der Vorschrift[246] beschränkt sich die Ermächtigung allerdings auf Regelungen, die das Verfahren des Budgetkreislaufs und – mit Blick auf die Zielsetzung, die Vergleichbarkeit der Haushalte herzustellen – die formale Gestaltung des Haushalts und seines Vollzugs (Grundsätze der Vollständigkeit und Einheitlichkeit, Bruttoprinzip etc.) betreffen[247]. Inhaltliche Budgetentscheidungen können demgegenüber durch Bestimmungen aufgrund der Gesetzgebungskompetenz zur Regelung gemeinsamer Grundsätze des Haushaltsrechts nicht determiniert werden[248].
50
Die Ermächtigung bietet deshalb auch keine Grundlage, um Regelungen über den Umfang zulässiger Kreditfinanzierung und über Verpflichtungen bei drohender oder eingetretener Haushaltsnotlage zu treffen[249]. Der diesbezügliche Streit[250], der durch eine unklare Rechtsprechungslinie des Bundesverfassungsgerichts noch beflügelt worden war[251], hat sich mit der Einfügung von Art. 109 Abs. 3 GG und Art. 109a GG weitestgehend erledigt. Art. 109 Abs. 4 GG ermöglicht aus den gleichen Gründen auch nicht die innerstaatliche Transformation des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts in einem Umfang, der über Art. 109 Abs. 2 GG hinausgeht, namentlich verbindliche Verschuldungsspielräume zuweist[252].
51
Die Gesetzgebungskompetenz für die Grundsätze des Haushaltsrechts umfasst die in Art. 109 Abs. 4 GG eigenständig – zeitlich zuvor – eingerichteten Gesetzgebungskompetenzen für die Grundsätze für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für die mehrjährige Finanzplanung[253].
bb) Haushaltsgrundsätzegesetz
52
Von der Ermächtigung zur Regelung von Grundsätzen für das Haushaltsrecht hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht, indem er – parallel zur Ergänzung der verfassungsrechtlichen Grundlage um die Grundsatzgesetzgebungskompetenz für das Haushaltsrecht im Jahr 1969 – das Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) (Rn. 26) erließ.
53
Dieses enthält zum einen Vorschriften, die für die weitere haushaltsrechtliche Gesetzgebung des Bundes und der Länder maßgeblich sind und diese anleiten (Teil I; §§ 1 ff.). Zum anderen umfasst das HGrG auch Vorschriften, die für Bund und Länder „einheitlich und unmittelbar gelten“ (Teil II; §§ 49 ff.). Die erstgenannten „Grundsätze für die Gesetzgebung“ (§ 1 Satz 1 HGrG) betreffen – im Anschluss an allgemeine Vorschriften zum Haushaltsplan (§§ 2 ff. HGrG) – dessen Aufstellung (§§ 8 ff. HGrG) und Ausführung (§§ 19 ff. HGrG), weiterhin Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung (§§ 32 ff. HGrG) und schließlich die Prüfung und Entlastung (§§ 42 ff. HGrG). § 48 HGrG regelt die grundsätzlich entsprechende Anwendbarkeit auf Sondervermögen und bundes- oder landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts.
54
Die einheitlich und unmittelbar geltenden Vorschriften betreffen das seit 2009 vorgesehene Gremium zur Standardisierung des staatlichen Rechnungswesens (§ 49a HGrG), das von Bund und Ländern einzuhaltende Verfahren bei der mehrjährigen Finanzplanung einschließlich deren Koordination (§§ 50 bis 52 HGrG) (Rn. 62 ff.), Rechte gegenüber privatrechtlich organisierten Unternehmen, bei denen die Mehrheit der Anteile in der Hand der Gebietskörperschaften liegt (§§ 53 und 54 HGrG), die Prüfung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 55 HGrG) und Rechte der Rechnungsprüfungsbehörden im Verhältnis zwischen den Gebietskörperschaften (§ 56 HGrG).
b) Konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft
aa) Verfassungsrechtliche Ermächtigung
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Die schon 1967 eingefügte Ermächtigung zur gesetzlichen Regelung von Grundsätzen für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft[254] beruht in ihrem gedanklichen Ursprung, ebenso wie Art. 109 Abs. 2 GG, auf dem Modell der antizyklischen Globalsteuerung. Dem Bund wurde durch die Ermächtigung die Möglichkeit eingeräumt, die Haushaltswirtschaften des Bundes und der Länder auf die Bedürfnisse einer aktiven Konjunkturpolitik auszurichten und sie in diesem Sinne zu gestalten[255]. Die Gesetzgebungskompetenz stellt sich damit als wichtiges Instrument zur Erreichung der Ziele des Art. 109 Abs. 2 GG dar[256].
56
Der Begriff der konjunkturgerechten Haushaltswirtschaft ist ebenso wie der Begriff des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in Art. 109 Abs. 2 GG ein unbestimmter Rechtsbegriff, der einen weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers nach sich zieht. Wie auch Art. 109 Abs. 2 GG beschränkt sich die diesbezügliche Ermächtigungsgrundlage des Art. 109 Abs. 4 GG insbesondere nicht auf den Bereich des Keynes‘schen „deficit spending“, sondern ermöglicht dem Gesetzgeber auch anderweitige Konkretisierungen einer konjunkturgerechten Haushaltswirtschaft. Tatbestandlich enger als Art. 109 Abs. 2 GG ist die Ermächtigungsgrundlage des Art. 109 Abs. 4 GG gleichwohl insoweit, als Konjunkturpolitik nicht die einzig mögliche Gleichgewichtspolitik ist[257].
57
Spätestens durch die Einbindung von Art. 109 Abs. 2 GG in den Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts hat die Ermächtigung zur gesetzlichen Regelung von Grundsätzen für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft ganz erheblich an Bedeutung verloren[258].
58
Außerhalb des Bereichs der Haushaltswirtschaft können konjunktursteuernde Regelungen auf die Kompetenzgrundlagen der Art. 70 ff. GG gegründet werden[259].
bb) Stabilitätsgesetz
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Auf die Kompetenzgrundlage zur gesetzlichen Regelung von Grundsätzen für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft sind weite Teile des – im Jahr 1967 parallel zur Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlage erlassenen[260] – Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) (Rn. 26) gestützt worden[261]. Darüber hinaus beruht auch § 2 Satz 3 HGrG[262] auf dieser Ermächtigung.
60
Das Stabilitätsgesetz enthält Zielvorgaben und Instrumente unterschiedlicher Art, die es ermöglichen sollen, den Haushaltsvollzug, den das Gesetz vornehmlich betrifft[263], in den Dienst einer staatlichen Stabilitäts- und Konjunkturpolitik zu stellen. Die verfassungsrechtliche Verpflichtung auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wird in § 1 StWG näher konkretisiert; § 1 Satz 2 StWG definiert dieses Gleichgewicht dabei unter Bezugnahme auf vier Elemente (so genanntes „magisches Viereck“): die Stabilität des Preisniveaus, ein hoher Beschäftigungsstand, das außenwirtschaftliche Gleichgewicht und ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum. Nach § 2 StWG hat die Bundesregierung jährlich dem Bundestag und dem Bundesrat einen Jahreswirtschaftsbericht vorzulegen. § 3 StWG benennt die Möglichkeit einer „konzertierten Aktion“ der Gebietskörperschaften, Gewerkschaften und Unternehmensverbände zur Erreichung der Ziele des § 1 StWG. Die §§ 5 und 15 StWG sehen eine Konjunkturausgleichsrücklage vor, § 6 StWG besondere Maßnahmen bei starker Nachfrageausweitung (Genehmigungsvorbehalt für Mittelverausgabungen) bzw. starker Abschwächung der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit (zusätzliche Ausgabenermächtigung). Die mehrjährige Finanzplanung ist, neben §§ 50 bis 52 HGrG, in §§ 9 und 14 StWG ausgestaltet. § 12 StWG verhält sich zu bundesseitigen Finanzhilfen. § 16 StWG verpflichtet auch die Gemeinden und Gemeindeverbände auf die Ziele des § 1 StWG (Rn. 164). Nach § 18 StWG ist ein Konjunkturrat für die öffentliche Hand einzurichten. Die §§ 19 ff. StWG ermöglichen eine Beschränkung der Kreditaufnahme zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, die sich mit Blick auf die alte verfassungsrechtliche Rechtslage erklärt (siehe Art. 109 Abs.