KG MacGregor

Liebe in Sicht


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benennen kann, aber ich wette, es macht Spaß, mit ihr zusammenzusein.«

      »Was meinst du damit – sie hat irgendwas an sich?«

      »Ich weiß nicht. Sie ist irgendwie so ungekünstelt – nach dem Motto: Was du siehst, ist genau das, was du kriegst. Sie täuscht nichts vor, versucht nicht, es allen recht zu machen. Es hat mir gefallen, wie sie Didis Kommentar zu ihrer Hose pariert hat – als ob es ihr völlig egal wäre, was Didi denkt.«

      »Aber mal im Ernst – was für eine Frau trägt Männerhosen?«

      »Sag du’s mir. Trägt sie Boxershorts oder Herrenslips?«

      Natalie merkte, dass sie leicht errötete. »Keine Ahnung. Und ich habe nicht vor, es herauszufinden.«

      Steph zuckte die Achseln. »Ich finde, sie ist irgendwie sexy … auf eine raue, animalische Art.«

      »Seit wann das denn? Sie sieht praktisch aus wie ein Mann. Und sie unternimmt nicht den geringsten Versuch, den Leuten einen anderen Eindruck zu vermitteln. Sie könnte zumindest Ohrringe tragen oder so, damit man nicht zweimal hingucken muss, um herauszufinden, was sie ist. Ich hatte schon halb erwartet, Aftershave in ihrem Kulturbeutel zu finden.«

      »Du hast in ihrem Kulturbeutel herumgeschnüffelt?«

      Natalie wurde knallrot. Ihre Angewohnheit, genau das zu sagen, was sie dachte, war schon immer ein Nachteil gewesen. »Ich konnte nicht anders. Ich musste einfach wissen, wie eine Frau es schafft, ihre ganze Kosmetik in einem kleinen Necessaire unterzubringen.«

      »Ich vermute, das macht einen Teil ihres Reizes aus. Yvonne ist auch so. Ich habe zehn Jahre gebraucht, um sie davon zu überzeugen, dass es in Ordnung ist, wenn eine Physiotherapeutin gelegentlich Nagellack trägt.«

      »Aber Yvonne hält niemand für einen Mann. Sie hat einen modischen Haarschnitt und sie hat keine Scheu, ihre Augen ein bisschen zu betonen. Und sie kauft ihre Sachen nicht in der Herrenabteilung.«

      Steph schüttelte missbilligend den Kopf. »Wie du redest … Du klingst wie Didi.«

      »Quatsch!«

      »Doch, tust du! Was bedeutet es schon, wie jemand aussieht, wenn sie glücklich damit ist? Ich wäre gern glücklich mit diesem Rettungsring um meine Taille. Das Leben wäre um vieles leichter, wenn ich ihn einfach akzeptieren und meine Kleider eine Nummer größer kaufen würde.«

      »Still! Sie kommt.«

      Kelly trat zu ihnen und nahm Natalie die Sonne aus dem Gesicht. Sie schob ihre Sonnenbrille hoch und lächelte. »Das Wetter ist kaum auszuhalten, stimmt’s?«

      Steph und Natalie lachten und nickten.

      »Passt auf, dass ihr euch keinen Sonnenbrand holt. Bei der steten Brise merkt man gar nicht, wie die Sonne brennt.«

      »Wir bleiben nicht mehr lange«, gab Steph zurück. »Hat Yvonne dir erzählt, dass wir uns zum Mittagessen am Terrassenbuffet treffen wollen?«

      Kelly nickte. »Ich werde da sein.« Sie sah Natalie an und lächelte noch einmal, bevor sie ihre Brille wieder aufsetzte und davonschlenderte.

      Steph kicherte frohlockend. »Hast du den Blick gesehen? Sie hat mit dir geflirtet!«

      »Blödsinn!« Natalie hatte auch den Eindruck gehabt, wenn auch nur für ein, zwei Sekunden.

      »Hat sie wohl!«

      »Tja, dann hat sie Pech. Sie ist nicht mein Typ.«

      4

      Kelly schlenderte über das Deck und suchte nach vertrauten Gesichtern. Schließlich entdeckte sie Steph und Yvonne, die bereits an einem großen Tisch knapp im Schatten saßen und aßen. Sie gestand es sich nur ungern ein, aber sie war froh, dass Yvonne Shorts und ein T-Shirt trug. Zumindest war sie nicht die Einzige in der Gruppe, die kein Fashion Victim war. »Wo stecken die anderen?«

      »Natalie versucht sich zu entscheiden, was sie essen möchte«, antwortete Yvonne, vor sich einen übervollen Teller mit Hühnchenstreifen, Gemüse und Brot, dazu Dessert.

      »Ich habe ihr geraten, es so zu machen wie ich und von allem etwas zu probieren«, fügte Steph hinzu. Ihr Teller war bis zum Rand gefüllt mit einer Vielzahl winziger Kostproben.

      Kelly war nicht an üppige Mittagsmahlzeiten gewöhnt und entschied sich für das Salatbuffet, wo Natalie bereits ihre Auswahl traf. Und wieder ertappte sie sich dabei, wie sie Natalie musterte. Sie trug nun Shorts und ein Wickeloberteil über ihrem Badeanzug, was jedoch ihre feminine Figur keineswegs verbarg. Sehr schöne Beine für jemanden, die behauptete, für sportliche Aktivitäten nichts übrig zu haben. Und dann ihre Hände – lang und schmal, mit kurzen lackierten Fingernägeln. Lesbische Hände, eindeutig.

      Den ganzen Morgen schon bereute es Kelly, den nächtlichen Lärm, den Didi und Pamela veranstaltet hatten, angesprochen zu haben. Natalie war verärgert über die Sache gewesen, und das war vollkommen verständlich. Niemand wollte zuhören, wie die Ex sich mit einer anderen im Bett vergnügte. Leider schien es keine Möglichkeit zu geben, sich dafür zu entschuldigen, ohne es noch schlimmer zu machen.

      Sie trat zu Natalie, als diese sich gerade bedienen wollte. »Das würde ich bleiben lassen, wenn ich du wäre«, sagte Kelly und legte ihr sachte die Hand auf den Arm.

      »Das ist Waldorfsalat. Den liebe ich.«

      »Ja, schon, aber …« Sie senkte die Stimme, damit das Servicepersonal sie nicht hörte. »Alles mit Mayonnaise ist ein Risiko, insbesondere bei einem Buffet, das lange der Wärme ausgesetzt ist.«

      Natalie verzog enttäuscht das Gesicht.

      »Vertrau mir in diesem Fall. Auf einer Kreuzfahrt krank zu werden wünscht man sich nicht gerade.«

      »Da hast du recht.« Sie besah sich den Sesam-Nudelsalat auf Kellys Teller. »Wo hast du den her?«

      Kelly ging mit ihr um das Buffet herum und wies sie auf einige ungewöhnliche Speisen hin. »Ich gehe nicht oft essen, aber wenn, dann nehme ich gern Dinge, die ich mir zu Hause nie mache.«

      »Du kannst also kochen?«

      »Gelten Mikrowellengerichte als kochen?«

      Natalie sah sie ungläubig an. »Unter keinen Umständen!«

      »Dann muss ich es verneinen.« Kelly legte noch einige Scheiben Cantaloupe-Melone und Ananas auf ihren Teller und wandte sich dann dem Tisch zu. »Meine häuslichen Fähigkeiten gehen mehr in Richtung Renovierungsarbeiten.«

      »Das kann auch sehr praktisch sein, aber ich verstehe nicht, wie jemand, die jeden Tag läuft, sich nicht besser um ihre Ernährung kümmert.«

      Kelly wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie bezweifelte, dass Natalie sich wirklich Sorgen machte, weil ihr Abendessen gewöhnlich aus Pasta mit einer Fertigsauce bestand und dem einen oder anderen Bier dazu, was ihr genug Energie für ihre Joggingrunde am nächsten Morgen lieferte. »Tja, was soll ich sagen? Jede Frau hat ein, zwei Laster, meinst du nicht?«

      »Mindestens.«

      Sie war enttäuscht, als sie beide ihren Tisch erreichten und Natalie sich ans andere Ende setzte.

      Natalie wandte sich an Steph. »Hast du gesehen, dass sie eine Kunstauktion veranstalten? Ich überlege, hinzugehen und mir anzuschauen, was sie zu bieten haben.«

      Yvonne nickte heftig. »Die Galerie ist gleich neben dem Casino. Wir haben einige ernsthafte Kunstsammler an Bord. Sie waren heute Morgen schon da und haben Fotos mit ihren iPhones gemacht.«

      »Hatten sie Empfang?«, fragte Steph. Es war eindeutig, dass sie an ganz was anderem als Kunst interessiert war.

      »Nein, Schätzchen. Hier draußen empfängt niemand ein Signal.«

      »Dein Blackberry funktioniert an Bord nicht?«, fragte Natalie.

      »Nein«, erwiderte Steph verdrossen.

      »Das heißt, dass sie nicht arbeiten kann«, sagte Yvonne und stieß