Regelung der herkömmlichen, d.h. jedenfalls der bei Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes am 1. Januar 1970 üblicherweise bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, nicht berührt werden[1036]. Eine Einbeziehung von Bier in die Gruppe der steuerpflichtigen Getränke hat das Bundesverfassungsgericht als zulässig erachtet: Es könne nicht danach differenziert werden, „auf welche Getränke diese Steuer erhoben und für welche sie über eine bestimmte Zeit nicht erhoben wurde. Es wäre nicht sachgerecht, eine solche einheitliche, durch den Bezug auf einen Gattungsbegriff definierte Steuer hinsichtlich ihrer Gleichartigkeit mit bundesgesetzlich geregelten Steuern nach dem jeweils abgegebenen Getränk unterschiedlich zu behandeln. Das liefe letztlich darauf hinaus, die Gesetzgebungsbefugnis der Länder aus Art. 105 Abs. 2a GG nach Getränken statt nach der Steuerart abzugrenzen“[1037]. Auch der EuGH hat die Erhebung einer Getränkesteuer auf den Umsatz alkoholhaltiger Getränke in einer Gastwirtschaft mit Art. 3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992[1038] für vereinbar gehalten und eine Gleichartigkeit mit bundesgesetzlich geregelten Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer, abgelehnt[1039]. Eine Vereinbarkeit ist ebenso mit Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG anzunehmen[1040]. Die Steuerbefreiung für Apfelwein stelle zudem keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG dar[1041].
269
Die Speiseeissteuer wurde 1963 vom Bundesverfassungsgericht mangels örtlichen Wirkungskreises für verfassungswidrig erklärt[1042]. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Speiseeissteuer bildeten die auf dem jeweiligen Kommunalabgabengesetz beruhenden kommunalen Satzungen. Steuergegenstand war die entgeltliche Abgabe von Speiseeis an Verbraucher im Gemeindegebiet. Steuerschuldner war der Endverkäufer des Speiseeises, wobei die Steuerschuld zum Zeitpunkt der entgeltlichen Abgabe des Speiseeises entstand. Steuermaßstab war das Entgelt[1043]. Von der Speiseeissteuer umfasst war also jedwede entgeltliche Abgabe von Speiseeis im Gemeindegebiet und nicht nur die Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle. „Nur beim Verzehr an Ort und Stelle ist jene örtliche Radizierung des Steuertatbestandes gegeben, die gleichzeitig die unmittelbaren Wirkungen der Steuern auf das Steuergebiet begrenzt“[1044]. Die örtliche Radizierung müsse sich allerdings – wie das Bundesverfassungsgericht weiter ausführt – aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes selbst ergeben, nicht aber könne sie aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstandes abgeleitet werden, dessen Verbrauch der Steuer unterworfen ist[1045]. Es genüge nicht, dass nach den „Regeln der Lebenserfahrung“ darauf geschlossen werden könne, dass der Verzehr im Gemeindegebiet erfolge, der Verzehr außerhalb des Gemeindegebiets die Ausnahme sei; vielmehr müsse schon der normative Tatbestandes des Gesetzes so gestaltet sein, dass eine Abgabe zum Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes davon nicht betroffen sein könne[1046]. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit heute die „entgeltliche Abgabe von Speiseeis“ einer Besteuerung unterworfen werden kann. Die Antwort hängt vor allem davon ab, ob die Speiseeissteuer als „Sonderumsatzsteuer“[1047] an dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG zu messen ist. Dies ist nur dann zu verneinen, wenn die Speiseeissteuer eine „herkömmliche Steuer“ im Sinne dieser Rechtsprechung ist. Da die Speiseeissteuer bereits vor der Finanzreform 1969/1970 für verfassungswidrig erklärt wurde, kann es sich bei ihr nicht um eine herkömmliche Steuer handeln, so dass eine Einführung einer Speiseeissteuer aufgrund der Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer ausscheidet[1048]. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit sie in der Erhebungs-Variante „zum Verzehr an Ort und Stelle“ vor der Finanzreform herkömmlich erhoben wurde. Dies ist der Fall; eine Speiseissteuer, die den sofortigen Verzehr des Eises belegt, wäre demnach zulässig[1049].
V. Kommunales Steuer- und Abgabenerhebungsverfahren
270
Die Zuständigkeit für den Verwaltungsvollzug der kommunalen Abgaben ergibt sich aus dem Grundgesetz und aus landesrechtlichen Regelungen. Nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG kann durch nachkonstitutionelles Landesgesetz die Verwaltung der Kommunalsteuern in dem Sinne der alleinigen kommunalen Ertragshoheit den Gemeinden/Gemeindeverbänden übertragen werden. Für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ist dies regelmäßig durch die Kommunalabgabengesetze erfolgt (vgl. z.B. §§ 1; 12 f. KAG NW). Nachdem das Bundesverwaltungsgericht zuvor den überkommenen Rechtszustand beanstandet hatte[1050], ist eine solche Übertragung nunmehr auch für die Realsteuern, d.h. für die Gewerbe- und die Grundsteuer erfolgt[1051].
271
Das Verfahren zur Erhebung der kommunalen Abgaben, d.h. das Verwaltungsverfahren ist regelmäßig durch eine enumerative dynamische Verweisung der Kommunalabgabengesetze der Länder auf die AO geregelt, vgl. etwa § 12 KAG NW. Die in Bezug genommenen Vorschriften werden dadurch Landesrecht[1052]. Diese Regelungstechnik ist von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt worden[1053].
Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht › § 67 Abgabenrecht › J. Umweltabgaben
I. Begriff, ökonomischer und politischer Hintergrund
272
Umweltabgaben sind solche öffentlich-rechtliche Geldleistungspflichten, die im Interesse des Umweltschutzes erhoben werden[1054]. Der Begriff der Umweltabgabe führt keinen neuen Abgabetypus in die überkommenen staatlichen Finanzierungsinstrumente ein, sondern beschreibt alle solche Abgaben, die dem Umweltschutz dienen sollen – Umweltabgaben können mithin grundsätzlich in jeder Abgabeform auftreten[1055]. Ebenso wie das fiskalische Element „Abgabe“ erweist sich auch der sachliche Begriffsbestandteil „Umwelt“ als weit: Er umfasst entsprechend dem Charakter von Umweltschutz als Querschnittsaufgabe die natürlichen Lebensgrundlagen unter Einbeziehung ihrer Wechselwirkungen mit der menschlichen Existenz und differenziert dabei zunächst nicht zwischen der Art der Umweltgüter oder der Gefährdungen. Trotz dieses gebotenen offenen Begriffsverständnisses der Umweltabgabe müssen Grenzziehungen erfolgen: So sind etwa steuerliche Begünstigungen von umwelterhaltenden Maßnahmen trotz der Umweltabgabe ähnlicher Effekte ebenso wie bloße reflexartige Auswirkungen von Abgaben auf die Umwelt aus der Betrachtung auszuscheiden[1056].
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Der Kategorie der Umweltabgaben liegen ökonomische Leitideen zugrunde[1057]. In diesem Zusammenhang bildet zunächst die in der Tradition keynesianischen Denkens stehende indirekte Verhaltenssteuerung durch wirtschaftliche Anreize einen Grund für die Entwicklung von Umweltabgaben. Insoweit bestehen allerdings keine Besonderheiten im Vergleich zur Ökonomisierung der Rechte und Pflichten durch sonstige lenkende Abgaben[1058]. Daneben lässt sich aber auch eine spezielle und genuin umweltabgabenspezifische Ökonomie ausmachen, die weniger den optionalen Charakter der Umweltabgabe als Lenkungsinstrument betont, als vielmehr „die Notwendigkeit einer abgabenrechtlichen [. . .] Intervention des Staates zu begründen versucht“[1059]. Die durch Einführung von Umweltabgaben wahrgenommene ordnungspolitische Aufgabe des Staates beruht auf einem wirtschaftswissenschaftlich als „the tragedy of the commons“ bekannten Problem[1060]. Umweltgüter stellen größtenteils jedermann verfügbare und kostenlos nutzbare, aber eben begrenzte Ressourcen dar. Hieraus resultiert ein Versagen der marktwirtschaftlichen Mechanismen zur Regulierung der gemeinschaftsschädlichen Nutzung solcher knappen Güter[1061]. Die Sozialschädlichkeit des umweltbelastenden Verhaltens – und damit die Kosten für die Allgemeinheit – bilden sich nämlich nicht im Preis der aus dieser Tätigkeit erwachsenden Produkte und Dienstleistungen ab, wodurch es zu einer Fehlallokation von Ressourcen am Maßstab volkswirtschaftlicher Effizienz kommt. Die Kosten der umweltschädlichen Akte werden zu einem beträchtlichen Teil nicht den Verursachern, sondern der Gesellschaft aufgebürdet (Prozess der Externalisierung). Der Einsatz von Umweltabgaben vermag es nun, den Verbrauch und die Belastung der knappen Umweltgüter entsprechend zu verteuern und damit den eigentlichen Verursachern auch die Belastung zuzuschreiben (Internalisierung der externen Effekte)[1062] – damit können Umweltabgaben auch als Ausdruck der zentralen umweltrechtlichen