Das Absterben-Lassen des geschädigten Embryos ist kein Verwenden; die Übertragung in die Patientin gegen ihren Willen rechtswidrig (§ 4 Abs. 1 Nr. 2)[6]. Diskutiert wurde, ob bereits die künstliche Befruchtung zur anschließenden PID nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG strafbar war. Das setzt ein Handeln voraus, das einem anderen Zweck dient, als eine Schwangerschaft herbeizuführen (Alternativabsichtsdelikt[7]). Es ist wegen der Dominanz der Absicht, eine Schwangerschaft herbeizuführen, nicht gegeben (BGH 55, 206, 210). Seit 2011 verbietet § 3a die Präimplantationsdiagnostik, erlaubt sie aber bei dem Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit oder hohen Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt[8].
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Die künstliche Befruchtung zum Zweck der Gewinnung embryonaler Stammzellen verstößt gegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG, der „Embryoverbrauch“ gegen § 2 ESchG. Bei totipotenten Zellen greift zusätzlich § 6 Abs. 1 ESchG ein. Die Forschung an embryonalen Stammzellen fällt dagegen nur bei totipotenten Zellen unter § 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 ESchG (näher Taupitz NJW 01, 3433, 3434; Lilie/Albrecht NJW 01, 2774). Die dadurch entstehende Lücke begrenzt das Stammzellgesetz vom 28.6.2002, das Einfuhr und Verwendung pluripotenter embryonaler Stammzellen ohne Genehmigung unter Strafe stellt (§ 13 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 2 StZG). Eine Genehmigung für diese „Stammzellhehlerei“ durfte zunächst nur für vor dem 1.1.2002 gewonnene Stammzellen erteilt werden; nach lebhaften Diskussionen wurde der Termin auf den 1.5.2007 verlängert (§ 4 Abs. 2 Nr. 1a StZG).
Rechtsvergleichung bei Eser/Koch aaO; Jungfleisch aaO; Taupitz, Rechtl. Regelung der Embryonenforschung im internat. Vergleich, 2003; Pannke, Der Schutz des extrakorporalen Embryos, 2006; Seith, Status und Schutz des extrakorporalen Embryos, 2007; Latsiou, Präimplantationsdiagnostik, 2008.
Anmerkungen
Zu ihrer Fragwürdigkeit Taupitz bei Günther u.a. S. 181 ff.
Schroeder FS Lenckner 337; im Ergebnis auch Günther/Taupitz/Kaiser aaO § 2 Rn 37.
Schroeder FS Miyazawa aaO. Zust. Liegsalz aaO.
Günther/Taupitz/Kaiser aaO § 6 Rn. 22.
Schneider MedR 00, 361, 364; Schreiber DÄBl. 97 00 A-1136; Schächinger 161ff. A.A. Renzikowski aaO 2756 f.; Günther/Taupitz/Kaiser aaO § 2 Rn. 56.
BGH 55, 220, dort eigenartigerweise als „unzumutbar“ bezeichnet.
Schroeder FS Lenckner 1998, S. 333, 338, 341. § 2 Abs. 1 ESchG in der Alternative des Verwendens ist nur Scheinabsichtsdelikt, Schroeder aaO S. 336 ff.
Kritisch Frister/Lehmann JZ 12, 659; Frommel JZ 13, 488; Kubiciel NStZ 13, 382; Duttge medstr 15, 1.
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3. Kapitel Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
I. Geschichtliche Entwicklung – Rechtsgut und Angriffsobjekt
Schrifttum:
L. Günther, Über die Hauptstadien der Entwickelung des Verbrechens der Körperverletzung und seiner Bestrafung, Diss. Erlangen 1884; Schroeder, Begriff und Rechtsgut der Körperverletzung, FS Hirsch 1999, 725; Tag, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Lex artis, 2000.
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1. Der 17. Abschnitt des StGB trug bis zum 6. StrRG 1998 die Überschrift „Körperverletzung“; seit 1998 lautet sie – diesem Lehrbuch folgend – „Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit“. Beide Bezeichnungen sind jedoch unvollständig: sie umfassen nicht Schädigungen der Gesundheit, Beeinträchtigungen von Körperfunktionen und die bloße Schmerzzufügung (Schroeder aaO 733 f.). Aber auch sonst ist die Überschrift nicht erschöpfend. Denn § 225, bei der physiologischen Betrachtung ein Fremdkörper, stellt unter bestimmten Voraussetzungen auch Eingriffe in die seelische Konstitution des Opfers unter Strafe. Zudem fehlt bei sämtlichen Tatbeständen der Körperverletzung auch eine klare Abgrenzung gegenüber den äußerlich gleichliegenden, aber auf Verletzung des sozialen Geltungsanspruchs gerichteten Handlungen: handgreifliche Beleidigungen (Realinjurien) und Körperverletzungen gehen ineinander über (§ 185 2. Alt.!). All das zeigt eine nur trügerische Sicherheit im Aufbau der Körperverletzungsdelikte. Wie kaum ein anderes Gebiet der Straftatbestände steht die Körperverletzung im Schnittpunkt zweier miteinander ringender Gedankenreihen: einerseits der römischrechtlichen, verallgemeinernden und subjektivierenden Betrachtungsweise, andererseits der deutschrechtlichen, objektivierenden und kasuistischen Auffassung. Eine Synthese beider ist zwar in bestimmten Grenzen erstrebenswert und auch angebahnt; sie ist aber noch nicht so weit gediehen, um eine umfassende Systematik des Gesamtabschnittes zu ermöglichen.
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Das römische Recht kannte weder einen umfassenden noch einen abgeschlossenen Tatbestand der Körperverletzung. Grundsätzlich geht die vorsätzliche körperlich-seelische Misshandlung im vorwiegend zivilrechtlichen Begriff der injuria auf, dem Generaldelikt, das gegen die Person eines anderen gerichtet ist und aus der Missachtung des Opfers seinen Unrechtsgehalt empfängt. Eine Abgrenzung von der Realinjurie ist demnach schon begrifflich ausgeschlossen. In einzelnen Fällen wird die Körperverletzung als injuria atrox zu den crimina vis gerechnet; auf anderen Gedankengängen beruht das Domitianische Kastrationsverbot. Während das italienische Strafrecht dieser Auffassung folgte, hatte sich im deutschen Rechtskreis frühzeitig eine bis in die Einzelheiten gehende objektiv-körperliche Betrachtung der Verletzungsdelikte durchgesetzt. Als Grundformen werden herkömmlich unterschieden („trockene“ oder „dürre“) Schläge, Wunden („Blutrunst“) und Lähmde (insbesondere Verstümmelung); psychische Schäden bleiben ebenso außer Betracht wie nicht messbare körperliche Schäden. Es war kein Wunder, dass die Synthese dieser Auffassungen in der Rezeption nur unvollkommen gelang. Die PGO folgt der römischen Betrachtungsweise und behandelt die Körperverletzung nicht selbstständig, sondern nur am Rande anderer Gebiete, so die Vergiftung mit Leibesschädigung (Art. 130), die Unfruchtbarmachung (Art. 133) unter dem Gesichtspunkt der Vernichtung kommenden Lebens. Die deutschrechtlichen Gedanken hatten sich dagegen in der Doktrin behauptet (crimen violationis corporis) und gewinnen im Lauf des 19. Jhdts. die Oberhand. Während das Preuß. ALR II, 20, §§ 628 ff., § 796 noch eine völlige Vermischung von Körperverletzung und Realinjurie zulässt, trennt das bayr. StGB 1813 die Injurie von der „körperlichen Misshandlung“ und der „Gesundheitsbeschädigung“ ab und ordnet die Letzteren in Art. 178–185 selbstständig (Schroeder aaO 726 f.). Ihm folgt im Wesentlichen die Gesetzgebung