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Besonderes Verwaltungsrecht


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der Mechanismen des Marktes wird auch als „Pigou-Steuer“ bezeichnet[1064].

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      Aus wirtschaftswissenschaftlicher, also an der effektiven Güterallokation orientierter, Sicht kann damit ein optimaler Einsatz von Ressourcen und ein optimales Umweltschutzniveau bei möglichst niedrigen volkswirtschaftlichen Kosten erreicht werden[1065]. Deshalb werden die Umweltabgaben aus ökonomischer Perspektive etwa der ordnungsrechtlichen Lösung strikter Grenzwerte vorgezogen: Sofern der mit den umweltschädlichen Produkten zu erzielende Preis groß genug sei, verhinderten Umweltabgaben anders als absolute Verbote deren Herstellung nicht und förderten damit weiterhin Wachstum, Investitionen und Innovationen[1066]. Auch berücksichtigten Abgaben besser die individuellen „Verschmutzungsbeiträge“ der Verursacher und lösten einen geringeren Informations- und Kontrollbedarf des Staates im Vergleich zu Grenzwerten aus. Ferner würden Abgaben stets einen Anreiz zur Verminderung umweltbelastender Auswirkungen setzen, während starre Schranken hier fortschrittshemmend wirkten[1067]. Aus umweltpolitischer Sicht ist diese rein wirtschaftlich orientierte Betrachtungsweise jedenfalls insoweit angreifbar, als sie den Wert ökonomischer Effizienz absolut setzt und die ökologische Effektivität darunter möglicherweise leidet – in diesen Zusammenhang sind auch der Kommerzialisierungseinwand des Freikaufs von Verhaltenspflichten sowie der Vorwurf der verzögerten und unsicheren Wirkung der Umweltabgaben im Vergleich zu Verbotslösungen einzuordnen[1068]. Ferner stellt sich die Frage, inwiefern nicht andere Instrumente wie der Zertifikatehandel, strenge technische Vorschriften, Subventionen, Kooperationsmodelle, freiwillige Selbstverpflichtungen oder individuell festgelegte Grenzwerte zumindest teilweise gegenüber der Abgabenlösung vorzugswürdig sind[1069].

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      Umweltabgaben nehmen im Hinblick auf ihre politische Bewertung zunächst insofern eine Sonderrolle innerhalb der öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten ein, als der Gesetzgeber im Zusammenhang mit Umweltschutzmaßnahmen auf generell günstigere akzeptanzpsychologische Rahmenbedingungen trifft, da die Opferbereitschaft in der Bevölkerung für umweltschützende Maßnahmen grundsätzlich höher ist, sogar im politisch sensiblen Abgabenbereich[1070]. Daraus resultiert die Gefahr der inflationären Verwendung des Attributs „umweltschützend“ zur Charakterisierung von Initiativen, obwohl eigentlich rein fiskalische Interessen im Vordergrund stehen[1071]. Trotz dieses allgemeinen Zuspruchs für Umweltschutzbemühungen verlaufen die Diskussionen um die Einführung von Umweltabgaben zumeist in erhitzter Atmosphäre, was insbesondere in der Angst um Standortnachteile im internationalen Wettbewerb, im entschiedenen Widerstand bestimmter Interessengruppen aus der Wirtschaft sowie in den oftmals unsicheren Tatsachengrundlagen und Prognosegenauigkeiten im Umweltschutzbereich begründet liegt[1072].

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      Umweltabgaben lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten systematisieren[1073]. Gemeinhin wird eine Einteilung entsprechend ihrer jeweiligen Funktionen bzw. Ziele propagiert, wobei der Umweltbezug der Abgabe sich hier sowohl am Erhebungs- als auch am Verwendungszweck zeigen kann[1074]. Hiernach ließe sich zwischen Umweltnutzungs- („Entgelt“ für die Inanspruchnahme von Umweltgütern abhängig von der Intensität des Umwelteingriffs), Umweltfinanzierungs- (Deckung des Mittelbedarfs für Umweltschutzvorhaben), Umweltausgleichs- (Schadensausgleich als Restitutionskosten bzw. Vorteilsausgleich als Abschöpfung von Kostenersparnissen) und Umweltlenkungsabgaben (Vermeidung umweltbelastenden Verhaltens durch entsprechende Anreize) differenzieren[1075]. Oftmals handelt es sich bei Umweltabgaben nicht um die Verwirklichung eines dieser Idealtypen in Reinform, sondern um die Verknüpfung verschiedener Abgabenzwecke[1076]. Es bestehen demnach fließende Übergänge und Mischformen innerhalb dieser Klassifikation.

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      Weiterhin können Umweltabgaben entsprechend der Regelungstechnik eingeteilt werden. So kann es sowohl in vorhandene und komplexe Abgabengesetze integrierte als auch gesondert geregelte, selbstständige Umweltabgaben geben[1077]. Die umweltorientierten Staffelungen etwa der Mineralölsteuer auf der einen, die in einem eigenen Gesetz enthaltene Abwasserabgabe auf der anderen Seite bilden hier Beispiele. Ferner können Umweltabgaben hinsichtlich der regelnden Körperschaft (Bund, Länder, Kommunen) bzw. der gewählten Abgabeart (steuerlich versus nicht-steuerlich) eingeteilt werden.

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      Schließlich ließe sich eine Unterscheidung entsprechend dem Abgabegegenstand (z.B. Anknüpfung an Produktionsmittel, -verfahren oder -ergebnis), hinsichtlich der berührten Sachmaterien (Differenzierung nach Umweltbelang bzw. Schutzgut) oder mit Blick auf die Aufkommensverwendung der Umweltabgabe (z.B. umweltspezifische Zweckbindung oder allgemeine Haushaltsfinanzierung) einführen[1078].

III. Rechtsprobleme von Umweltabgaben

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      Wie erläutert können Umweltabgaben grundsätzlich in jeder Abgabeform auftreten. Dennoch eignen sich die Abgabetypen in unterschiedlichem Maße zur Verarbeitung der diversen Umweltkonflikte. Im Folgenden sollen daher die mit einzelnen Abgabearten spezifisch verbundenen Rechtsfragen dargestellt werden[1079].

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      Zunächst kommen Umweltabgaben in Form der Steuer in Betracht. In diesem Zusammenhang erfreuen sich insbesondere Umweltlenkungsabgaben als Steuer einer gewissen Beliebtheit – Strom-, Mineralöl- und KfZ-Steuer belegen dies. Dabei darf es als gesichert gelten, dass die Instrumentalisierung der Steuer zu Lenkungszwecken – auch speziell zu umweltpolitischen Zielen – verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich ist[1080]. Mithin treten bei Umweltabgaben in Steuerform generell mit Lenkungssteuern verbundene Probleme auf: So können etwa Steuerbefreiungen die mit der Steuererhebung verbundenen umweltpolitischen Lenkungsziele leer laufen lassen, Steuererhöhungen ungewollt auch die umweltschützende Lenkungslast steigern oder diese „Umwelt“steuern auch bei erreichtem Lenkungszweck aus rein fiskalischem Interesse beibehalten werden[1081].

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      Einer übermäßigen Ausweitung der klassischen Ökosteuern und einem „ökologischen Umbau“ des Steuersystems steht ihr Charakter als „atypische Steuern“[1082] entgegen, da ihr Ziel die stete Ertragsminderung sein muss, was dem Finanzierungsinteresse des Staates sowie der Finanzierungsfunktion der Steuer widerspricht und zudem das Argument der „doppelten Dividende“ in Gestalt der Einnahmenerzielung und Umweltschutzförderung jedenfalls teilweise entkräftet[1083].

      Daneben wird die nicht an schädliche Produktionsmittel oder -ergebnisse, sondern an die schlichte Inanspruchnahme von Umweltgütern bzw. nur an die belastende Emission an sich anknüpfende Steuer teils für bedenklich gehalten, da sie eine immanente Voraussetzung der Steuererhebung nicht erfülle: Die bloße Verursachung solcher externen Kosten stelle keinen steuerbaren, steuergeeigneten und steuerspezifischen Tatbestand als Ausdruck der Beteiligung des Staates an monetär fassbarer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit dar, sondern bedeute eine Besteuerung reiner, nicht wirtschaftskraftindizierender Risikopotentiale und durchbreche damit das überkommene Steuersystem[1084]. Ein freies Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers wird dabei überwiegend abgelehnt[1085]. Es gilt damit in jedem Einzelfall zu prüfen, inwiefern Emissionssteuern als zulässige Verbrauch- oder Aufwandsteuer ausgestaltet werden können, da die Umweltbelastung als solche aufgrund ihrer Loslösung von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit keinen tauglichen Besteuerungsgrund darstelle[1086]. Eine kompetenzgerechte Ausgestaltung als Verbrauchsteuer ist freilich grundsätzlich denkbar[1087].

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      Ferner gilt es im Zusammenhang mit Umweltsteuern zu beachten, dass eine Zweckbindung der Aufkommensverwendung der Umweltabgabe noch nicht gezwungenermaßen