Peter Behrens

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht


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Anbetracht der Besonderheiten der Dienstleistungen dürfen jedoch diejenigen an den Leistungserbringer gestellten besonderen Anforderungen nicht als mit dem Vertrag unvereinbar angesehen werden, die sich aus der Anwendung durch das Allgemeininteresse gerechtfertigter Berufsregelungen – namentlich der Vorschriften über Organisation, Befähigung, Berufspflichten, Kontrolle, Verantwortlichkeit und Haftung – ergeben und die für alle im Gebiet des Staates, in dem die Leistung erbracht wird, ansässigen Personen verbindlich sind; dies insoweit, als der Leistende dem Zugriff dieser Regelungen nur deshalb entgehen würde, weil er in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist.“[54]

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      Literatur:

      Nachbaur Niederlassungsfreiheit: Geltungsbereich und Reichweite des Art. 52 EGV im Binnenmarkt (1999); Lackhoff Die Niederlassungsfreiheit des EGV – nur eine Gleichheits- oder auch ein Freiheitsrecht? (2000); Siekemeier/Wendland Die binnenmarktliche Niederlassungsfreiheit der Selbstständigen, in: Müller-Graff (Hrsg.) Europäisches Wirtschaftsordnungsrecht [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 4] (2015) § 3, 159; Kainer Die binnenmarktliche Niederlassungsfreiheit der Unternehmen, in: Müller-Graff (Hrsg.) Europäisches Wirtschaftsordnungsrecht [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 4] (2015) § 4, 209.

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      Der Binnenmarkt verlangt nicht nur freien Austausch von Produkten (Gütern und Leistungen), sondern auch freien Verkehr für Produktionsfaktoren. Dabei geht es zunächst einmal um die freie Standortwahl für die Hersteller solcher Produkte, dh für die Rechtsträger von Unternehmen, gleichviel ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt. Diese Standortwahl soll sich an wirtschaftlichen Kriterien orientieren können, also vor allem unter Rentabilitätsgesichtspunkten getroffen werden. Daher nimmt Art. 26 Abs. 2 AEUV die Beseitigung von Hindernissen für den freien Verkehr von Personen im Sinne der Niederlassungsfreiheit ausdrücklich in das Binnenmarktkonzept auf.

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      Zur Herstellung der Niederlassungsfreiheit ist die Beseitigung aller Beschränkungen, die der Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten entgegenstehen, erforderlich. Dem entspricht Art. 49 Abs. 1 AEUV, dem zu Folge Beschränkungen der freien Niederlassung verboten sind. Andererseits spricht aber Art. 49 Abs. 2 AEUV davon, dass die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten „nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen“ umfasst. Diese Formulierung enthält nur den Grundsatz der Inländerbehandlung. Die Reduktion der Niederlassungsfreiheit auf diesen Grundsatz liefe aber auf ein bloßes Verbot hinaus, Ausländer bei der Anwendung niederlassungsrechtlich relevanter Regelungen zu diskriminieren.

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