtenden abzuwälzen. Ob dies in der Praxis stets gelingt, ist für den Charakter der Steuer als Aufwandsteuer irrelevant[967].

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      Wie auch bei der Problematik des Haltens eines Diensthundes und des Innehabens einer Erwerbszweitwohnung stellt sich die Frage, ob die Besteuerung beruflich bedingter Übernachtungen mit dem Charakter einer Aufwandsteuer für die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit zu vereinbaren ist. Als erstes Gericht hat sich das OVG Koblenz mit dieser Frage auseinandergesetzt und die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Zweitwohnungsteuer und zur Hundesteuer mit dem Ergebnis übertragen, dass eine Übernachtung der Aufwandbesteuerung nur dann entzogen sei, „wenn sie – wie die als reine Geld- oder Vermögensanlage gehaltene Zweitwohnung – ausschließlich der Einkommenserzielung zuzuordnen bzw. – wie unter bestimmten Umständen die Haltung eines Diensthundes – ausschließlich als Erfüllung einer Dienstpflicht anzusehen ist. Das ist bei beruflich veranlassten Übernachtungen nur dann der Fall, wenn eine häusliche Übernachtung zwingend ausscheidet und die betreffende Person während ihres Aufenthalts keine Möglichkeit hat, neben ihren beruflichen oder geschäftlichen Aktivitäten und der Befriedigung notwendiger Grundbedürfnisse – Nahrungsaufnahme, Schlaf, Körperpflege – auch sonstigen privaten Interessen nachzugehen, also etwa kulturelle, sportliche, gastronomische oder sonstige Freizeitangebote zu nutzen“[968]. Das Bundesverwaltungsgericht hat die in den Berufungsinstanzen bisher unterschiedlich behandelten Fragen klären können. Danach ist es unschädlich, wenn bei der beruflich veranlassten Übernachtung auch private Zwecke – etwas abends ein Konzert- oder Kinobesuch – verwirklicht werden[969]. Somit ist für die Zulässigkeit der Übernachtungsteuer die Unterscheidung zwischen privater und beruflicher Veranlassung zentral: Nur in einer privaten Übernachtung kommt die durch eine örtliche Aufwandsteuer abschöpfbare besondere Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Die Unterscheidung dürfte keine unüberwindbaren administrativen Hürden aufrichten.

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      Das OVG Koblenz, das Bundesverwaltungsgericht sowie der Bundesfinanzhof[970] haben zudem eine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer verneint[971]. Als „neue“ und nicht herkömmliche Steuer gilt für sie das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG. Trotz gewisser Übereinstimmungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen bzw. der belasteten Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit[972] seien die Unterschiede im Hinblick auf den Steuergegenstand, den Steuermaßstab und die Erhebungstechnik so erheblich, dass kein Verstoß gegen Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG vorliege. Steuergegenstand der Umsatzsteuer ist der Umsatz eines Unternehmers für Lieferungen und sonstige Leistungen, wohingegen bei der Kulturförderabgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für entgeltliche Übernachtungen besteuert wird[973]. Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Erhebungstechnik, da die Umsatzsteuer als „Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug“ ausgestaltet ist, die Kulturförderabgabe hingegen als „Einphasen-Aufwandsteuer“ nur einmalig auf der Letztanbieterstufe einsetzt und auch nicht nur den Mehrwert abschöpfen will[974]. In Bezug auf den Steuersatz unterscheiden sich die Satzungen teilweise[975], eine Ungleichartigkeit zur Umsatzsteuer ist zumindest zu bejahen, wenn – wie im vom OVG Koblenz überprüften Fall – feste Beträge je Übernachtung vorgesehen sind. Dann fehlt es an einer der Umsatzsteuer eigenen strengen Proportionalität zum Steuergegenstand[976]. Problematischer gestaltet sich dies aber in den Fällen von Köln, Dortmund und Erfurt, da in den Satzungen dieser Städte ein Prozentsatz der Bemessungsgrundlage (der vom Gast für die Beherbergung aufgewendete Betrag) als Steuersatz vorgesehen ist. Dies entspräche der Proportionalität der Umsatzsteuer. Doch auch hier sind, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Grundsatzurteilen vom 11. Juli 2012 klargestellt hat, hinreichend Abstand haltende Gestaltungen möglich. Drei Verfassungsbeschwerden gegen Urteile zur Hamburger[977], Bremer[978] und Freiburger[979] Übernachtungsteuer sind jedoch beim Bundesverfassungsgericht noch anhängig.

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      Gegen die Zulässigkeit einer Kulturförderabgabe/Übernachtungsteuer wird vorgebracht, dass sie gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und gegen den Grundsatz der Bundestreue verstoße, da sie die mit Art. 5 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom 22. Dezember 2009 verfolgte Absicht des Bundesgesetzgebers konterkariere, Beherbergungsbetriebe zu begünstigen und hierdurch zum Wirtschaftsaufschwung beizutragen[980]. In der Wirkung bejaht das OVG Koblenz zwar eine Beeinträchtigung der beabsichtigten Entlastung[981], jedoch handele es sich – anders als in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 1998 und 27. Oktober 1998 – vorliegend um Abgabenvorschriften des Bundes und der Kommune ohne Lenkungszwecke, die lediglich in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen nicht übereinstimmten. Die Kommune sei nur dann gehindert, „von ihrer Kompetenz zur Regelung der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern Gebrauch zu machen, wenn der Bund die Befugnis hätte, die steuerliche Gesamtbelastung von Beherbergungsunternehmen unabhängig von der jeweiligen Steuerart verbindlich festzulegen.“ Eine solche Kompetenz lässt sich dem Grundgesetz aber nicht entnehmen[982].

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      Jagdsteuer[983] und Fischereisteuer sind überkommene kommunale Aufwandsteuern[984], deren Verfassungsmäßigkeit aufgrund des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums[985] bei der Erschließung neuer Steuerquellen weithin außer Frage steht[986]. Der Schankerlaubnissteuer kommt unter den kommunalen Aufwandsteuern[987] nur eine marginale fiskalische Bedeutung zu[988]. Ordnungspolitische Interessen treten hier ganz in den Vordergrund[989]. Die Steuerbelastung soll der Errichtung neuer Gaststätten und damit der Ausweitung des Alkoholkonsums entgegenwirken[990]. Andere Gewerbeformen nach dem Gaststättengesetz, die nicht mit der Weitergabe alkoholischer Getränke in Zusammenhang stehen, wie Beherbergungs- oder Speisewirtschaften, werden daher steuerrechtlich regelmäßig nicht erfasst[991]. Im Gegensatz zu anderen Gemeindesteuern handelt es sich um eine direkte Gemeindesteuer, die unmittelbar den Steuerschuldner wirtschaftlich belasten soll; eine Überwälzung im Sinne der überkommenen Steuerlehre ist nicht vorgesehen[992].

      Auch eine Pferdesteuer zum Zwecke Einnahmenerzielung ist vom Bundesverwaltungsgericht[993] als zulässige kommunale Aufwandsteuer angesehen worden. Der erforderliche örtliche Bezug sei durch die Unterbringung des Pferdes in der steuererhebenden Gemeinde gegeben. Auch liege kein Verstoß gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung darin, dass subventioniertes Verhalten besteuert werde, zumal die entsprechende Satzung keine Lenkungszwecke verfolge[994]. In NRW wurde zudem in mehreren Kommunen eine Prostitutitionsteuer („Sexsteuer“) eingeführt, die von der Rechtsprechung ebenfalls als rechtmäßig akzeptiert worden ist[995]. Daneben ist auch die grundsätzliche Zulässigkeit einer Wettbürosteuer