im Einzelfall erfüllt sind, hat das Gericht, wenn auch regelmäßig mit Unterstützung eines Sachverständigen, eigenständig zu prüfen (BVerfG StV 2012, 25 ff., 26 f. mit krit. Anm. Krehl). § 1 Abs. 1 ThUG ist mit der Maßgabe verfassungsgemäß, dass die Unterbringung oder deren Fortdauer nur angeordnet werden darf, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder Verhalten des Unterzubringenden abzuleiten ist (BVerfG – 2 BvR 2302/11 = StV 2014, 160 m. abl. Anm. Höffler StV 2014, 168 ff.).
3. Hochgradige Gefahr; schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten
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Es muss eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten bestehen, die aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist (BGH StV 2011, 672; s. auch Rn. 32 ff., 35) und die auf der psychischen Störung beruht. Im Sinne der strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung sind dabei, abgesehen von den vorsätzlichen Tötungsdelikten und Vorsatzdelikten mit qualifizierender Todesfolge, nicht alle Anlasstaten von vorne herein als schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten anzusehen. Für die auf den Einzelfall bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt es über den gesetzlichen Katalog tauglicher Anlasstaten hinaus vielmehr auf die Bedeutung des vor Rückfalltaten zu schützenden Rechtsgutes, gegebenenfalls auf die mögliche Verletzungsintensität oder darauf an, ob die Anlasstaten typischer Weise schwerwiegende und nachhaltige psychische Störungen bei den Opfern verursachen (BGH Beschl. v. 28.3.2012 – 5 StR 525/11; Beschl. v. 4.8.2011 – 3 StR 175/11; Beschl. v. 11.12.2012 – 5 StR 431/12 Rn. 22 ff. m.w.N. und mit kasuistischen Überlegungen zur tatbestandlichen Eignung eines Raubs mit Waffen oder mit Scheinwaffen). Dabei kann für die Gesamtwürdigung zwischen der hochgradigen Gefahr und den Gewalt- oder Sexualstraftaten eine gewisse Wechselwirkung insofern gesehen werden, als ein „Weniger“ an Rückfallgefahr durch ein „Mehr“ an Schwere der Gewalt- oder Sexualtat ausgeglichen werden kann, solange alles zusammen das Gewicht des Freiheitsanspruchs des Verurteilten übersteigt (OLG Nürnberg NStZ-RR 2012, 10).
4. Verfahren in Altfällen
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Zum Verfahren in Altfällen, also zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung s. die Erläuterungen zu § 81a Abs. 2 a.F. in der 6. Aufl. dieses Kommentars, sowie BGH Urt. v. 30.8.2011 – 5 StR 235/11 = ZJJ 2011, 448 ff. m. Anm. Eisenberg).
IX. Sonstiges
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Für den Vollzug der Sicherungsverwahrung gelten die §§ 129 ff. StVollzG und die, soweit geschaffen, entsprechenden Landesgesetze. Spezielle gesetzliche Vorschriften für den Vollzug an Jugendlichen bestehen nicht (zur Kritik insoweit s. etwa Brettel Der Vollzug der Sicherungsverwahrung nach § 7 Abs. 2 JGG, ZJJ 2009, 331 ff.) und allgemein etwa Alex StV 2006, 105; Bartsch ZIS 2008, 280). Die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung wird in das Zentralregister eingetragen (§ 3 Nr. 6, §§ 4 ff. BZRG). Zu den Grundzügen des Strafregisterrechts s. außerdem eingehend § 97 Rn. 8 ff.
§ 8 Verbindung von Maßnahmen und Jugendstrafe
(1) 1Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinander angeordnet werden. 2Mit der Anordnung von Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 darf Jugendarrest nicht verbunden werden.
(2) 1Neben Jugendstrafe können nur Weisungen und Auflagen erteilt und die Erziehungsbeistandschaft angeordnet werden. 2Unter den Voraussetzungen des § 16a kann neben der Verhängung einer Jugendstrafe oder der Aussetzung ihrer Verhängung auch Jugendarrest angeordnet werden. 3Steht der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft bis zum Ablauf der Bewährungszeit.
(3) 1Neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe kann auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden. 2Ein Fahrverbot darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.
Kommentierung
I.Allgemeines1 – 3
II.Verbindung von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln (Absatz 1)4
III.Verbindung von Jugendstrafe mit anderen Maßnahmen (Absatz 2)5 – 10
1.Einspurigkeit des Freiheitsentzugs5
2.Jugendarrest in Verbindung mit Bewährungsentscheidungen (Absatz 2 Satz 2)6 – 8
3.Andere Maßnahmen in Verbindung mit Bewährungsentscheidungen9, 10
IV.Nebenstrafen und Nebenfolgen (Absatz 3)11 – 14
1. Anwendungsbereich
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Die Vorschrift gilt für Jugendliche und Heranwachsende, auch vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 105 Abs. 1, § 104 Abs. 1 Nr. 1, § 112), ebenso für rechtswidrige Taten, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts der früheren DDR begangen worden sind (Kap. III C Abschnitt III Nr. 3 f § 1 der Anlage I zum Einigungsvertrag). Zu dem in Abs. 1 und 2 verwendeten Begriff „Zuchtmittel“ vgl. §