Herbert Diemer

Jugendgerichtsgesetz


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§ 11 Rn. 14). Weisungen, die gem. §§ 45, 47 erteilt wurden, genügen diesen Anforderungen nicht.

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      Der Jugendliche muss der Weisung weiterhin schuldhaft, mithin vorsätzlich oder fahrlässig, nicht nachgekommen sein, was nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen zu prüfen ist. Hierzu ist es in der Regel erforderlich, dass der Richter den Jugendlichen anhört (Nr. 3 RiJGG zu § 11). Ein Verschulden ist insbesondere dann ausgeschlossen, wenn dem Jugendlichen auf Grund einer tatsächlich oder rechtlich bestehenden Pflichtenkollision – etwa infolge eines entgegenstehenden Gebotes oder Verbotes des Erziehungsberechtigten oder auf Grund bestehender Verpflichtungen – die Erfüllung nicht zugemutet werden kann (allg.M., eingehend auch Hellmer Erziehung und Strafe, 1957, S. 232).

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      Schließlich muss dem Jugendlichen eine rechtzeitige Belehrung über die Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung erteilt worden sein. Diese Belehrung darf nicht erst vor der Verhängung des Ungehorsamsarrests erfolgen, sondern muss erteilt werden, bevor der Jugendliche mit der Erfüllung der Weisung zu beginnen hat, damit er sich auf die drohende Ungehorsamsfolge einrichten und den Arrest durch Erfüllung der Weisungen vermeiden kann. Die Belehrung ist daher zweckmäßigerweise im unmittelbaren Anschluss an die Verkündung des Urteils zu erteilen. Unterbleibt eine rechtzeitige Belehrung, so scheidet die Verhängung eines Ungehorsamsarrests aus. Ist die Belehrung bei der Urteilsverkündung unterblieben, so kann sie nach der Fassung von Satz 1 auch nachträglich erteilt werden. Die Verhängung des Ungehorsamsarrests setzt dann aber voraus, dass der Jugendliche nach erfolgter Belehrung noch ausreichend Gelegenheit hatte, diesen durch Erfüllung der Weisungen zu vermeiden.

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      Der nach § 11 Abs. 3 S. 1 verhängte Jugendarrest (Ungehorsamsarrest) darf bei einer Verurteilung insgesamt die Dauer von vier Wochen nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 S. 2). Dieses Höchstmaß bezieht sich ausschließlich auf den Ungehorsamsarrest nach Satz 1 („hiernach verhängter (...)“). Es gilt weiterhin bezüglich einer Verurteilung und damit für alle in dieser Verurteilung ausgesprochenen Weisungen zusammen. Der Arrest darf danach insgesamt die Dauer von vier Wochen nicht überschreiten, gleichviel, ob er wegen einfachen oder mehrfachen Verstoßes gegen eine Weisung oder wegen Verstoßes gegen mehrere in dem Urteil enthaltene Weisungen verhängt wird. Verstößt der Jugendliche etwa gegen mehrere in einer Verurteilung enthaltenen Weisungen, so steht das Höchstmaß nicht für jeden einzelnen Verstoß zur Verfügung, sondern nur für alle wegen der einzelnen Verstöße verhängten Arrestzeiten zusammen. Hat das Gericht vier Wochen Jugendarrest verhängt, dann aber von der Vollstreckung abgesehen, so darf es wegen eines erneuten Verstoßes gegen Weisungen oder Auflagen aus demselben Urteil nicht nochmals Ungehorsamsarrest verhängen, weil das Höchstmaß bereits ausgeschöpft ist. § 11 Abs. 3 S. 2 stellt nämlich allein auf die Verhängung des Arrestes ab, gleich, ob er vollstreckt wird oder nicht (OLG Zweibrücken NStZ 1991, 522 [Böhm]). Bei mehreren Zuwiderhandlungen, die gleichzeitig sanktioniert werden, wird nur ein Arrest in einer der Formen des § 16 verhängt (Dallinger/Lackner § 11 Rn. 12). Wird ein weiterer Arrest erforderlich, obgleich ein bereits rechtskräftig ausgesprochener noch nicht oder nicht vollständig verbüßt ist, so wird in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 2 ebenfalls nur ein Arrest verhängt und vollstreckt (Dallinger/Lackner § 11 Rn. 12), wobei der ursprünglich verhängte gegebenenfalls zu erhöhen ist. In gleicher Weise zusammenzuziehen sind auch Arreste nach § 11 Abs. 3, die wegen Verstößen gegen Weisungen aus verschiedenen Verurteilungen verhängt werden sollen oder angeordnet, aber noch nicht (vollständig) vollstreckt sind. Das Absehen von einer solchen Einbeziehung aus erzieherischen Gründen entsprechend § 31 Abs. 3 ist nicht zulässig, da sich § 31 Abs. 3 auf abgeurteilte Straftaten bezieht und eine Analogie zu Lasten des Verurteilten nach allgemeinen Grundsätzen nicht gestattet ist. Eine entsprechende Regelung ist für den Ungehorsamsarrest nicht vorgesehen.

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      Vom Höchstmaß des § 16 Abs. 4 ist das Höchstmaß des § 11 Abs. 3 S. 2 unabhängig (h.M.; a.A. Eisenberg § 11 Rn. 21). Das ergibt sich bereits aus der Rechtsnatur des Ungehorsamsarrestes (s. Rn. 11). Dieser darf für eine Dauer von vier Wochen somit grundsätzlich auch dann angeordnet werden, wenn die Verurteilung neben Weisungen Dauerarrest von vier Wochen gem. § 5, § 13 Abs. 2 Nr. 3, § 16 Abs. 4 enthält, so dass eine maximale Arrestdauer von acht Wochen gesetzlich nicht ausgeschlossen ist.

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      Die wiederholte Anordnung eines Arrestes wegen erneuten Verstoßes gegen dieselbe oder eine andere in demselben Urteil angeordneten Weisung ist, wie sich aus dem Wort „insgesamt“ ergibt, nicht ausgeschlossen (h.M.; LG Hannover NdsRpfl 1969, 191; a.A. Ostendorf § 11 Rn. 15). Sie steht aber wie jede strafrichterliche Entscheidung unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die wiederholte Anordnung eines Arrestes kann dem Übermaßverbot widersprechen, wenn es nur noch darum geht, den Willen des Jugendlichen zu brechen, ohne dass damit ein erzieherischer Erfolg ersichtlich ist (LG Hannover NdsRpfl 1969, 191).

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      Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt (Rn. 13), so steht die Verhängung des Arrestes innerhalb des zeitlichen Rahmens des § 11 Abs. 3 S. 2 in dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses hat bei der Ausübung seines Ermessens ausschließlich erzieherische Gesichtspunkte zu Grunde zu legen. Ahndungs- oder Sühneerwägungen im Hinblick auf die der Verurteilung zu Grunde liegende Straftat sind ausgeschlossen (s. Rn. 11), und zwar auch dann, wenn das Urteil zusätzlich Zuchtmittel enthält und damit an sich auch die Erforderlichkeit ahndender (sühnender) Maßnahmen rechtskräftig festgestellt worden ist. Denn der Ungehorsamsarrest bezieht seine Legitimation ausschließlich aus der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen die Erziehungsmaßregel der Weisung und ist keine Reaktion auf die zu Grunde liegende Straftat. Ungehorsamsarrest ist danach ausgeschlossen, wenn er einen erzieherischen Erfolg im Sinne der Erfüllung der Weisung nicht erwarten lässt. Das Gericht beachtet weiterhin den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Handelt der Jugendliche einer Weisung zuwider, so hat es daher zunächst zu prüfen, ob nicht eine Änderung der Weisung gemäß § 11 Abs. 2