belehren
Wie Orpheus einstens tat;
Das Saitenspiel soll ihrer Wildheit wehren
Errichten einen Staat,
Wo nur Natur den Szepter führet,
Durch weise Künste unterstützt,
Und jeder in dem Stand, der ihm gebühret,
Dem Vaterlande nützt.
Und wo nicht blutige Trophäen
Auf offnem Platze aufgestellt,
Und nicht dem Gott zu dem wir innig flehen
Ein blutig Opfer fällt.
An meine sterbende Schwester
Deinen Wangen entfloh’n Rosen des Jugend-Mai’s
Und es welkte dein Lenz, Farbe des Todes liegt
Auf dem hageren Antlitz,
Nur dein Auge strahlt Heiterkeit.
Leiden wurden dir früh, Pilgerin, vorgestreut,
Fühltest selten die Lust, welche uns Jugend reicht,
Doch trug heiteres Mutes
Sie dein reifer, geübter Geist.
Schon winkt dir aus der Fern’ seliger Ewigkeit
Der unsterbliche Kranz, harret der Siegerin,
Bald flieht Leiden und Leib der
Fessellose, geprüfte Geist.
Schaue, Selige, dann, bist du von Gott verklärt,
Freudenreiches Blicks auf die Gefilde her,
Wo im Haine des Abends
Die Erinnerung mich umschwebt.
Lisple leiser um mich, wenn ich bei Mondenschein
Schau’ zur schimmernden Flur, höhere Lieder sing’
Und mit Freuden verweile
Bei dem blumigen, grünen Grab.
An Schleiermacher
Was paß, das muß sich ründen,
Was sich versteht, sich finden,
Was gut ist, sich verbinden,
Was liebt, zusammen sein.
Was hindert, muß entweichen,
Was krumm ist, muß sich gleichen,
Was fern ist, sich erreichen,
Was keimt, das muß gedeihn.
Gib treulich mir die Hände,
Sei Bruder mir und wende
Den Blick vor deinem Ende
Nicht wieder weg von mir.
Ein Tempel, wo wir knieen,
Ein Ort, wohin wir ziehen,
Ein Glück, für das wir glühen,
Ein Himmel mir und dir!
An Tieck
Ein Kind voll Wehmut und voll Treue,
Verstoßen in ein fremdes Land,
Ließ gern das Glänzende und Neue,
Und blieb dem Alten zugewandt.
Nach langem Suchen, langem Warten,
Nach manchem mühevollen Gang,
Fand es in einem öden Garten
Auf einer längst verfallnen Bank
Ein altes Buch mit Gold verschlossen,
Und nie gehörte Worte drin;
Und, wie des Frühlings zarte Sprossen,
So wuchs in ihm ein innrer Sinn.
Und wie es sitzt, und liest, und schauet
In den Kristall der neuen Welt,
An Gras und Sternen sich erbauet,
Und dankbar auf die Kniee fällt:
So hebt sich sacht aus Gras und Kräutern
Bedächtiglich ein alter Mann,
Im schlichten Rock, und kommt mit heiterm
Gesicht ans fromme Kind heran.
Bekannt doch heimlich sind die Züge,
So kindlich und so wunderbar;
Es spielt die Frühlingsluft der Wiege
Gar seltsam mit dem Silberhaar.
Das Kind faßt bebend seine Hände,
Es ist des Buches hoher Geist,
Der ihm der sauern Wallfahrt Ende
Und seines Vaters Wohnung weist.
Du kniest auf meinem öden Grabe,
So öffnet sich der heilge Mund,
Du bist der Erbe meiner Habe,
Dir werde Gottes Tiefe kund.
Auf jenem Berg als armer Knabe
Hab ich ein himmlisch Buch gesehn,
Und konnte nun durch diese Gabe
In alle Kreaturen sehn.
Es sind an mir durch Gottes Gnade
Der höchsten Wunder viel geschehn;
Des neuen Bunds geheime Lade
Sahn meine Augen offen stehn.
Ich habe treulich aufgeschrieben,
Was innre Lust mir offenbart,
Und bin verkannt und arm geblieben,
Bis ich zu Gott gerufen ward.
Die Zeit ist da, und nicht verborgen
Soll das Mysterium mehr sein.
In diesem Buche bricht der Morgen
Gewaltig in die Zeit hinein.
Verkündiger der Morgenröte,
Des Friedens Bote sollst du sein.
Sanft wie die Luft in Harf und Flöte
Hauch ich dir meinen Atem ein.
Gott sei mit dir, geh hin und wasche
Die Augen dir mit Morgentau.
Sei treu dem Buch und meiner Asche,
Und bade dich im ewgen Blau.
Du wirst das letzte Reich verkünden,
Was tausend Jahre soll bestehn;
Wirst überschwenglich Wesen finden,
Und Jakob Böhmen wiedersehn.
Anfang
Es kann kein Rausch sein – oder ich wäre nicht
Für diesen Stern geboren – nur so von ohngefähr
In dieser tollen Welt zu nah an
Seinen magnetischen Kreis gekommen.
Ein Rausch wär wirklich sittlicher Grazie Vollendetes Bewußtsein? – Glauben an Menschheit wär Nur Spielwerk