Auch in der Entscheidung vom 4. Februar 2009[806] stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass die Spielgerätesteuer als Aufwandsteuer in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Das BVerwG hat sich dem angeschlossen und sieht die Spielgerätesteuer ebenfalls als zulässige örtliche Aufwandsteuer an[807]. Die Spielautomatensteuer ist (auch) Lenkungsteuer: Sie dient neben der Einnahmenbeschaffung auch der Bekämpfung der Spielsucht und deren Folgen[808]. Rechtsgrundlage zur Erhebung der Spielautomatensteuer bilden die auf dem jeweiligen Vergnügungsteuergesetz bzw. Kommunalabgabengesetz beruhenden kommunalen Satzungen. Auch das Kommunalabgabengesetz, das lediglich Art. 105 Abs. 2a GG wiederholt, d.h. nicht Steuergegenstand und Steuerbemessung konkret festlegt, genügt dem Bestimmtheitserfordernis[809].
Mittlerweile hat sich auch der EuGH nach einer Vorlage vom FG Hamburg[810] zur Besteuerung von Spielautomaten geäußert und festgestellt, dass die Besteuerungspraxis in Deutschland, wonach der Umsatz von Spielautomaten sowohl mit der Umsatzsteuer als auch mit der Vergnügungsteuer belegt wird, europarechtskonform ist. Der EuGH sah die Vergnügungsteuer nicht als umsatzsteuerähnlich an und verneinte daher einen Verstoß gegen Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie[811]. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem im Anschluss an ein Urteil des EuGH[812] zu der Vereinbarkeit von ungarischen Spielgerätesteuern mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV konkretisiert, dass eine Beschränkung von Art. 56 AEUV nur dann vorliege, wenn die an sich diskriminierungsfreie Vergnüngsteuer aufgrund ihrer Höhe einem Betriebsverbot gleichkomme[813].
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Besteuert werden Spielautomaten (Unterhaltungs- und Gewinnspielgeräte sowie Spieleinrichtungen ähnlicher Art) in Gaststätten-, Vereins- und ähnlichen Räumen sowie in Spielhallen.
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Erhoben wird die Steuer bei dem Aufsteller (Spielhallenbetreiber, Gastwirt). Zwar kann die Steuer zur Vereinfachung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werden, allerdings muss – da mit der Vergnügungsteuer die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuert werden soll – die Steuer letztlich von demjenigen getragen werden, der sich vergnügt und damit den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt[814]. Denn allein in dem Spieleinsatz ist ein zu besteuernder Vermögensaufwand zu erblicken[815]. In diesem Zusammenhang verweist das Bundesverfassungsgericht darauf, dass nicht sichergestellt sein muss, dass der Automatenaufsteller den von ihm entrichteten Betrag immer von der Person erhält, die die Steuerlast tragen soll. Erforderlich ist daher nicht, dass eine Steuererhöhung durch eine entsprechende Erhöhung des Spielereinsatzes ausgeglichen werden kann[816]. Es genügt vielmehr die Möglichkeit einer „kalkulatorischen Überwälzung“ in dem Sinne, dass „der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen – Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten – treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt“[817]. Diese Voraussetzung sei zumindest so lange gegeben, wie der Spieleinsatz nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgeräts deckt, sondern in der Regel sogar noch Gewinn abwirft[818]. Allerdings kann eine sprunghafte Steuererhöhung unverhältnismäßig sein, wenn es dem Aufsteller nicht möglich ist, die Abwälzung mit zumutbaren Mitteln in der kurzen Zeit sicherzustellen, sodass er gezwungen wäre seine Berufstätigkeit zeitweise einzustellen oder diese nur unter unzumutbaren Bedingungen fortführen könnte. Es bedarf in diesem Fall zur Wahrung der Verfassungsmäßigkeit einer angemessenen Übergangsfrist[819].
Aufgrund der in den letzten Jahren zunehmenden Steuererhöhungen der Spielautomatensteuer ist das Erdrosselungsverbot aus Art. 12 Abs. 1 GG vermehrt in den Fokus der Rechtsprechung geraten[820]. Demnach kommt einer kommunalen Steuer erdrosselnde Wirkung zu, wenn mit der Ausübung des in Rede stehenden Berufs in der Gemeinde in Folge dieser Steuer nach Abzug der notwendigen Aufwendungen kein angemessener Reingewinn erzielt werden kann[821]. Das BVerwG sieht das Erfordernis der Abwälzbarkeit als teilidentisch mit dem Erdrosselungsverbot an. Denn bei beiden geht es letztendlich um die Frage, ob eine Steuererhöhung für einen durchschnittlichen Unternehmer wirtschaftlich verkraftbar ist[822]. Damit sind die Anforderungen an eine Erdrosselungswirkung – entsprechend den Anforderungen an eine fehlende Überwälzbarkeit – denkbar hoch[823]. Der BFH sah jedenfalls einen Steuersatz von 20% des Einspielergebnisses als nicht erdrosselnd an[824]. Soweit ersichtlich hat bisher lediglich das Sächsische OVG eine kommunale Satzung wegen Verstoßes gegen das Erdrosselungsverbot für verfassungswidrig erklärt[825].
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Die Spielautomatensteuer wurde regelmäßig als Pauschsteuer nach festen Sätzen je Spielgerät und (angefangenem) Kalendermonat erhoben. Die Steuersätze unterscheiden sich dabei je nach Aufstellort und Spielgerät: Spielgeräte in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen werden zumeist höher besteuert als solche in Gastwirtschaften, Vereins- und ähnlichen Räumen. Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit unterliegen einer höheren Besteuerung als solche ohne Gewinnmöglichkeiten. In der Regel unabhängig vom Aufstellort werden in Verfolgung von Lenkungszwecken Geräte, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben, zusätzlich erhöht besteuert.
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Zunächst wurde die Verwendung des Steuermaßstabes der Stückzahl bei der Besteuerung der Spielautomaten vom Bundesverfassungsgericht und – sich diesem anschließend – dem Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf den Grundsatz der Steuergerechtigkeit als verfassungsrechtlich zulässig eingestuft[826]. Zwar wurde schon immer der individuelle tatsächliche Vergnügungsaufwand als der sachgerechteste Maßstab für die Vergnügungsteuer angesehen, doch wurde die Pauschalierung nach Stückzahl aus Gründen der Praktikabilität gerechtfertigt[827]. Der individuelle Vergnügungsaufwand ließe sich kaum erfassen[828]; bei einer Besteuerung der tatsächlichen Einnahmen müssten die Gemeinden für jeden Aufsteller und Automat kaum zu überprüfende Veranlagungserklärungen herbeiführen – ein Aufwand, der in keinem Verhältnis zu dem Steueraufkommen stehe[829]. Allerdings musste zwischen dem gewählten Steuermaßstab – hier: der Stückzahl – und dem Vergnügungsaufwand ein Bezug bestehen. Dieser Bezug konnte noch als gewahrt angesehen werden, da angesichts der geringen Wertunterschiede schon die Tatsache des Aufstellens eines Spielgeräts, ohne Rücksicht auf dessen Wert und Anschaffungspreis, im Durchschnitt einen Anhaltspunkt für eine etwa gleich häufige Benutzung biete[830]. Ungleichmäßigkeiten, die sich aufgrund der verschiedenen Aufstellorte – Großstadt, Kleinstadt usw. – ergäben, könnten sich sowohl zu Lasten wie zu Gunsten des Steuerpflichtigen auswirken und würden auch dadurch ausgeglichen, dass sich die meisten Spielgeräte in den Händen weniger Aufsteller befinden und über ein großes Gebiet verteilt sind[831].
Eingeleitet durch mehrere oberverwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die – angesichts der inzwischen bestehenden technischen Möglichkeiten, insbesondere durch den Einbau entsprechender Zählgeräte, mit denen sich der individuelle Spielaufwand erfassen lässt – die pauschale Besteuerung nach der Anzahl der Geräte für unzulässig ansahen, rückte auch das Bundesverwaltungsgericht in zwei Urteilen vom bisher vom Bundesverfassungsgericht vertretenen Standpunkt ab[832]. Den erforderlichen Zusammenhang sah das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr als gewahrt an, wenn die Einspielergebnisse der Automaten mit Gewinnmöglichkeit mehr als 50 % vom Durchschnitt der Einspielergebnisse der Automaten gleicher Art im Satzungsgebiet abweichen[833]. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich in seiner Entscheidung vom 4. Februar 2009 den Einschätzungen des Bundesverwaltungsgerichts an, ging in seinen rechtlichen Schlussfolgerungen aber darüber hinaus. Die Prüfung der Tauglichkeit des Stückzahlmaßstabs erfolgte als Gleichheitsfrage, da „der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs (vgl. BVerfGE 14, 76 (93); 31,