ist dies für die Anwendung von „allround“-Mitteln, insbesondere die Ausschabung. Wird allerdings ein solches Mittel nur mangels anderer Mittel und in der Hoffnung auf eine noch nicht erfolgte Einnistung angewendet, so fehlt es am erforderlichen Vorsatz. 3. Extrauterine Schwangerschaften fallen gar nicht erst unter die Tatbestände, sodass ihre Beseitigung keiner Rechtfertigung bedarf[14].
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Daneben wird unglücklicherweise nach wie vor auf den Begriff der Empfängnis abgestellt (§§ 218a Abs. 1, 3, 4). Dies ist sehr misslich, weil vielfach versucht worden ist, den Begriff der Empfängnis mit dem der Einnistung zur Deckung zu bringen, so dass auch die Nidationshemmung unter den Begriff der „Empfängnisverhütung“ fällt (s. bes. Harmsen aaO). Wegen der Übernahme aus dem 5. StrRG wird man hier den Begriff Empfängnis im klassischen Sinn, d.h. als Vereinigung von Ei und Samenzelle (Konjugation, Befruchtung), zu verstehen haben[15].
Da beide Termine im Wesentlichen auf Durchschnittsberechnungen beruhen und konkret kaum feststellbar sind (vgl. SA-Berat. VI/2177), wird überwiegend in dubio pro reo zu entscheiden sein und allenfalls ein Versuch angenommen werden können.
Anmerkungen
Die modernen Spiralen inaktivieren durch ihren Kupfergehalt bereits die aufsteigenden Spermien und verhindern so die Entstehung befruchteter Eizellen.
5. Aufl. S. 55, 66.
A.A. Sönnecken, Die Nidation als Zäsur im Rechtsschutz menschlichen Lebens (Diss. Münster), 2002, S. 83 ff.: Tatbestandsausschluß.
Für die Schutzwürdigkeit des vornidativen Lebens Eberbach JR 89, 267 u. ZRP 90, 217; Schlingensiepen-Brysch ZRP 92, 422; BVerfGE 88, 251.
S. auch Lüttger FS Sarstedt 1981, 169.
Die Literatur definiert diesen Begriff nicht, sondern führt allenfalls aus, dass die Nidation mit dem 13. Tag nach der Empfängnis abgeschlossen ist (La/Kühl § 218 8; Eser/Weißer S/S § 218 9 ff.).
2. Ende der Schwangerschaft
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Die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs endet, wenn sich der Mensch „in der Geburt“ i.S. des § 217 a.F. StGB befindet (s.o. § 1 Rn. 8). Außerhalb des Rechts zum Schwangerschaftsabbruch bleibt daher die sog. Perforation, d.h. die Tötung des Kindes nach Einsetzen der Geburtswehen, weil das Kind nicht auf normalem Wege zur Welt gebracht werden kann und operative Methoden (Kaiserschnitt) unmöglich sind.
Der die Straflosigkeit bestimmende Art. 2 der 4. AVO zum ErbgesundheitsG vom 18.7.35 wurde durch das 5. StrRG aufgehoben. Die eine Straflosigkeit anordnenden §§ 157 E 1962, 104 AE, 219 i.d.F. des RegE 5. StrRG sind nicht Gesetz geworden. Obwohl hier zwei gleichwertige Güter kollidieren, ist die Tötung des Kindes, da die Gefahr von ihm ausgeht, analog § 228 BGB gerechtfertigt[16].
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Aus der Selbstständigkeit des Rechtsguts „werdendes Leben“ (s.o. Rn. 10) folgt, dass ein Hirntod der Schwangeren die Schwangerschaft nicht beendet („Erlanger Baby“)[17].
Anmerkungen
Schroeder JuS 80, 340; Roxin AT I § 16 Rn. 79 ff.; Erb MK § 34 Rn. 153. Vgl. auch La/Kühl § 34 9. rechtfertigende Pflichtenkollision. A.A. Zieschang LK § 34 74; Jäger ZStW 115, 773 ff. (Entfallen der Handlungspflicht, weil Unterlassungsdelikt). Eingehend Heimberger Frank-Fgabe 1930 I 397.
Hilgendorf JuS 93, 99 und NJW 96, 758; Beckmann MedR 93, 123; Kiesecker, Die Schwangerschaft einer Toten, 1996; Gruber bei Roxin/Schroth 175.
3. Sonstige Voraussetzungen
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Da der Schutz des werdenden auf den des fertigen Lebens bezogen ist (s.o. Rn. 8), gelten die Grenzen des Letzteren (s.o. § 1 Rn. 8 ff.) auch hier: Molen (krankhaft entartete Eier) und bereits im Mutterleibe abgestorbene oder hirnlose Embryonen und Föten scheiden aus, während die nicht lebensfähige Frucht ebenso Angriffsobjekt ist wie die voraussichtliche Missgeburt[18].
Anmerkungen
Beispiele bei Hiersche MedR 84, 215.
4. Tathandlung
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Tathandlung ist das „Abbrechen einer Schwangerschaft“. Dieser „wertneutrale“, besser: einseitige Ausdruck (s.o. § 5 Rn. 9) ist umfassend. Er umfasst nicht nur die Vernichtung des Embryos bzw. Fötus im Mutterleib, sondern auch die vorfristige Loslösung des – im Übrigen unbeschädigten – Embryos bzw. Fötus aus dem Mutterleib[19]. Die künstliche Einleitung einer Geburt stellt allerdings keinen „Abbruch“, sondern eine Beendigung der Schwangerschaft dar (BTD VI/3434 S. 13).
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Unter den Tatbestand fallen auch Handlungen, infolge derer ein nicht lebensfähiges Kind geboren wird (BGH 10, 5, 293; 13, 24). Wird ein solches Kind vor seinem natürlichen Tod getötet, so tritt ein Tötungsdelikt hinzu, ggf. in natürlicher Handlungseinheit[20].
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Die Mittel der Tatbegehung sind gleichgültig; erfasst wird sowohl die Vornahme nach den Regeln der ärztlichen Kunst (Kürettage, Vakuumpumpe, Injektionen, Einnahme von Medikamenten u.a.) als auch nach Art der „Engelmacher“ (Einspritzung von Seifenlauge, mechanische Zerstörungen). Strafbar ist auch das Unterlassen, insbesondere des Erzeugers, doch kann eine vorbeugende Anzeige nicht verlangt werden (Kröger MK Vor § 218 36). Die Schwangere ist durch ihre Mitwirkung aktive Mittäterin. Erforderlich ist Vorsatz; der fahrlässige Schwangerschaftsabbruch, z.B. durch ärztliche Fehler, ist straflos.
Infolge der Eigenständigkeit des Rechtsguts werdendes Leben (s.o. Rn. 14) ist ein Abbruch der Schwangerschaft auch durch Tötung der Schwangeren[21] oder Körperverletzung (BGH NStZ 08, 393 m. Anm. Schroeder JR 08, 252) möglich. Das gleiche gilt für den Suizid und Suizidversuch der Schwangeren. Hier wird es zwar infolge des Todes der Mutter oder wegen § 218 Abs. 4 S. 2 überwiegend nicht zu einer Bestrafung der Mutter kommen; wichtig bleibt der Gedanke aber für andere Beteiligte.
Anmerkungen