KG MacGregor

Liebe in Sicht


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das heißen, dass du nie über Didi hinwegkommen wirst?«

      »Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass ich nie aufhören werde, sie zu lieben.« Sie blickte sich um und vergewisserte sich, dass ihnen niemand zuhörte. »Ich finde es schrecklich mitanzusehen, wie sie sich mit Pamela lächerlich macht. Welche Achtundzwanzigjährige will eine Frau, die vierzehn Jahre älter ist? Wie wird Pamela sich in ein paar Jahren fühlen, wenn Didi in die Wechseljahre kommt, während sie selbst ihre Blütezeit erlebt? Ich sage dir, die Sache ist irgendwann vorbei und dann wird Didi todunglücklich sein.«

      Steph schüttelte den Kopf. »Um Didi würde ich mir Sorgen machen, wenn sie wirklich total verknallt in Pamela wäre. Aber wir beide wissen es besser. Pamela ist bloß eine Trophäe, und sollte Didi todunglücklich werden, ist sie selbst schuld.«

      »Es ist mir egal, wessen Schuld es ist. Ich möchte nicht zusehen, wie sie gedemütigt wird. Wir waren so nah dran« – sie zeigte einen hauchdünnen Spalt zwischen Zeigefinger und Daumen – »wieder zusammenzufinden, als Pamela anfing, dauernd im Laden aufzukreuzen. Und plötzlich fuhr Didi jedes Wochenende nach New York. Woher weiß ich, dass es Pamela nicht bloß darum geht, die Boutique zu übernehmen? Das könnte passieren, wenn ich Didi meinen Anteil verkaufe.«

      »Aber es ist nicht deine Aufgabe, Didi vor sich selbst zu retten. Du musst dich um Natalie kümmern, denn sonst tut das niemand.«

      Natalie blickte hoch und sah, dass Didi und Pamela die Kunstgalerie betraten und auf sie zukamen. »Wenn man vom Teufel spricht …«

      »Das hast du gesagt.«

      »Hallo, die Damen«, sagte Didi und schaute sich um. »Wo ist deine Kabinengenossin, Natalie? Erzähl’s mir nicht. Sie ist unten und wartet die Schiffsmotoren.«

      »Sehr witzig«, entgegnete Natalie und bereute insgeheim, dass sie Didi vor Steph in Schutz genommen hatte. Sie konnte manchmal so gemein sein. »Ich kann dir versichern, dass Kelly wirklich sehr nett ist.«

      »Nett mag sie ja sein, aber sie sieht ziemlich merkwürdig aus.« Didi tat, als würde sie ihren Bizeps vorführen.

      »Irgendwie mag ich ihren Look«, sagte Pamela. »Er steht nicht jeder, aber Kelly macht eine wirklich gute Figur. Sie ist ja nicht klobig oder so, nur muskulös.«

      »Wenn du meinst«, lenkte Didi ein und zuckte die Achseln.

      Natalie war leicht geschockt. Didi wich kaum jemals von ihren Ansichten ab, und schon gar nicht, wenn es um das Aussehen anderer ging.

      Pamela fuhr fort: »Vielleicht rede ich mal mit ihr und frage sie, ob sie mir einen Rat geben kann, was ich für meine Oberarme tun könnte.«

      »Ich glaube, sie zeigt dir gern ihr Trainingsprogramm«, erwiderte Natalie. »Wie gesagt, sie ist sehr nett.« Sie funkelte Didi an; dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging davon.

      Vom Balkon aus betrachtete Kelly eine Insel in der Ferne. Sie hätte sich keinen schöneren Tag wünschen können, keine komfortablere Kabine, keine entspanntere Atmosphäre. Wenn ihr überhaupt etwas auf dieser Kreuzfahrt fehlte, dann war es Gesellschaft. Sie hatte sich ein bisschen mehr Gruppenzugehörigkeit erhofft, aber offenkundig hatten die anderen Frauen bereits ihre bevorzugten Konstellationen. Vor allem Natalie klebte geradezu an ihrer besten Freundin Steph, was wenig Gelegenheit ließ, die einzige andere Single-Frau ihrer Gruppe näher kennenzulernen. Zumindest auf Yvonne konnte sie zählen, aber sie hatte kein Interesse daran, ins Casino zu gehen. Es würde gezielte Bemühungen erfordern, in den Kreis der Freundinnen einzudringen.

      Die Schiebetür der Nachbarkabine wurde mit einem lauten Knall aufgeschoben.

      »Komm raus an die frische Luft!«, rief Pamela. »Vielleicht hilft das.«

      »O Gott!«, murmelte Didi. »Mir ist kotzübel.«

      Kelly hörte, wie Didi mit qualvollem Stöhnen wieder hineinging.

      »Beeil dich da drin! Ich muss auch kotzen!«, rief Pamela.

      Der Waldorfsalat? Kelly trat an die Reling und beugte sich vor. Sie sah, wie Pamela tiefe Atemzüge tat. »Alles in Ordnung mit euch beiden?«

      »Nein. Irgendwas Fieses hat aus heiterem Himmel zugeschlagen und uns beide gleichzeitig erwischt.«

      »Wie das?«

      »Das ganze Paket – Übelkeit, Durchfall … Didi sagt, sie schwitzt wie eine Hure beim Gottesdienst.«

      Seit dem Mittagessen waren fast vier Stunden vergangen, Zeit genug für nicht ganz einwandfreie Mayonnaise, tief in den Verdauungstrakt vorzudringen. »Vermutlich ist es nur eine bakterielle Infektion – vielleicht habt ihr irgendwas Verdorbenes gegessen. Ist sonst noch jemandem übel?«

      »Nicht dass ich wüsste.« Pamela presste sich die Hände auf den Leib und verzog das Gesicht. »Beeil dich!« Sie lief hinein, und gleich darauf erschien Didi auf dem Balkon.

      »Ich habe gerade zu Pamela gesagt, dass es nach einer Lebensmittelvergiftung klingt. Vielleicht solltet ihr einfach ein, zwei Tage in eurer Kabine bleiben. Das gibt sich schon wieder.«

      »Glaub mir, ich geb’s schon wieder.«

      »Soll ich den Schiffsarzt holen? Der kann euch bestimmt irgendwas verordnen.«

      »Der Mensch, den ich brauche, sitzt zu Hause im Reisebüro. Ich will mein Geld zurück.« Sie krümmte sich und rief in die Kabine: »Ich bin wieder dran!«

      Pamela tauchte erneut auf, ein bisschen grün um die Nase. »Ich glaube, wir brauchen Medikamente.«

      Kelly blätterte rasch durch das Schiffsverzeichnis, fand die Nummer der Krankenstation und rief an. »Sie schicken jemanden hoch. Ihr sollt in eurer Kabine bleiben. Ich schätze, sie haben Angst, dass es was Ansteckendes sein könnte.« Es war möglich, dass die beiden sich irgendeinen Erreger eingefangen hatten – Magen-Darm-Infektionen kamen an Bord von Kreuzfahrtschiffen nicht selten vor, weil sich die Leute nicht immer die Hände wuschen –, aber Kelly tippte immer noch auf den Waldorfsalat, vor allem wenn sonst niemand aus ihrer Gruppe krank wurde.

      Aus der benachbarten Kabine hörte sie fortwährendes Würgen, gelegentliches Stöhnen und böses Fluchen.

      Kurze Zeit später kam Natalie hereingestürmt, ihr Gesicht von Sorge gezeichnet. »Was ist nebenan los? Ich habe gerade die Krankenschwester herauskommen sehen.«

      Kelly sprang auf. »Ist mit dir alles in Ordnung?«

      »Ja, klar. Warum?«

      »Ich glaube, es war der Waldorfsalat. Didi und Pamela fühlen sich beide hundeelend.«

      Einem lauten Stöhnen nebenan folgte ein Fluch und dann wieder ein Würgen.

      »Aber sie erholen sich doch bald wieder?«

      »In ein paar Stunden sind sie sicher wieder auf dem Damm. Aber im Augenblick geht’s beiden ziemlich mies.« Sie führte Natalie auf den Balkon und schaute um die Trennwand herum. »Pamela?«

      Die jüngere Frau trat auf den Balkon hinaus. »Wir müssen zweiundsiebzig Stunden in der Kabine bleiben. Das sind drei ganze Tage!«

      »Ihr werdet San Juan verpassen!«, jammerte Natalie.

      »Und St. Thomas und Tortola«, fügte Pamela hinzu. »Aber sie haben uns Gutscheine gegeben, damit wir die nächste Kreuzfahrt zum halben Preis machen können.«

      »Was wir nächstes Jahr tun werden, sofern wir das hier überleben«, sagte Didi gequält. Sie war im Türrahmen erschienen.

      »Was ist mit euren Mahlzeiten?«

      »Sie bringen sie uns her, aber ich habe der Schwester gesagt, dass ich jeden umbringe, der heute Abend mit einem Essenstablett vor der Tür steht.«

      Die beiden kamen sich an der Tür ins Gehege, als sie beide gleichzeitig versuchten, ins Bad zu stürmen.

      »Die Armen«, sagte Natalie. »Sie werden einen Koller kriegen.«

      »Spaß beiseite: Vielleicht sollten