Александр Дюма

Die Dame von Monsoreau


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so?«

      »Ah! ja, die Träume trösten über die Wirklichkeit. So habe ich diese Nacht einen herrlichen Traum gehabt.«

      »Was träumtest Du?«

      »Ich träumte, meine Frau …«

      »Du denkst also noch an Deine Frau, Saint-Luc?«

      »Mehr als je.«

      »Ah!« machte der König mit einem langen Seufzer und zum Himmel empor schauend.

      »Ich träumte,« fuhr Saint-Luc fort, »meine Frau habe, ihr reizendes Gesicht beibehaltend, denn sie ist hübsch, meine Frau, Sire …«

      »Ach! ja,« sprach der König, »Eva war auch hübsch, Unglücklicher! und Eva hat uns Alle in das Verderben gestürzt.«

      »Ah! daher rührt also Euer Ärger? Doch kommen wir auf meinen Traum zurück, Sire.«

      »Ich habe auch geträumt …« sagte der König.

      »Meine Frau hatte also, ihr reizendes Gesicht beibehalten, die Flügel und die Form eines Vogels angenommen, war, Pforten und Gittern trotzend, durch die Mauern des Louvre gedrungen und an meinen Scheiben erschienen, wo sie einen reizenden kleinen Schrei ausstieß, den ich gar wohl begriff; denn er sagte mir: ›Öffne, Saint-Luc, öffne mir, mein Gatte.‹

      »Und Du hast geöffnet?« fragte der König beinahe in Verzweiflung.

      »Ich glaube wohl,« rief Saint-Luc, »und zwar mit dem größten Eifer.«

      »Weltkind!«

      »Weltkind, so lang Ihr wollt, Sire.«

      »Und Du bist dann erwacht?«

      »Nein, Sire, ich hütete mich wohl, der Traum war zu reizend.«

      «Und Du träumtest fort?«

      »So viel ich konnte, Sire.«

      »Und Du hoffst diese Nacht …«

      »Abermals zu träumen. Ja, möge es Eurer Majestät nicht missfallen, aber ich habe deshalb das verbindliche Anerbieten, das Ihr mir gemacht, das Anerbieten, Euch die Litaneien zu lesen, ausgeschlagen. Wenn ich wache, Sire, so will ich wenigstens ein Äquivalent für meinen Traum finden. Beliebt es also Eurer Majestät, wie ich Ihr gesagt habe, Tische aufschlagen, Musikanten holen zu lassen …«

      »Genug, Saint-Luc, genug,« sprach der König aufstehend. »Du stürzest Dich in das Verderben und würdest mich mit Dir zu Grunde richten, wenn ich länger hier bliebe. Gott befohlen, Saint-Luc, ich hoffe, der Himmel wird Dir statt des versuchenden Traumes irgend einen heilsamen Traum schicken, der Dich veranlasst, morgen meine Buße zu teilen und uns in Gesellschaft zu retten.«

      »Ich zweifle daran, Sire, und bin meiner Sache sogar so gewiss, dass ich Eurer Majestät, wenn es mir erlaubt wäre, raten würde, den Freidenker Saint-Luc, der völlig entschlossen ist, unbußfertig zu sterben, noch diesen Abend vor die Türe des Louvre zu setzen.«

      »Nein, nein, ich hoffe, die Gnade wird Dich zwischen heute und morgen berühren, wie sie mich berührt hat. Guten Abend, Saint-Luc, ich werde für Dich beten.«

      »Guten Abend, Sire, ich werde für Euch träumen.«

      Und Saint-Luc begann die erste Strophe eines mehr als leichtfertigen Liedes, das der König in seinen Augenblicken guter Laune zu singen pflegte, was den Rückzug des Königs noch beschleunigte, denn dieser schloss rasch die Türe, kehrte in sein Zimmer zurück und murmelte die Worte: »Herr, mein Gott, Dein Zorn ist billig und gerecht, denn die Welt wird immer schlimmer.«

       Siebentes Kapitel

      Wie der König Furcht hatte, Furcht zu haben, und wie Chicot Furcht hatte, Furcht zu haben

      Als der König Saint-Luc verließ, fand er seinen ganzen Hof seinen Befehlen gemäß in der großen Gallerie versammelt.

      Er verteilte einige Gunstbezeugungen unter seine Freunde, schickte d'O, Épernon und Schomberg in die Provinz, bedrohte Maugiron und Quélus, ihnen den Prozess machen zu lassen, wenn sie neue Streitigkeiten mit Bussy hätten, reichte diesem seine Hand zum Kusse und hielt lange seinen Bruder Franz an sein Herz gepresst.

      Gegen die Königin zeigte er sich so verschwenderisch in freundschaftlichen Äußerungen und Lobeserhebungen, dass die Anwesenden darin die günstigsten Vorzeichen für die Thronfolge Frankreichs erblickten. Mittlerweile nahte die gewöhnliche Stunde zum Schlafengehen, und man konnte leicht sehen, dass der König diese Stunde so viel als möglich verzögerte; endlich schlug die Uhr des Louvre zehnmal; Heinrich warf einen langen Blick im Gemache umher; er schien unter allen seinen Freunden denjenigen zu wählen, welchem er die Funktion des Vorlesens übergeben würde, die Saint-Luc ausgeschlagen hatte.

      Chicot schaute ihm zu und sprach plötzlich mit seiner gewohnten Keckheit:

      »Höre, Du machst mir diesen Abend gar freundliche Augen, Heinrich. Solltest Du zufällig eine gute Abtei mit zehntausend Livres Rente anzubringen suchen? Teufel! welch ein Beter würde ich werden. Gib, mein Sohn, gib.«

      »Kommt mit mir, Chicot,« sagte der König. »Gute Nacht, meine Herren, ich will mich schlafen legen.«

      Chicot wandte sich gegen die Höflinge um, zog seinen Schnurrbart in die Höhe, machte freundliche Augen und sagte mit einer äußerst anmutigen Wendung, die Stimme des Königs parodierend:

      »Gute Nacht, meine Herren, gute Nacht, wir wollen uns schlafen legen.«

      Die Höflinge bissen sich in die Lippen, der König errötete.

      »Holla! meinen Barbier,« rief Chicot, »meinen Kammerdiener, und besonders meine Creme.«

      «Nein,« sprach der König, »ich brauche heute nichts von Allem dem; wir treten in die Fasten ein, und ich bin in der Buße.«

      »Ich beklage die Creme,« sagte Chicot.

      Der König und der Narr kehrten in das uns bekannte Zimmer zurück.

      »Ah! ah! Heinrich,« rief Chicot, »ich bin also Dein Liebling? Ich bin Dein Unerlässlicher? Ich bin Dein sehr Schöner, schöner als dieser Cupido von einem Quélus?«

      »Stille, Narr,« sprach der König, »und Ihr, meine Herren von der Toilette, geht hinaus.«

      Die Diener gehorchten; die Türe schloss sich wieder. Heinrich und Chicot blieben allein. Chicot schaute Heinrich mit einem gewissen Erstaunen an.

      »Warum schickst Du sie weg?« fragte der Narr. »Sie haben uns noch nicht eingesalbt. Gedenkst Du mich mit Deiner königlichen Hand einzusalben? Bei Gott! das ist eine Buße, wie jede andere.«

      Heinrich antwortete nicht. Jedermann hatte das Zimmer verlassen, und die zwei Könige, der Narr und der Weise, schauten sich an.

      »Beten wir,« sprach Heinrich.

      »Ich danke,« rief Chicot, »das ist nicht unterhaltend genug. Wenn Du mich deshalb hast kommen lassen, so will ich lieber in die schlechte Gesellschaft, in der ich war, zurückkehren. Gott befohlen, mein Sohn, gute Nacht.«

      »Bleibt,« sprach der König.

      »Oh! oh!« sagte Chicot sich aufrichtend, »das artet in Tyrannei aus! Du bist ein Despot, ein Phalaris, ein Dionys. Ich langweile mich hier; den ganzen Tag hast Du mich die Schultern meiner Freunde mit Farrenschwänzen zerfleischen lassen, und nun bekommt es ganz das Ansehen, als ob wir diesen Abend wieder anfangen wollten. Pest! fangen wir nicht wieder an. Heinrich, wir sind nur zu zwei, und unter Zweien trifft jeder Schlag.«

      »Schweigt, elender Schwätzer,« rief der König, »denkt an Eure Reue.«

      »Gut! sind wir hieran? Ich bereuen! Und was soll ich bereuen? dass ich mich zum Narren eines Mönches gemacht habe? Confiteor … Ich bereue; mea culpa, Es ist meine Schuld, es ist meine größte Schuld!«

      »Keine Gotteslästerung, Unglücklicher! keine Gotteslästerung,« sprach der König.

      »Ah! ich möchte lieber in dem Gefängnis der Löwen oder im Käfig der Affen, als in dem Zimmer eines wahnwitzigen Königs eingeschlossen sein. Lebe wohl, ich gehe.«

      Der