die kriminelle Gefährdung, also die Gefahr, dass der Jugendliche auf Grund seiner mangelhaften Entwicklung weitere Straftaten begeht, zu untersuchen. Ein Verschulden des Jugendlichen oder anderer Personen an den Erziehungsmängeln ist nicht erforderlich (allg.M.).
2. Geeignetheit
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Die Erziehungsbeistandschaft muss weiterhin zur Abwendung dieser Gefahr ausreichend (§ 5 Abs. 2) und geboten sein. Das setzt eine Auseinandersetzung mit den anderen Erziehungsmaßregeln und mit den Zuchtmitteln voraus (s. § 5 Rn. 6–7, 15–18). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass die Inanspruchnahme von Hilfe gem. § 12 nicht erzwungen werden kann (s. Rn. 4), während Maßnahmen nach § 10 gegebenenfalls mit Hilfe des Ungehorsamsarrestes durchgesetzt werden können.
3. Vollzug
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Die Erziehungsbeistandschaft wird durch die Bestellung eines Erziehungsbeistandes oder eines Betreuungshelfers vollzogen (§ 30 SGB VIII). Das SGB VIII enthält keine Vorschriften über die Bestellung dieser Personen. Der Gesetzgeber hat vielmehr von der Normierung besonderer Vorschriften ausdrücklich abgesehen, weil sich entsprechende frühere Regelungen in der Praxis als zu starr erwiesen hätten (BT-Drucks. 11/5948, S. 70). Aus der Regelung des § 12, wonach der Richter den Jugendlichen nur zur Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung verpflichten kann, folgt, dass grundsätzlich nicht der Richter, sondern das Jugendamt den Erziehungsbeistand oder Betreuungshelfer, bei dem es sich um eine natürliche Person handeln muss (s. § 10 Rn. 38), bestellt, wenn nicht schon vor der Urteilsverkündung eine Einigung zwischen den Beteiligten auf eine bestimmte Person erzielt und diese im Urteil benannt wird. Das Jugendamt wird aber auch in diesen Fällen eine andere Person bestellen dürfen, wenn sich dies nachträglich aus erzieherischen Gründen als erforderlich herausstellt. Die Erziehungsbeistandschaft ruht, wenn der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht steht (§ 8 Abs. 2 S. 2).
1. Erhebliches Entwicklungsdefizit und erhebliche Gefährdung
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Die Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Nr. 2) ist die Erziehungsmaßregel mit dem höchsten Eingriffsgehalt, da sie gem. § 34 SGB VIII mit einer Unterbringung in einem Heim oder einer sonstigen Wohnform, worunter auch besondere, pädagogisch betreute Jugendwohngemeinschaften oder so genannte betreute Einzelwohnungen verstanden werden (BT-Drucks. 11/5948, S. 72), sowie grundsätzlich mit einem Wechsel in der Person des Personensorgeberechtigten verbunden ist (§ 38 SGB VIII). Ihre Anordnung ist daher nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an strengere Voraussetzungen gebunden, als die mildere Hilfeform der Erziehungsbeistandschaft. Sie kommt danach, wie auch schon früher, nur dann in Betracht, wenn die Straftat zeigt, dass der Jugendliche erheblich hinter dem durchschnittlichen geistigen und seelischen Erziehungszustand anderer in vergleichbaren Verhältnissen lebender Jugendlicher zurücKGeblieben ist oder zurückzubleiben droht (Dallinger/Lackner § 12 Rn. 21; OLG Hamm Zbl 1955, 85; OLG Köln Zbl 1960, 122 f.) und eine erhebliche geistige oder sittliche Gefährdung vorliegt (BGHZ 8, 136, 137). Dabei müssen alle erheblichen Umstände aufgeklärt werden; allgemeine Werturteile genügen nicht (OLG Hamm Zbl 1955, 85). Es kommt wiederum nur auf den Grad der kriminellen Gefährdung an (s. Rn. 10).
2. Geeignetheit
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Ebenso wie die Erziehungsbeistandschaft muss die Anordnung der Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht als erzieherische Maßnahme im Hinblick auf die Verhütung weiterer Straftaten ausreichend (§ 5 Abs. 2) und geboten sein. Letzteres ist dann nicht der Fall, wenn das Erziehungsziel mit milderen Maßregeln erreichbar ist (allg.M.). Ein Verschulden des Jugendlichen oder anderer Personen an den Erziehungsmängeln ist nicht erforderlich (allg.M.).
3. Erfolgsaussicht
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Die Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht erfordert weiterhin, dass der Jugendliche aus medizinischer Sicht erziehungsfähig ist (Dallinger/Lackner § 12 Rn. 24; eingehend Eisenberg § 12 Rn. 30 ff.). Bietet die Heimerziehung wegen krankheitsbedingter Unerziehbarkeit (etwa infolge einer Geisteskrankheit oder einer sonstigen krankheitsbedingten schweren seelischen Abartigkeit) keine Aussicht auf Erfolg, darf ihre Inanspruchnahme vom Richter nicht angeordnet werden. Diese für die frühere Anordnung der Fürsorgeerziehung geltende Rechtslage (vgl. Dallinger/Lackner § 12 Rn. 24; OLG Köln Zbl 1960, 122; OLG Hamm JMBlNW 1963, 107; LG Braunschweig NdsRpfl 1965, 14; LG Bochum RdJ 1963, 302 f.; LG Detmold RdJ 1963, 303; KG JFG Bd. 11, S. 89 ff., 91, 92; BayObLGZ Bd. 9, S. 662; Bd. 13, S. 43 ff.) hat sich durch §§ 27, 34 SGB VIII jedenfalls für die Geeignetheits- und Notwendigkeitsprüfung i.S.d. § 27 SGB VIII durch den Jugendrichter nicht geändert. Denn auch, wenn die Hilfe zur Erziehung nach dem neuen Recht jedenfalls nach der sprachlichen Fassung des Gesetzes Angebotscharakter hat, bleibt die Verpflichtung ihrer Inanspruchnahme auf Grund eines Strafverfahrens eine mit erheblichen Eingriffen verbundene strafrechtliche Maßnahme. Es würde auch dem Sinn und Zweck der Heimerziehung, die, wie schon die Fürsorgeerziehung keinen Strafcharakter hat (Dallinger/Lackner § 12 Rn. 19, 25; RGSt 73, 347), widersprechen, wenn sie angeordnet oder durchgeführt würde, obwohl feststeht, dass der Jugendliche nach seinem Geisteszustand erzieherischer Einwirkung unzugänglich ist und durch die Maßnahme nach Nr. 2 in seiner Entwicklung nicht gefördert werden kann (OLG Hamm JMBlNW 1963, 108). Die Unterbringung in einer Einrichtung nach § 34 SGB VIII käme in diesen Fällen einer unzulässigen bloßen Verwahrung des Jugendlichen gleich. Schon gar nicht können Gesichtspunkte des Schutzes der Allgemeinheit eine Anordnung nach § 12 Nr. 2 begründen.
4. Verbindungsverbote
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Die Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht darf nicht mit Jugendarrest verbunden werden (§ 8 Abs. 1 S. 2). Eine Anordnung nach § 12 Nr. 2 ist weiterhin neben Entscheidungen nach §§