Heinrich Zschokke

Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke


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hatte. Man versprach, ihn in der Stadt Basel zu erwarten, wohin der Zug sich wandte.

      Nach drei Tagen kam zu Don Nardo die Botschaft, man habe den Leichnam eines Greises in einem Abgrunde gefunden, in welchen derselbe von einer schroffen Felswand, vielleicht in den Nebeln verirrt, herabgestürzt sei. Don Nardo verschwieg, was er wußte, um den Himmel seiner Kinder nicht zu trüben. Erst lange nachher offenbarte er ihnen auf seinem Schlosse am Rhein das Ende Addrichs.

      Alamontade

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Buch.

       1.

       2.

       3.

       4.

       5.

       6.

       7.

       Zweites Buch.

       1.

       2.

       3.

       4.

       5.

       6.

       7.

       8.

       9.

       10.

       11.

       12.

       13.

       14.

       15.

       16.

       17.

       18.

       19.

       20.

       21.

      Erstes Buch.

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Abbé Dillon setzte sich auf ein grünes Rasenstück am Seeufer, beschattet vom verworrenen Baumschlag, der über uns an der schroffen Felswand hing.

      »Hier sind noch Plätze zur Rechten und Linken!« sagte er, und sein Auge lud uns lächelnd ein, neben ihm zu ruhen. Roderich setzte sich, und ich folgte. Wir waren alle Drei noch in der Stille beschäftigt, den Gedankengang unseres abgebrochenen Gesprächs zu verfolgen.

      Jenseits des Sees glühte der Abendhimmel über den Gebirgen. Die höchsten Felsen und die stillen Hütten der Alpen strahlten rosenrot. Goldstreifen zitterten zwischen bläulichen Schatten über die Schneefläche der Gletscher. In der Ferne sah man veilchenfarben die Berghöhen am Horizont zwischen Gewölken verschwinden.

      Der ehrwürdige Mann lehnte seinen Arm an ein Felsstück; sein Haupt war auf die Brust niedergesunken. Ein wehmütiger Ernst durchfloß seine Mienen, die sonst nur der Ausdruck der heitersten Ruhe zu sein pflegten. Auch seinen Freunden blieb die Verstimmung des Abbé nicht gleichgültig.

      »Sie werden uns traurig!« sagte ich und drückte ihm mit herzlicher Freundlichkeit die Hand. »Aufgeschaut, liebster Dillon, der Abend ist zu schön; wollen wir ihn uns mutwilliger Weise verderben?«

      »Es ist wahr!« sagte Dillon und lächelte wieder. »Aber ich bin nicht traurig. Unser Gespräch berührte die schönsten Geheimnisse und Wünsche des Menschengeschlechtes. Da klangen tausend Nebenvorstellungen und Erinnerungen in mir an, und ich sah im Geiste wieder jene heilige Gestalt, welche mir in den Tagen der Jugend erschienen, und meiner irrenden Seele wie ein Genius den bessern Pfad gewiesen hatte . . . Guter Alamontade, stiller, liebenswürdiger Dulder! . . . Nicht so, Ihr Lieben, Ihr kennet diesen teuren Namen schon?«

      »Er ist mir ganz fremd,« sagte ich, »doch glaube ich ihn schon einmal aus Ihrem Munde gehört zu haben.«

      »Alamontade?« rief Roderich. »Wie? Der Galeerensklave, von welchem Sie mir die erhabne Stelle aus dem Bündel von Zetteln vorlasen? Wahrlich, es thut mir leid um den Kerl, daß er sich mit seinem Genie auf die Galeere brachte. Aus dem Menschen hätte etwas werden können. Aber Sie scheinen ihn noch von einer anderen Seite zu schätzen, da Sie ihm ein lobendes Beiwort geben.«

      »Von diesem kann ich ohne Ehrfurcht nicht reden!« sagte der Greis. »Er ist mir in meinem Lebenslaufe die merkwürdigste Erscheinung gewesen. Durch ihn bin ich mir und der Welt zurückgegeben worden. Ach, er hat mir unsägliches Gutes gethan, und . . . nicht einmal einen Dank empfangen.«

      Dillon war tief bewegt. Unter den grauen Wimpern seines Auges zerschmolz eine Thräne. Seine Lippen bebten, als flüsterten sie leise Töne. Die Wehmut des Edlen schien auf uns überzugehen. Jeder gab sich dem Strom durch einander wogender Empfindungen hin; niemand störte des andern Betrachtungen.

      Ich vergesse diesen schönen Augenblick nie. Selbst die Natur umher schien empfindend in unsere Träume einzutreten. Wir saßen im Schatten der Felsen, aber vor uns schwamm im halbdurchsichtigen, glänzenden Duft die Gebirgslinie, mit ihrer stillen Alpenwelt, in der Höhe von der Herrlichkeit des goldroten Himmels umgrenzt. Und der See dehnte sich dunkel unter unseren Füßen aus, zwischen dort und hier. So scheidet das unergründliche Grab von den Paradiesen des Jenseits, welche wir zuweilen