Heinrich Zschokke

Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke


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und dem Vorfall in der Mühle.

       10. Oswald kommt in schlechten Ruf.

       11. Elsbeth steht in gutem Ruf.

       12. Wie der Löwenwirth auf die Nase fällt, und was sich weiter begeben hat.

       13. Der Goldmacher-Bund.

       14. Die Leute verwundern sich sehr.

       15. Die Schuldbücher werden aufgethan. Die Sparkasse und die Garküche.

       16. Wie sich die Wirthshäuser im Dorfe vermindern, und was die alten Bauern dazu sagen.

       17. Vom Blitzstrahle im Pfarrhause und dem neuen Herrn Pfarrer.

       18. Noch etwas von dem neuen Pfarrer.

       19. Glück führt oft zur Unglücks-Schwelle, Unglück oft zur Glücks-Quelle.

       20. Was man von den Goldenthalern im Lande redet.

       21. Vom neuen Gemeindevorsteher und dem Löwenwirth.

       22. Der Gemeindsstall muß ausgemistet werden.

       23. Die Schulden müssen getilgt werden.

       24. Und abermals die Schulden müssen getilgt werden.

       25. Es geht immer besser.

       26. Es ist noch viel Noth im Dorfe.

       27. Was die Goldenthaler mit ihren Bettlern machen.

       28. Probieren geht über Studieren.

       29. Wieder etwas Neues.

       30. Wie es im Goldmacherdorf aussah.

       31. Die Kindtaufe.

      1.

       Wie Oswald aus dem Kriege kommt und was die Leute sagen.

       Inhaltsverzeichnis

      An einem Sonntag Nachmittag saßen im Dorfe Goldenthal die jüngern Knaben und Mädchen unter der alten Linde und sangen, oder lachten, wenn Einer aus dem Wirthshaus hervorstolperte, der zu tief ins Glas geschaut hatte. Die andern Bauern mit ihren Weibern saßen in drei Wirthshäusern, und tranken und spielten, und jauchzten oder balgten, wie es denn nun so geht, wenn Wein und Bier wohlfeil sind.

      Da kam ein großer starker Mann ins Dorf. Er mochte in den Dreißigen sein, hatte einen grauen Rock an, einen langen Säbel an der Seite, auf dem Rücken einen Habersack. Er sah gar wild drein, denn er trug über der Stirne eine große Narbe, und unter der Nase einen schwarzen Schnurrbart, daß alle Kinder davonliefen.

      Aber ein Paar alte Frauen, die er anredete, erkannten ihn sogleich, und schrien: »Ei das ist ja Schulmeisters Oswald, der vor siebenzehn Jahren unter die Soldaten ging. Nein, schaut auch, wie ist er gewachsen und groß geworden!« Und wie die Weiber so schrien, kam Alt und Jung aus den Wirthshäusern und von der Linde herbeigelaufen, und bald war das ganze Dorf um den Oswald versammelt.

      Oswald gab allen seinen ehemaligen Bekannten die Hand, war sehr freundlich mit Allen und sagte, er wolle nun wieder bei ihnen in Goldenthal wohnen, habe des Soldatenlebens satt, und sei froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Nun wollte ihn Jeder in ein Wirthshaus ziehen, der Eine links, der Andere rechts: man müsse eins zum Willkommen trinken; er müsse von den Kriegsgeschichten erzählen. Oswald aber dankte ihnen und sprach: »Ich bin vom Wandern müde und will ausruhen. Wer wohnt in meines verstorbenen Vaters Haus, und wer besorgt die Aecker desselben?«

      Alsobald trat der Müller hervor und sagte: »Ich habe den Weber Steffen hineingethan, und ihm Haus und Feld in Zins gegeben. Nun aber muß er ausziehen, da du wiedergekommen bist. Der Gemeindsrath hat mich zum Vogt gesetzt über dein Gütlein. Kannst ein paar Tage bei mir herbergen, bis Webers ausziehen und andere Wohnung haben. Da will ich dir auch Rechnung ablegen.«

      Also ging der Müller mit seinem Gast zur Mühle und ließ ihm ein gutes Nachtessen und ein gutes Bett bereiten. Oswald hatte aber viel zu fragen nach dem und diesem, wie es seitdem im Dorfe ergangen sei; und der Müller und seine Frau hatten viel zu antworten. So plauderten sie bis Mitternacht in der Mühle. Und Oswald sah immer über den Tisch hinüber nach des Müllers zarter Tochter, die hieß Elsbeth. Und es war wohl der Mühe werth, ihr in die schwarzen Augen zu sehen, denn Elsbeth war schön. Elsbeth aber sah ihrerseits auch gern über den Tisch hinüber, denn Oswald war ein hübscher Mann, wenn man sich einmal an seinen erschrecklichen Schnurrbart gewöhnt hatte, und in seinen Geberden hatte er etwas Zierliches und Gefälliges, als wäre er ein Herr aus der Stadt gewesen. Darum scheute sie sich, mit ihm zu reden, und wenn er sie ansah, wußte sie nicht, wohin mit den Augen fliehen. Doch sagte sie ihm etwas vom Schnurrbart.

      Und als er folgenden Morgens zum Frühstück kam, war unter seiner Nase der Schnurrbart schon verschwunden. Oswald hätte Zeitlebens in der Mühle wohnen mögen, denn der Müller und seine Frau waren gute Leute, und der Elsbeth sah die Güte hell und klar aus den Augen. Aber nach acht Tagen schon konnte Oswald in das kleine Haus seines Vaters einziehen und nach seinen Feldern sehen. Er hatte fünf Juchart Baumgarten mit Wiesen und fünf Juchart Ackerland; dazu kaufte er sich eine schöne Kuh aus den vom Vogt ersparten Zinsen.

      Und weil das Haus alt und zerfallen war, erhielt er Holz und Steine von der Gemeinde. Da ließ er alles ausbessern, weißen und hobeln und waschen. Er selber mauerte, handlangte, fegte vom Morgen bis in die Nacht, damit es schön werde, und ihn doch nicht viel koste.

      Im Herbst war sein kleines Haus das sauberste und schönste im ganzen Dorf, mitten in einem Garten am Bach. Und der Garten war schön, wie einer in der Stadt. Er hatte sogar in die Wege zwischen den Beeten Sand und Grien getragen. Er hatte es gern, wenn Müllers Elsbeth zuweilen über den grün angestrichenen Hag in den Garten sah; sie hatte ihm auch Blumen beigesteuert, und versprach ihm zum Frühjahr noch mehr.

      Die Leute zu Goldenthal wußten lange nicht, was aus dem Oswald machen? Er war so arm aus dem Kriege gekommen, als er hineingezogen war, das sahen sie wohl. Er hatte eine Kiste aus der Stadt bekommen mit Kleidern und Wäsche; sogar Bücher hatten darin gelegen. Das war sein Reichthum. Aber des Geldes wegen mochte die Kiste nicht schwer gewogen haben.

      »Laßt ihn laufen!« sagten die Einen: »Er ist ein armer Teufel, und ein dummer Teufel dazu, der im Kriege seine Sache nicht verstanden hat zu machen. Nicht einmal Sonntags kann er