Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 2 – Liebesroman


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werde dich ein wenig verwöhnen. Du sollst schon wieder rote Backen bekommen.«

      Magda schmiegt sich an die alte Frau, die ihr Mutter und Freundin zugleich war und ist.

      Ein Gefühl der Scham bedrückt sie, daß sie zum ersten Male ein Geheimnis vor ihr haben muß. Aber die Notwendigkeit erfordert es. Dieser Gedanke läßt sie das unbehagliche Gefühl überwinden.

      »Freilich, Tante, es wird schon wieder werden«, antwortet sie zuversichtlich. –

      Anders wird es, als sich Aline dazugesellt. Deren dunkle Augen ruhen durchbohrend auf Magdas blassem Antlitz. Nichts von Teilnahme, nichts von liebevollem Verstehen ist bei ihr wahrzunehmen, sondern eher Mißgunst und – Neid. Die beiden Frauen in inniger Umarmung zu sehen, verursacht ihr körperliche Pein. Nicht, daß sie ihrer Schwiegermutter ein wärmeres Gefühl entgegenbrächte – keineswegs, dazu liebt Aline sich selbst zu sehr. Sie sieht nur irgend einen Nachteil für sich darin, und das empört sie. »Nun? Wieder auf der Höhe? War ein bißchen peinlich, ausgerechnet zu unserer Hochzeit schlapp zu machen!«

      Magdas Haltung strafft sich bei diesen Worten. Soll das etwa eine Anspielung sein?

      »Ich kann durchaus nichts Peinliches darin sehen, wenn ein Mensch von einer Unpäßlichkeit befallen wird«, entgegnet sie ruhig.

      »Unpäßlichkeit?« Aline hebt verständnislos die Schultern und tritt näher an den Tisch heran. »Man hat sich ja wie wild gebärdet, geradeso, als wärest du wohl todkrank.«

      »Es lag durchaus nicht in meiner Absicht, euch in Sorgen zu stürzen«, wehrt Magda die versteckten Vorwürfe ab.

      »Nun ja, du scheinst vernünftiger zu sein als die anderen Herrschaften!«

      Ein unzweideutiger Blick trifft Frau Christine, auf die Alines Zorn fällt, da Hanno nicht anwesend ist.

      Bei diesen gehässig gesprochenen Worten wird es Doktor Urban ungemütlich. Es ist in jeder Beziehung gut für Magda, wenn sie aus dieser Umgebung recht bald herauskommt; Aline würde ihr das Leben zur Hölle machen, muß er denken.

      Mit betonter Fürsorge und ausgesuchter Liebenswürdigkeit wendet er sich an Magda. Er fährt ihr sanft über den blonden Scheitel und sagt:

      »Ich weiß Sie bei Frau Christine in den allerbesten Händen, mein liebes Kind! Sie müssen jetzt einmal mehr an sich denken als an andere. Sie hörten ja eben, was Sie dafür ernten.«

      Aus halbgeschlossenen Augen trifft den Sprecher ein finsterer Blick Alines. So ein Hetzer! Was dem einfällt! Sie dreht sich kurz herum und eilt aus dem Zimmer. Ha – ha – sie ist ja Hannos Frau, sie ist Herrin auf dem Birkenhof! Diesen Platz kann ihr niemand streitig machen, selbst Magda nicht mit ihrem scheinheiligen Madonnengesicht!

      Aline denkt angestrengt nach, wodurch sie sich bei Hanno besonders beliebt machen könnte. Der einzige Weg zu seinem Herzen führt über seine Mutter, über die Alte, an der er abgöttisch hängt. Es hilft also alles nichts – sie muß sich noch mehr beherrschen und sich bei Frau Christine einschmeicheln. Nur so kann sie ihr Ziel erreichen und das verhaßte Mädchen, Magda, treffen.

      Allerdings hat ihre Rechnung einen Fehler; denn sie ahnt nicht, daß sie in ihrer ganzen Lieblosigkeit und ihrem grundlosen Haß von Frau Christine schon längst durchschaut ist. –

      *

      Die große Gutsglocke schlägt zur Mittagspause an. Fast mit dem letzten Schlage reitet Hanno in den Hof, springt gewandt aus dem Sattel und übergibt sein Pferd dem herbeieilenden Knecht.

      »Mahlzeit!« Hanno legt die Hand an die Mütze.

      Mit großen Schritten geht er hinüber ins Haus, während die Leute sich anschicken, zum Essen in das anschließende Wirtschaftsgebäude zu gehen.

      ln dem zu ebener Erde gelegenen großen Wohnzimmer ist der Tisch gedeckt, aber von den Bewohnern kann er niemanden erblicken.

      Mißmutig steigt Hanno die Treppe zu seinem Schlafzimmer empor, wäscht sich, bindet einen sauberen Kragen um und steigt nach zehn Minuten wieder in das Erdgeschoß hinunter.

      Mit rotem, verweintem Gesicht stellt Kläre, die junge Magd, die Suppe auf den Tisch.

      »Was heulst du denn?« erkundigt sich Hanno.

      »Das Essen – die junge Frau – wollte es selber bereiten – aber dann ist sie nicht wiedergekommen – und –«

      »Und nun ist es nicht rechtzeitig fer-

      tig geworden«, vollendet Hanno ahnungsvoll.

      Er macht kurzum kehrt und geht hin-über in die Gesindestube. Auch dort sitzen die Leute mit ärgerlichen Gesichtern herum und warten auf das Essen.

      Hannos Züge werden ernster. Eine unerhörte Bummelei! Solange er sich entsinnen kann, ist derartiges noch niemals vorgekommen.

      Er atmet ordentlich auf, als die Großmagd, gefolgt von der Mamsell, das Essen endlich aufträgt.

      Hanno geht wieder zurück ins Haus. Dort haben sich inzwischen Frau Christine und Magda eingefunden.

      Als Letzte tritt Aline, seine junge Frau, ins Zimmer. Sie ist unbefangen wie immer, grüßt mit der freundlichsten Miene von der Welt und läßt sich auf ihrem Platz nieder.

      Mit seltsam harter Stimme spricht Hanno das Tischgebet, und schweigend wird die Suppe eingenommen.

      Es herrscht eine gedrückte, ungemütliche Stimmung, von der nur allein Aline nichts zu merken scheint.

      Nachdem Kläre das Fleischgericht aufgetragen hat und wieder verschwunden ist, richtet Hanno seine Augen auf Aline. Sein Blick ist finster, als er sagt:

      »Bei uns ist derartige Unpünktlichkeit nicht Sitte. Es geht nicht, daß die Leute auf ihr Essen warten müssen. Vielleicht richtest du dich in Zukunft danach.«

      Glühende Röte jagt der jungen Frau in die Wangen. Trotzig und beleidigt schaut sie von ihrem Teller auf.

      »Soll ich etwa gar die Schuld daran tragen?«

      »Wer denn sonst?«

      »Magda ist doch auch noch da«, trumpft Aline auf.

      »Soo?« Hannos Augen suchen die Magdas, die sie beharrlich gesenkt hält. »Dann ist es wohl überhaupt besser, wenn Magda die Pflichten wieder übernimmt, die eigentlich dir als Hausfrau zukommen.«

      »Und Mutter?« fragt Aline weiter, einen bösen Blick zu Frau Christine hinschickend.

      »Du bist die Hausfrau hier!« Hannos Worte klingen jetzt gereizt und scharf.

      »Soo? – Dann soll ich deiner Meinung nach wohl gar Mutter und Magda bedienen?« sagt sie mit vor Erregung schriller Stimme.

      »Mutter ist die letzte, die sich von dir bedienen ließe. Hier handelt es sich um eine Pflicht, die einzig und allein dir als Hausfrau zukommt. Schluß nun! Das Essen hat in Zukunft pünktlich um zwölf Uhr auf dem Tisch zu stehen.«

      Auf Frau Christines Antlitz kommt und geht die Farbe. Unsagbar peinlich ist es ihr, Zeuge dieser Auseinandersetzung zwischen dem jungen Paar zu sein.

      »Ich habe mich eine Zeitlang in der Küche betätigt, weil es mir Spaß machte, dann aber hatte ich anderes zu tun«, bemerkt Aline mit aufreizender Gleichmütigkeit, die Hanno die Röte des Zornes in das Gesicht treibt.

      »Ach, so faßt du das auf!« spottet er. »Du betrachtest diese Pflicht als Spielerei?«

      Aline zuckt verständnislos die Schultern.

      »Wenn Magda sich um diese Pflichten reißt – ich stehe ihr nicht hindernd im Wege«, sagt sie gehässig.

      Magda hebt die Augen. Ihr Gesicht ist blaß bis in die Lippen. Sie hat bisher schweigend zugehört. Da aber Aline sie angreift, sagt sie mit ruhiger Würde:

      »Du bist im Irrtum. Von mir ist hier nicht die Rede. Wenn ich vor deinem Einzug diese Arbeit übernahm, so geschah es, um Tante zu entlasten. Dir werde ich hier niemals ein Recht streitig machen.«