Normzweck
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§ 8 lässt grundsätzlich eine Verbindung von Maßnahmen zu. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Richter durch sinnvolle Verbindung verschiedener Maßnahmen die erzieherisch höchstmögliche Wirkung anstreben soll. Er kann auf diese Weise sühnende und erzieherische Maßnahmen miteinander verbinden und dadurch allen im Jugendstrafrecht zu verfolgenden Zielen Genüge tun (BGHSt 18, 208). Die Verbindung richtet sich ausschließlich nach erzieherischen Gesichtspunkten. Kommen mehrere (erzieherische und/oder ahndende) Maßnahmen in Betracht, so enthält § 8 die Befugnis, diese unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach erzieherischen Gesichtspunkten zu optimieren.
3. Verbindungsverbote
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Da jedoch die Koppelung bestimmter Maßnahmen sinnwidrig oder aus Erziehungsgründen unzweckmäßig ist, hat das Gesetz in § 8 zwingende Ausnahmen angeordnet (BGHSt 18, 209). Das Verbindungsverbot gilt indessen nur für die gleichzeitige Anordnung von Maßnahmen in einem Verfahren. Ist in verschiedenen Verfahren auf die einzelnen Rechtsfolgen erkannt, können sie nebeneinander bestehen bleiben, wenn dies aus erzieherischen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist (§ 31 Abs. 3, § 66 Abs. 1 S. 2). Die Verbindungsverbote, insbesondere § 8 Abs. 1 S. 2 gelten nur für die Kombination jugendrichterlicher Anordnungen. Besteht zur Zeit der Entscheidung für den Jugendlichen bereits eine nicht jugendrichterlich angeordnete Maßnahme der Hilfe zur Erziehung im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe nach dem SGB VIII, so schließt dies die Anordnung von Jugendarrest nicht aus, da Maßnahmen und Entscheidungen des Jugendamtes den Jugendrichter in der Anwendung des Strafgesetzes nicht binden können. Eine derart tiefgreifende Veränderung der Rechtslage war auch mit dem KJHG, das sich hinsichtlich der Veränderungen des JGG auf notwendige Anpassungen auf Grund der Neuordnung des Systems der Hilfe zur Erziehung beschränkt hat, nicht bezweckt; eine Neuordnung des Verhältnisses zwischen den Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe und den Anordnungen des Jugendrichters, verbunden mit einer Neudefinition der Rolle der Jugendgerichtshilfe wurde wegen seiner weitreichenden Bedeutung für die Struktur des JGG ausdrücklich einem späteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten (BT-Drucks. 11/5948, S. 212). Auch familienrichterlich angeordnete Maßnahmen binden den Jugendrichter nicht im Sinne von § 8. Die Rechtsfolgen des § 5 bleiben neben familienrichterlich getroffenen Anordnungen uneingeschränkt anwendbar. § 8 darf nicht dadurch umgangen werden, dass der Jugendrichter Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln dem Familienrichter überlässt. Unberührt vom Verbindungsverbot des § 8 bleibt schließlich die Verhängung von Ungehorsamsarrest wegen Nichtbefolgung von Weisungen nach § 11 Abs. 3, weil dieser seiner Natur nach keine Ahndung darstellt, sondern als reine Beugemaßnahme anderen Regeln folgt (dazu eingehend § 11 Rn. 11 ff.).
II. Verbindung von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln (Absatz 1)
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Abs. 1 regelt die Verbindung zwischen Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln. Die Verbindung solcher Maßnahmen steht nach § 8 Abs. 1 S. 1 im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Neben Jugendarrest dürfen, die erzieherische Rechtfertigung vorausgesetzt, nur Weisungen (§ 10), die Erziehungsbeistandschaft (§ 12 Nr. 1), die Verwarnung (§ 14) und Auflagen (§ 15) erteilt werden. Eine Verbindung von Jugendarrest und Heimerziehung nach § 12 Nr. 2 ist gemäß Abs. 1 Satz 2 unzulässig. Zur Konkurrenz mit erzieherischen Maßnahmen anderer Stellen s. Rn. 3.
1. Einspurigkeit des Freiheitsentzugs
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Neben der Jugendstrafe sind gem. Abs. 2 Satz 1 nur Weisungen, Auflagen und die Anordnung der Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung in Form der Erziehungsbeistandschaft (§ 12 Nr. 1; § 30 SGB VIII) statthaft. Die Verbindung einer vollstreckbaren Jugendstrafe mit Jugendarrest und der Anordnung der Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung (§ 12 Nr. 2) ist damit untersagt. Das Gesetz verwirklicht insoweit die sog. Einspurigkeit des Freiheitsentzuges (BGHSt 18, 207 ff., 209).
2. Jugendarrest in Verbindung mit Bewährungsentscheidungen (Absatz 2 Satz 2)
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Durch Gesetz vom 4.9.2012 (BGBl. I, S. 1854) wurde die Möglichkeit eröffnet, Jugendarrest (§ 13 Abs. 2 Nr. 3) unter bestimmten Voraussetzungen neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe (§ 21) oder der Aussetzung der Verhängung von Jugendstrafe (§ 27) anzuordnen und damit die gesamte, auf durchaus überzeugenden Gründen beruhende höchstrichterliche Rechtsprechung und Literatur zur Unzulässigkeit einer solchen Verbindung (s. hierzu etwa § 8 Rn. 6 und 8 der Vorauflage) aus erzieherischen Gründen über Bord geworfen. Die bezeichnete Verbindung der Maßnahmen ist allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 16a zulässig, womit der Gesetzgeber verhindern wollte, dass ein solcher Jugendarrest ohne weitergehende Verfolgung der in § 16a genannten erzieherischen und präventiven Zwecksetzung gleichsam nur als Übelszufügung verhängt wird, damit „der oder die Betroffene `wenigstens etwas verspürt`“ (amtl. Begr. BT-Drucks. 17/9389, S. 9). Gleichzeitig sollte mit der Verweisung auch der