Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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ma­chen – und von was für er­bärm­li­chen ge­quetsch­ten Ge­füh­len legt gar ihr Stil Zeug­niß ab! – und dem harm­lo­sen Läm­mer-Glück ih­rer Hoff­nun­gen und Wünsch­bar­kei­ten. Da­bei kann es doch an vie­len Or­ten Eu­ro­pa’s ih­rer­seits zu ge­wal­ti­gen Hand­strei­chen und Über­fäl­len kom­men: dem nächs­ten Jahr­hun­dert wird es hie und da gründ­lich im Lei­be »ru­mo­ren«, und die Pa­ri­ser Com­mu­ne, wel­che auch in Deutsch­land ihre Schutz­red­ner und Für­spre­cher hat, war viel­leicht nur eine leich­te­re Un­ver­dau­lich­keit ge­we­sen im Ver­gleich zu dem, was kommt. Trotz­dem wird es im­mer zu viel Be­sit­zen­de ge­ben, als daß der So­cia­lis­mus mehr be­deu­ten könn­te als einen Krank­heits-An­fall: und die­se Be­sit­zen­den sind wie Ein Mann Ei­nes Glau­bens »man muß Et­was be­sit­zen, um Et­was zu sein«. Dies aber ist der äl­tes­te und ge­sün­des­te al­ler In­stink­te: ich wür­de hin­zu­fü­gen »man muß mehr ha­ben wol­len, als man hat, um mehr zu wer­den«. So näm­lich klingt die Leh­re, wel­che Al­lem, was lebt, durch das Le­ben sel­ber ge­pre­digt wird: die Moral der Ent­wick­lung. Ha­ben und mehr ha­ben wol­len, Wachst­hum mit ei­nem Wort – das ist das Le­ben sel­ber. In der Leh­re des So­cia­lis­mus ver­steckt sich schlecht ein »Wil­le zur Ver­nei­nung des Le­bens«: es müs­sen miß­rat­he­ne Men­schen oder Ras­sen sein, wel­che eine sol­che Leh­re aus­den­ken. In der That, ich wünsch­te, es wür­de durch ei­ni­ge große Ver­su­che be­wie­sen, daß in ei­ner so­cia­lis­ti­schen Ge­sell­schaft das Le­ben sich sel­ber ver­neint, sich sel­ber die Wur­zeln ab­schnei­det. Die Erde ist groß ge­nug und der Mensch im­mer noch un­aus­ge­schöpft ge­nug, als daß mir eine der­art prak­ti­sche Be­leh­rung und de­mons­tra­tio ad ab­sur­dum, selbst wenn sie mit ei­nem un­ge­heu­ren Auf­wand von Men­schen­le­ben ge­won­nen wür­de, nicht wün­schens­werth er­schei­nen müß­te. Im­mer­hin, schon als un­ru­hi­ger Maul­wurf un­ter dem Bo­den ei­ner in Dumm­heit rol­len­den Ge­sell­schaft wird der So­cia­lis­mus et­was Nütz­li­ches und Heil­sa­mes sein kön­nen: er ver­zö­gert den »Frie­den auf Er­den« und die gänz­li­che Ver­gut­müthi­gung des de­mo­kra­ti­schen He­er­dent­hie­res, er zwingt die Eu­ro­pä­er, Geist, näm­lich List und Vor­sicht üb­rig zu be­hal­ten, den männ­li­chen und krie­ge­ri­schen Tu­gen­den nicht gänz­lich ab­zu­schwö­ren, – er schützt Eu­ro­pa einst­wei­len vor dem ihm dro­hen­den ma­ras­mus fe­mi­nis­mus.

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      126.

       Die güns­tigs­ten Hem­mun­gen und Re­me­du­ren der Mo­der­ni­tät:

      1) die all­ge­mei­ne Wehr­pflicht mit wirk­li­chen Krie­gen, bei de­nen der Spaß auf­hört;

      2) die na­tio­na­le Bor­nirt­heit (ver­ein­fa­chend, con­cen­tri­rend);

      3) die ver­bes­ser­te Er­näh­rung (Fleisch); 4) die zu­neh­men­de Rein­lich­keit und Ge­sund­heit der Wohn­stät­ten;

      5) die Vor­herr­schaft der Phy­sio­lo­gie über Theo­lo­gie, Mora­lis­tik, Öko­no­mie und Po­li­tik;

      6) die mi­li­tä­ri­sche Stren­ge in der For­de­rung und Hand­ha­bung sei­ner »Schul­dig­keit« (man lob­t nicht mehr…).

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      127.

      Ich freu­e mich der mi­li­tä­ri­schen Ent­wick­lung Eu­ro­pa’s, auch der in­ne­ren an­ar­chis­ti­schen Zu­stän­de: die Zeit der Ruhe und des Chi­ne­sent­hums, wel­che Ga­lia­ni für dies Jahr­hun­dert vor­aus­sag­te, ist vor­bei. Per­sön­li­che männ­li­che Tüch­tig­keit, Lei­bes-Tüch­tig­keit be­kommt wie­der Werth, die Schät­zun­gen wer­den phy­si­scher, die Er­näh­run­gen fleisch­li­cher. Schö­ne Män­ner wer­den wie­der mög­lich. Die blas­se Duck­mäu­se­rei (mit Man­da­ri­nen an der Spit­ze, wie Com­te es träum­te) ist vor­bei. Der Bar­bar ist in Je­dem von uns be­jaht, auch das wil­de Thier. Gera­de des­halb wird es mehr wer­den mit den Phi­lo­so­phen. – Kant ist eine Vo­gel­scheu­che, ir­gend wann ein­mal!

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      128.

      Ich fand noch k­ei­nen Grun­d zur Ent­muthi­gung. Wer sich einen star­ken Wil­len be­wahrt und an­er­zo­gen hat, zu­gleich mit ei­nem wei­ten Geis­te, hat güns­ti­ge­re Chan­cen als je. Denn die Dres­sir­bar­keit der Men­schen ist in die­sem de­mo­kra­ti­schen Eu­ro­pa sehr groß ge­wor­den; Men­schen, wel­che leicht ler­nen, leicht sich fü­gen, sind die Re­gel: das He­er­dent­hier, so­gar höchst in­tel­li­gent, ist prä­par­irt. Wer be­feh­len kann, fin­det Die, wel­che ge­hor­chen müs­sen: ich den­ke z.B. an Na­po­le­on und Bis­marck. Die Con­cur­renz mit star­ken und un­in­tel­li­gen­ten Wil­len, wel­che am meis­ten hin­dert, ist ge­ring. Wer wirft die­se Her­ren »Ob­jek­ti­ven« mit schwa­chem Wil­len, wie Ran­ke oder Ren­an, nicht um!

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      129.

      Die geis­ti­ge Auf­klä­rung ist ein un­fehl­ba­res Mit­tel, um die Men­schen un­si­cher, wil­lens­schwä­cher, An­schluß- und stüt­ze-be­dürf­ti­ger zu ma­chen, kurz das He­er­dent­hier im Men­schen zu ent­wi­ckeln: wes­halb bis­her alle großen Re­gie­rungs-Künst­ler (Con­fu­ci­us in Chi­na, das im­pe­ri­um Ro­ma­num, Na­po­le­on, das Papst­t­hum, zur Zeit, wo es der Macht und nicht nur der Welt sich zu­ge­kehrt hat­te), wo die herr­schen­den In­stink­te bis­her cul­mi­nir­ten, auch sich der geis­ti­gen Auf­klä­rung be­dien­ten, – min­des­tens sie wal­ten lie­ßen (wie die Päps­te der Re­naissance). Die Selbst­täu­schung der Men­ge über die­sen Punkt, z. B. in al­ler De­mo­kra­tie, ist äu­ßerst wert­h­voll: die Ver­klei­ne­rung und Re­gier­bar­keit der Men­schen wird als »Fort­schritt« er­strebt!

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      130.

      Die höchs­te Bil­lig­keit und Mil­de als Zu­stand der Schwä­chung (das neue Te­sta­ment und die christ­li­che Ur­ge­mein­de, – als vol­le bêti­se bei den Eng­län­dern Dar­win, Wal­lace sich zei­gend). Eure Bil­lig­keit, ihr hö­he­ren Na­tu­ren, treibt euch zum suf­fra­ge uni­ver­sel u.s.w., eure »Men­sch­lich­keit« zur Mil­de ge­gen Ver­bre­chen und Dumm­heit. Auf die Dau­er bringt ihr da­mit die Dumm­heit und die Un­be­denk­li­chen zum Sie­ge: Be­ha­gen und Dumm­heit – Mit­te.

      Äu­ßer­lich: Zeit­al­ter un­ge­heu­rer Krie­ge, Um­stür­ze, Ex­plo­sio­nen. In­ner­lich: im­mer grö­ße­re Schwä­che der Men­schen, die Er­eig­nis­se als Ex­ci­tan­ti­en. Der Pa­ri­ser als das eu­ro­päi­sche Ex­trem.

      C­on­se­quen­zen: 1) die Bar­ba­ren (zu­erst na­tür­lich un­ter der Form der bis­he­ri­gen Cul­tur); 2) die sou­ve­rä­nen In­di­vi­du­en (wo bar­ba­ri­sche Kraft-Men­gen und die Fes­sel­lo­sig­keit in Hin­sicht auf al­les Da­ge­we­se­ne sich kreu­zen). Zeit­al­ter der größ­ten Dumm­heit, Bru­ta­li­tät und Er­bärm­lich­keit der Mas­sen, und der höchs­ten In­di­vi­du­en.

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      131.

      Un­zäh­lig vie­le Ein­zel­ne hö­he­rer Art ge­hen jetzt zu Grun­de: aber wer da­von komm­t, ist stark wie der Teu­fel. Ähn­lich wie zur Seit der Re­naissance.

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