– Rechtsverstöße und Rechtsfolgen (Übersicht)
Zweiter Teil Eheschließung und Eheaufhebung › § 3 Eheschließung › I. Grundlagen des bürgerlichen Eherechts
I. Grundlagen des bürgerlichen Eherechts
60
Im geltenden Eherecht gibt es gewisse Grundstrukturen, die der Gesetzgeber im materiellen Recht niedergelegt hat: Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen (§ 1353 Abs. 1 S. 1). Daraus ergeben sich gleich drei Grundsätze, nämlich die Monogamie (vgl. § 1306), die Unerheblichkeit der Geschlechterverbindung[1] und das Lebenszeitprinzip. Aus letzterem ergibt sich, dass die Ehe weder auf Zeit noch auf Probe eingegangen werden kann. Es gibt keine rechtlich besonders ausgestaltete Paarbeziehung unterhalb der Ehe.[2] Die Ehe kommt nur durch die beiderseitige (nicht etwa drittseitige) Erklärung des Ehewillens zustande (vgl. § 1310 Abs. 1; Konsensprinzip), und die Eheschließung muss in Deutschland in bestimmter Form (vor dem Standesbeamten) vorgenommen werden (vgl. Art. 13 Abs. 4 EGBGB; zum Internationalen Privatrecht noch Rn. 110 ff.).
61
Im deutschen Eheschließungsrecht gilt der Grundsatz der obligatorischen Zivilehe[3] (Gegensatz: fakultative Zivilehe). Damit die rechtlichen Wirkungen einer Ehe eintreten, muss eine „bürgerliche Ehe“ (vgl. Überschrift des Ersten Abschnitts vor § 1297) geschlossen sein. Eine kirchliche Trauung löst diese Rechtsfolgen nicht aus (§ 1310 Abs. 1 S. 1, § 1588).[4] Die Vornahme einer kirchlichen Trauung oder anderer religiöser Eheschließungsfeierlichkeiten vor Eingehung der staatlichen Zivilehe war nach früherem Recht eine, wenn auch sanktionslose Ordnungswidrigkeit (§ 67 PStG a.F.). Nach geltendem Recht[5] entfällt diese Einschränkung. Die kirchliche Trauung kann deshalb nunmehr unabhängig von (d.h. auch vor) der standesamtlichen Trauung erfolgen. Allerdings wird dadurch keine Ehe im Rechtssinne begründet; die Partner leben dann (rechtlich) in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
62
Geregelt war das Eheschließungsrecht zunächst im BGB. Im Jahre 1938 wurde es aus dem Gesetz genommen und in einem eigenen Ehegesetz[6] neu geregelt. Dieses Ehegesetz – als Kontrollratsgesetz Nr. 16 neu verkündet[7] – galt bis 30.6.1998.[8] Seit dieser Zeit findet sich das Eheschließungsrecht wieder im BGB (§§ 1303 ff.). Weitere Rechtsgrundlagen des Eheschließungsrechts sind das Personenstandsgesetz (PStG) und die Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (PStV).
Zweiter Teil Eheschließung und Eheaufhebung › § 3 Eheschließung › II. Verlöbnis
II. Verlöbnis
63
Fall 3:
Die 17-jährige F zieht zu ihrem 19-jährigen Freund M, nachdem sie sich verlobt haben. Da F hierdurch einen längeren Weg zur Schule hat, kauft sie sich einen E-Roller von ihrem Taschengeld. M steuert 500 € zum Kaufpreis bei. Nach wenigen Wochen entsteht die erste Krise, in deren Rahmen F dem M gesteht, sie habe sich in den X verliebt und werde M doch nicht heiraten. M will deshalb seine 500 € zurück. Zu Recht?
Fall 4:
A verlobt sich mit B, der noch mit Z verheiratet ist, aber bereits Scheidungsantrag gestellt hat. Ist das Verlöbnis wirksam?
Zweiter Teil Eheschließung und Eheaufhebung › § 3 Eheschließung › II. Verlöbnis › 1. Überblick
1. Überblick
64
Unter dem Begriff „Verlöbnis“ versteht man zum einen den (Begründungs-)Akt des „sich Verlobens“, also die Verlobung. Zum anderen versteht man unter Verlöbnis das durch die Verlobung entstandene Rechtsverhältnis. Das Verlöbnis ist keine Vorbedingung für eine Heirat. Heutzutage findet vor einer Eheschließung aber immer eine Verlobung statt, sei es bewusst oder unbewusst, also auch, wenn sich die Partner darüber nicht im Klaren sein mögen (sobald ein Partner den anderen „um dessen Hand bittet“ und dieser zusagt). Eine besondere Form oder Zeremonie (Zeugen etc.) ist nicht erforderlich. Spätestens, wenn sich zwei Heiratswillige gemeinsam zur Eheschließung anmelden (dazu Rn. 82), sind sie miteinander verlobt.
65
Das Verlöbnis als ein gegenseitiges Eheversprechen war historisch gesehen ein Vertrag. Allerdings kann aus einem Verlöbnis kein (verfahrensrechtlicher) Antrag auf Eingehung der Ehe gestellt werden (§ 1297 Abs. 1). Trotz dieser Formulierung wird jedoch nicht schon die Zulässigkeit eines solchen Antrags ausgeschlossen, sondern „nur“ ein Erfüllungsanspruch („Trauzwang“), sodass ein etwaiger verfahrensrechtlicher Antrag als unbegründet abzuweisen ist. Deshalb handelt es sich bei der Regelung in § 120 Abs. 3 FamFG, die erst eine Vollstreckung verwehrt, letztlich um eine Redundanz.
66
Die Regelung des § 1297 Abs. 1 soll auch nicht dadurch umgangen werden können, dass man sich für den Fall der Nichtheirat eine Entschädigung versprechen lässt. Deshalb bestimmt § 1297 Abs. 2, dass das Versprechen einer Konventionalstrafe (i.S.v. § 339) für den Fall, dass die versprochene Eheschließung unterbleibt, nichtig ist.
67
Trotzdem legt der Gesetzgeber dem „Eheversprechen“ rechtliche Relevanz bei, wenn auch nicht in Form einer echten Rechtspflicht, aber doch im Sinne eines Vertrauenstatbestands (str.).[9] Das Verlöbnis ist nach geltendem Recht eben nicht nur als gesellschaftliches, sondern als rechtliches Verhältnis ausgestaltet. Die Rechtswirkungen des Verlöbnisses realisieren sich im Schutz desjenigen, der auf das Verlöbnis vertraut und Dispositionen getroffen hat, dann aber mit einem Rücktritt des anderen Teils konfrontiert wird. § 1298 sieht für diesen Fall unter gewissen Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch vor und § 1301 einen Bereicherungsanspruch. Im Übrigen ist das durch die Verlobung begründete Rechtsverhältnis ein ganz normales (kraft Gesetzes entstehendes) Schuldverhältnis, aus dem zwar keine Primärleistungspflichten i.S.v. § 241 Abs. 1 folgen (vgl. § 1297 Abs. 1), aber doch Rücksichtnahmepflichten i.S.d. § 241 Abs. 2 (vgl. dazu noch Rn. 141 ff.). Die Rechtsnatur des Verlöbnisses ist jedoch seit jeher sehr umstritten.
Zweiter Teil Eheschließung und Eheaufhebung › § 3 Eheschließung › II. Verlöbnis › 2. Rechtsnatur
2. Rechtsnatur
68
Relevant wird der Streit vor allem bei einem Verlöbnis eines Minderjährigen, der dieses ohne Einwilligung