Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 2 – Liebesroman


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dem erstaunt dreinblickenden Kellner vorbei, läßt sich seinen Zimmerschlüssel geben und eilt die Treppe ins erste Stockwerk empor.

      Genau wie Patricia findet er in dieser Nacht keine Ruhe. Wo soll er sie suchen? Warum hat er damals nicht nach ihrem Familiennamen gefragt?

      Morgen, denkt er, morgen kommt sie ganz bestimmt. Bei diesem tröstlichen Gedanken findet er endlich auch seine Ruhe.

      Aber der nächste Tage bringt für Johnson die gleiche Enttäuschung. Alles läßt er wie am Vortage vorbereiten, und dann sitzt er bis tief in die Nacht hinein beim Sekt. Seine Stimmung ist auf den Nullpunkt gesunken.

      Als er endlich sein Zimmer aufsucht, entschließt er sich, nach England heimzufliegen.

      Niemals wird er Patricia finden. Er wird sie aus seinem Herzen reißen müssen, wenn er nicht an dieser unseligen Liebe zugrunde gehen will.

      *

      Patricia hat auch den nächsten Tag in dumpfer Verzweiflung verbracht. Reserl schleicht um sie herum wie eine Katze. Das alles nimmt sie kaum wahr.

      Wie im Traum geht sie einher. Die Möglichkeit, Donald wiederzusehen, ist endgültig vorbei, und damit der Traum von Liebe.

      Entsetzt läßt sie sich in den Sessel am Fenster fallen.

      Sie ist doch Peters Frau. Wie kann sie da noch an einen anderen Mann denken? Lieber Gott! Verzweifelt schlingt sie die Finger ineinander. Nimm mir die Liebe aus dem Herzen. Es darf nicht sein. Peter ist herzensgut. Ich muß ihm eine gute Frau sein und ihm auch in Gedanken treu bleiben.

      Mit diesem festen Entschluß beginnt sie ein neues Leben. Sie ist eine rührend gute Mutter zu Monika und beobachtet mit tiefer Befriedigung die vorzügliche Entwicklung des Kindes.

      Peter ist nach wie vor viel unterwegs. Ist er in seinem Heim, dann läßt Patricia sich nie etwas anmerken. Vor allem nicht, daß sie unter diesem Alleinsein leidet.

      Er schafft ja für sie und Monika. Und das muß sie anerkennen.

      Nach und nach schafft Patricia sich einen Freundeskreis, alles Menschen, die ihre Interessen teilen, handelt es sich nun um Kunstgespräche, um Musik oder Malerei.

      Sie hat eine Musiktruhe geschenkt bekommen und kauft sich die schönsten Platten.

      Jetzt kann sie richtige Konzerte veranstalten, wenn sie Gäste bei sich hat.

      Allmählich hat sie sich damit abgefunden, daß sie in Peters Leben die zweite Rolle spielt. Ihr mangelt es an nichts, also hat sie sich nicht zu beklagen.

      Im Sommer arbeitet sie mit Monika, die nun schon sechzehn Jahre alt ist und die Oberschule besucht, im Garten.

      »Ausgleichssport«, sagt sie lachend, wenn Monika sich über ihr schmerzendes Kreuz beklagt. »Den ganzen Tag über den Büchern hocken, Kind, das geht einfach nicht«, belehrt Pat das junge Mädchen, das sehr hübsch geworden ist mit dem braunen welligen Haar und den tiefblauen Augen. Nichts erinnert mehr an das kleine blondlockige Mädchen, das Patricia einst weinend vorgefunden hat.

      Sie ist schon eine junge Dame, muß Pat denken, als sie neben Monika im Garten sitzt und sie sich an eisgekühlter Limonade laben.

      Und ich werde langsam alt. Sie rechnet nach und muß unwillkürlich lachen. Erstaunt sieht Monika sie von der Seite her an.

      »Warum lachst du, Mutti?«

      »Ich habe soeben darüber nachgedacht, daß du ein hübsches Mädchen geworden bist, sehr hübsch sogar. Und ich werde langsam eine alte Frau, wenigstens komme ich mir so vor, trotz meiner sechsundzwanzig Jahre.«

      Monika wirft vor Vergnügen die Beine in die Luft.

      »Sechsundzwanzig Jahre, du meine Güte, und dann eine alte Frau?« Sie lacht silberhell dazu. »Genauso habe ich mir eine alte Frau vorgestellt, Mutti.«

      »Schließlich bin ich schon sechs Jahre mit deinem Vater verheiratet, vergiß das nicht.« Das soll würdig klingen, aber es reizt Monika zu noch hellerem Lachen.

      »Mutti, Mutti, alle meine Freundinnen beneiden mich um meine junge wunderschöne Mutti. Weißt du, wie man dich nennt?«

      »Keine Ahnung.«

      »Wunderschöne Patricia!«

      Pat rümpft die Nase. »Das finde ich wenig respektvoll, Moni. Das rede deinen Freundinnen recht schnell aus. Ich bin doch kein Filmstar.«

      »Du könntest aber ohne weiteres dafür angesehen werden, du mit deiner eigenartigen Schönheit.« Monika wird ernst und grübelt vor sich hin. Nach einer Weile hebt sie den Kopf. »Du, Mutti, manchmal wundere ich mich, warum du Vati geheiratet hast. Er kommt mir immer wie ein zerstreuter Professor vor. Er vergißt deine Geburtstage, er denkt nicht an euren Hochzeitstag. Er ist überhaupt kein Kavalier. Vermißt du nichts?«

      Pat wird blaß bis in die Lippen. Das, was sie tief in ihrem Herzen verborgen hält, zerrt eine Mädchenhand ans Tageslicht. Sie hat es längst aufgegeben, Peter mit Donald zu vergleichen, und nun kommt das Kind und reißt eine vernarbte Wunde auf.

      Sie nimmt sich zusammen und heuchelt Gleichmut.

      »Dafür hat dein Vati viele andere Vorzüge. Er ist der erste und der letzte Mann im Werk. Das solltest auch du anerkennen.«

      »Nö«, erwidert Monika hitzig, »mir sollte mein Mann so kommen. Zuerst komme ich und dann erst seine Arbeit. Zumindest darf er dabei nicht vergessen, daß seine Frau jung ist. Und du bist noch so jung, Mutti!«

      Sie springt aus ihrem Sessel und kniet vor Pat nieder, sie mit beiden Armen umfassend.

      »Ach, Mutti, wenn ich dich nicht hätte. Mein Leben wäre furchtbar einsam. Du hast es licht und fröhlich gemacht. Ich weiß gar nicht, wie ich dir das jemals danken soll. Manchmal vergesse ich vollkommen, daß du nicht meine richtige Mutter bist.«

      Pat lächelt und küßt Monika auf die Wange. »Kleine Schmeichelkatze«, sagt sie, obgleich sie sich das Lächeln abzwingt. »Bei uns war es eben Liebe auf den ersten Blick. Weißt du noch?«

      Monika nickt heftig. »Ganz genau, Mutti, und heimlich habe ich gebetet, daß du immer bei uns bleiben mögest. Der liebe Gott hat mein Gebet erhört. Nun bist du meine Mutti, die liebste und geliebteste.«

      Voll Glück schließt Pat das junge Mädchen in ihre Arme. Allein um Monikas willen lohnt es sich, Peters Frau geworden zu sein.

      Monika hat die Nestwärme gefunden, um sich prächtig entfalten zu können. Ist das nicht sehr viel? Und sie hat Monika diese Wärme gegeben. Das Kind hat recht. Es wäre neben Peter erfroren, wie auch sie neben ihm friert. Aber diese Gedanken darf sie nicht aussprechen. Sie darf überhaupt nicht viel über sich nachdenken, gleich steigt die Vergangenheit vor ihr auf und quält sie und macht sie ruhelos.

      Nur vor sich selbst gesteht sie ein, daß sie mehr von ihrer Ehe erhofft hat. Sie hat diese Wünsche längst begraben. Monika hat sie zu neuem Leben erweckt.

      Auch hat sie Peter nicht geheiratet, weil er Generaldirektor geworden war. Nein! Das hat sie bei seiner Werbung nicht einmal gewußt. Monika war es, und ihre Einsamkeit, aus der sie entfliehen wollte.

      Hätte sie das Kind nicht, sie wäre genauso einsam wie früher. Vielleicht noch mehr. Damals hatte sie ihre Pflichten im Werk. Heute windet Reserl ihr alles aus der Hand.

      Sie hat nur anzuordnen. Hand braucht sie selten anzulegen. Es genügt, wenn sie alles überprüft. Aber das genügt ihr nicht. Sie braucht Pflichten, Arbeit, keine Tändeleien. Es füllt sie auch nicht aus, wenn Peter Geschäftsfreunde anmeldet und sie für ein gutes Abendessen und einen hübsch gedeckten Tisch mit den entsprechenden Blumen zu sorgen hat. Selten genug sieht das große Haus Gäste. Meistens bleibt Peter mit ihnen in der Stadt.

      Einmal hat sie ihn gefragt:

      »Warum nimmst du mich eigentlich nicht mit, wenn du Geschäftsleute in der Stadt bewirtest?«

      Noch heute denkt sie an seine entsetzt geweiteten Augen.

      »Warum?