Peter Behrens

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht


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Binnenmarktes gelöst und die Inanspruchnahme dieser Kompetenz auch für andere Unionsziele ermöglicht. Die Union hat aber auch hier die weiter oben erörterte wirtschaftsverfassungsrechtliche Grundentscheidung der Unionsverträge zugunsten offener Märkte mit freiem Wettbewerb zu beachten. Sie verfügt zwar über ein gesetzgeberisches Ermessen, darf aber diese Grundentscheidung nicht durch Sekundärgesetzgebung unterlaufen, wobei auch die Korrektur von Marktversagen als marktkonform zu betrachten ist (siehe dazu Rn. 55 ff.).

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      Mit der Wahrnehmung der Rechtsangleichungskompetenz durch die Union verlieren die Mitgliedstaaten in gleichem Umfang die Kompetenz zur autonomen Rechtsetzung. Damit übernimmt die Union auch die Verantwortung für eine inhaltlich angemessene Regelung der anzugleichenden bzw. angeglichenen Rechtsmaterien. Es geht somit nicht um die bloß formale Beseitigung von Rechtsunterschieden, sondern zugleich um eine Optimierung rechtlicher Problemlösungen. Aus dem Funktionszusammenhang des Binnenmarkts folgt, dass davon insbesondere diejenigen Rechtsmaterien betroffen sind, die dem Schutz „zwingender Allgemeininteressen“ dienen, wie etwa Umweltschutz, Verbraucherschutz oder Gesundheitsschutz. Der Schutz dieser Rechtsgüter gehört zu den zentralen Aufgaben staatlicher Regulierung. Wenn diese Aufgabe in Zuge der Rechtsangleichung auf die Unionsebene verlagert wird, so muss die Union auch darum bemüht sein, eine dieser Aufgabe gerecht werdende Gesetzgebungspolitik zu entwickeln. Die Rechtsangleichung ist daher unvermeidlich ein Instrument der Union zur positiven Gestaltung der Rechtsetzung im Sinne der Unionsziele. Und Art. 114 Abs. 3 AEUV hebt ausdrücklich hervor, dass die Kommission bei ihren Regelungsvorschlägen in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz „von einem hohen Schutzniveau“ ausgehen und dabei insbesondere „alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen“ berücksichtigen soll.

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      Bezogen auf den Funktionszusammenhang der Rechtsangleichung bzw. -vereinheitlichung mit dem Binnenmarkt hat die Union inzwischen einen umfangreichen Katalog sekundärrechtlicher Rechtsakte (Richtlinien und Verordnungen) aufzuweisen: