Einzelregelung der Satzung gestützt werden.[21] Daraus wird ein Anspruch der Gesellschaft auf Eintragung abgeleitet, wenn die gesetzlichen Eintragungsvoraussetzungen vorliegen; § 38 Abs. 4 AktG räumt dem Registergericht keinen Ermessensspielraum ein, insbesondere hat es kein über den Umfang der Prüfungspflicht hinausgehendes Prüfungsrecht.[22]
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Betreffen mangelhafte, fehlende oder nichtige Bestimmungen der Satzung Tatsachen oder Rechtsverhältnisse, die nach § 23 Abs. 3 AktG oder aufgrund anderer zwingender gesetzlicher Vorschriften (z.B. § 23 Abs. 4 AktG) bestimmt sein müssen oder die in das Handelsregister einzutragen (z.B. die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder nach § 39 Abs. 1 S. 3 AktG) oder von dem Gericht bekannt zu machen sind, hat das Registergericht deshalb die Eintragung abzulehnen (§ 38 Abs. 4 Nr. 1 AktG). Gleiches gilt, wenn fehlende, mangelhafte oder nichtige Bestimmungen Vorschriften verletzen, die ausschließlich dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst dem öffentlichen Interesse dienen, oder die die Nichtigkeit der Satzung zur Folge haben (§ 38 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 AktG).[23] Der Fall der Nichtigkeit der gesamten Satzung kann sowohl auf zwingenden als auch auf fakultativen körperschaftsrechtlichen Bestimmungen beruhen.[24]
4. Kapitel Satzung › I. Einführung › 3. Rechtsfolgen bei Mängeln der Satzung
3. Rechtsfolgen bei Mängeln der Satzung
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Wird die Satzung trotz mangelhafter, fehlender oder nichtiger Bestimmungen in das Handelsregister eingetragen, gilt der Grundsatz der Erhaltung der Eintragung.[25] Daher kann eine Klage eines Aktionärs, Vorstandsmitgliedes oder Aufsichtsratsmitgliedes auf Nichtigerklärung der Gesellschaft insgesamt nur dann erfolgreich sein, wenn die Satzung entweder keine Bestimmung über die Höhe des Grundkapitals oder über den Unternehmensgegenstand enthält oder wenn die Bestimmungen über den Unternehmensgegenstand nichtig sind. Auf andere als diese Gründe kann die Nichtigkeitsklage nicht gestützt werden (§ 275 Abs. 1 AktG). Unter den gleichen Voraussetzungen kann die AG von Amts wegen als nichtig gelöscht werden (§ 397 S. 1 FamFG), wenn der Satzungsmangel nicht rechtzeitig geheilt wird (§§ 275 Abs. 2, 276 AktG).[26]
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Fehlen die übrigen Mindestangaben des § 23 Abs. 3 AktG[27] oder sind sie nichtig, kann das Registergericht nach § 399 Abs. 1 FamFG den Mangel der Satzung feststellen, wenn dieser nicht innerhalb der vom Registergericht gesetzten Frist durch Änderung der Satzung beseitigt wurde. Das Gericht ist verpflichtet, das Verfahren einzuleiten und nach dessen Abschluss die Feststellung des Mangels zu verfügen, wenn es Kenntnis von einem Satzungsmangel erhält, der nach seiner Überzeugung zur Feststellung des Mangels führt.[28] Rechtsfolge der rechtskräftigen Feststellung eines Satzungsmangels nach § 399 Abs. 2 FamFG ist die Auflösung der AG nach § 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG; sie ist daher abzuwickeln (sog. Beanstandungs- und Amtsauflösungsverfahren). Die Auflösung der Gesellschaft und der Auflösungsgrund werden von Amts wegen in das Handelsregister eingetragen (§ 263 S. 3 AktG).[29]
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Ein Satzungsmangel und ebenso die Nichtigkeit eines satzungsändernden Hauptversammlungsbeschlusses können mit der Nichtigkeitsklage nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit der Eintragung in das Handelsregister drei Jahre verstrichen sind (§§ 242 Abs. 2, 275 Abs. 3 AktG).[30] Das Registergericht ist gleichwohl nicht daran gehindert, auch nach Ablauf der Dreijahresfrist die Gesellschaft von Amts wegen zu löschen bzw. Satzungsbestimmungen, die gegen zwingendes, im öffentlichen Interesse gegebenes Gesetzesrecht verstoßen, durch Löschung von Amts wegen zu beseitigen § 397 S. 1 FamFG i.V.m. § 275 Abs. 3 S. 2 AktG, § 398 FamFG i.V.m. § 242 Abs. 2 S. 3 AktG).[31]
4. Kapitel Satzung › I. Einführung › 4. Rechtsnatur der Satzung
4. Rechtsnatur der Satzung
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Die überwiegende Rechtsauffassung geht von einer Doppelfunktion der Satzung aus; für die Vereinssatzung hat der BGH[32] die Doppelfunktion der Satzung wie folgt beschrieben: „Mit der Entstehung des Vereins löst sie (die Satzung) sich aber völlig von deren Person (gemeint sind die Gründer). Sie erlangt ein unabhängiges rechtliches Eigenleben, wird zur körperschaftlichen Verfassung des Vereins und objektiviert fortan das rechtliche Wollen des Vereins als der Zusammenfassung seiner Mitglieder. Gründerwillen und -interessen treten zurück; an ihrer Stelle gewinnen der Vereinszweck und die Mitgliedsinteressen die rechtsgestaltende Kraft, auf die es allein noch ankommen kann.“[33] Diese für die Vereinssatzung beschriebenen beiden Funktionen – schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftsgründern (daher auch der Begriff Gesellschaftsvertrag) einerseits und eine Quelle objektiven Rechts andererseits – gelten allgemein auch für die Satzung der AG: es handelt sich um einen körperschaftsrechtlichen Vertrag oder auch Organisationsvertrag.[34]
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Durch die Feststellung der Satzung und ihre Eintragung im Handelsregister erlangt ihr Inhalt normative Wirkung auch gegenüber neuen Aktionären, die nicht an der Errichtung der Gesellschaft mitgewirkt haben.[35] Eine statutarische Regelung bindet jeden, der Gesellschafter einer AG wird.
Anmerkungen
Hüffer/Koch § 2 Rn. 1; Kölner Kommentar/Dauner-Lieb § 3 Rn. 8; Großkommentar/Brändel § 2 Rn. 4; Bürgers/Körber/Westermann § 2 Rn. 1. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff Gesellschaftsvertrag jedoch nur in § 2; i.Ü. verwendet er den Begriff Satzung. In der Praxis wird seltener der aus dem Lateinischen abgeleitete Begriff Statut verwendet.
Der DCGK ist weder ein Gesetz noch kommt ihm eine satzungsgleiche Wirkung zu, Kölner Kommentar/Lutter § 161 Rn. 11; LG München BB 2008, 10 f.; BGHZ 180, 9, 23 Tz.25 (Kirch/Deutsche Bank).
Würdinger S. 39.
BGHZ 21, 370, 374; MünchKomm AktG/Heider § 2 Rn. 36.
Zur Gründung der AG s. 3. Kap. Rn. 1 ff., 28 ff.
S. hierzu 3. Kap. Rn. 6.
S. nachfolgende Rn. 85 ff.
Großkommentar/Brändel § 2 Rn. 4; Kölner Kommentar/Arnold § 23 Rn. 31.
K.